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Im Nachlass befindet sich im Wesentlichen Geldvermögen – Welche Pflichten hat der Vorerbe?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Vorerbe ist zwar vollwertiger Erbe, aber trotzdem eingeschränkt
  • Geld muss vom Vorerben im Zweifel angelegt werden
  • Es kann sich für den Vorerben lohnen, die Vorerbschaft auszuschlagen

Ein Erblasser hat die Möglichkeit, sein Vermögen an mehrere Erbengenerationen hintereinander zu vererben.

So kann der Erblasser zum Beispiel bestimmen, dass sein komplettes Vermögen im Erbfall zunächst an seinen Ehepartner als Erben gehen und nach dem Tod des Ehepartners ein Kind alles erhalten soll.

Der Erblasser wird gleichsam zweimal beerbt.

Die Vor- und Nacherbschaft ist im Gesetz geregelt

So eine Regelung nennt man Vor- und Nacherbfolge. Die Vor- und Nacherbfolge ist in den §§ 2100 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.

Es mag für den Erblasser auf den ersten Blick verlockend klingen, mit Hilfe einer Vor- und Nacherbschaft mehrere Generationen von Erben an seinem Vermögen teilhaben lassen zu können.

Für den Erblasser tut sich hier die Möglichkeit auf, auf den Werdegang seines Vermögens möglichst lange Einfluss zu nehmen.

Konflikte zwischen Vor- und Nacherbe sind die Regel und nicht die Ausnahme

Ein Erblasser, der sich näher mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft beschäftigt, muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass er für die Zeit nach seinem Ableben für die beteiligten Vor- und Nacherben eine zuweilen konfliktträchtige Situation schafft.

Zwar werden sowohl der Vor- als auch der Nacherbe grundsätzlich vollwertige Erben des Erblassers. Die Konstruktion einer Vor- und Nacherbschaft bedingt es aber, dass sowohl der Vor- als auch der Nacherbe zum Teil massiven Beschränkungen in ihren Rechten unterworfen sind.

Für den Nacherben bedeutet die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft zunächst einmal … Warten. Bevor der so genannte Nacherbfall, in aller Regel mit dem Tod des Vorerben, nicht eingetreten ist, hat er wirtschaftlich gesehen von seiner Erbschaft gar nichts.

Der Vorerbe muss mit der Erbschaft sorgfältig umgehen

Noch belastender kann die Situation im Einzelfall aber für den Vorerben werden.

Der Vorerbe wird zwar unmittelbar noch dem Ableben des Erblassers dessen Rechtsnachfolger und Erbe des Erblasservermögens.

Nach § 2112 BGB darf der Vorerbe auch grundsätzlich über das geerbte Vermögen verfügen.

Dieses dem Grunde nach freie Verfügungsrecht ist aber zum Schutz der Interessen des Nacherben durchaus massiven Beschränkungen unterworfen.

Vorerbe darf kein Nachlassvermögen verschenken

Befindet sich im Nachlass beispielsweise vorzugsweise Geldvermögen des Erblassers, dann muss der Vorerbe akzeptieren, dass es dieses Geldvermögen zum Beispiel nicht verschenken dar, § 2113 Abs. 2 BGB.

Weiter muss der Vorerbe Geld, das er vom Erblasser geerbt hat, nach § 2119 BGB „mündelsicher anlegen“.

Wenn der Erblasser den Vorerben von dieser Verpflichtung in § 2119 BGB nicht befreit hat (was er in seinem Testament bzw. Erbvertrag machen kann), dann muss der Vorerbe Geld nach den Bestimmungen in den §§ 1806 ff. BGB „verzinslich“ anlegen.

Die Zinsen aus einer solchen Geldanlage würden zwar dem Vorerben zustehen. In Anbetracht der derzeitigen Verhältnisse auf dem Kapitalmarkt dürften sich die Erträge für den Vorerben aber regelmäßig in einem sehr überschaubaren Rahmen halten.

Die Substanz des Nachlasses muss für den Nacherben erhalten bleiben

Der Vorerbe muss bei all seinen Entscheidungen immer berücksichtigen, dass er die Substanz des von ihm geerbten Vermögens für den Nacherben erhalten muss.

Die Erbschaft soll am Ende der Tage, so die Vorstellung des Gesetzes, möglichst ungeschmälert beim Nacherben ankommen.

Ob der Vorerbe dieser Verpflichtung nachkommt, kann der Nacherbe im Zweifel mittels Auskunftsansprüchen überprüfen.

Verstößt der Vorerbe gegen Pflichten, drohen dem Vorerben (bzw. seinen Erben) im Einzelfall Ersatzansprüche des Nacherben, § 2134 BGB.

Einfacher wird es für den Vorerben, wenn ihn der Erblasser in seinem Testament von den gesetzlichen Beschränkungen befreit hat, § 2136 BGB. In diesem Fall ist es vorstellbar, dass der Vorerben für eigene Zwecke auch den Stamm der Erbschaft angreifen darf.

Surrogation – Mit Nachlassmitteln erworbene Gegenstände stehen dem Nacherben zu

Als lästig kann vom Vorerben in diesem Zusammenhang aber auch die Vorschrift des § 2111 BGB empfunden werden.

Nach § 2111 BGB gebührt nämlich dem Nacherben alles, was der Vorerbe mit Mitteln aus der Erbschaft erwirbt.

Hat sich der Vorerbe zum Beispiel dazu entschlossen, mit Mitteln aus der Erbschaft einen Ferrari zu erwerben, dann wird sich der Vorerbe bereits fragen lassen müssen, ob diese Investition im Sinne einer ihm obliegenden ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses ist.

Jedenfalls bleibt ein mit Nachlassmitteln erworbener Ferrari aber nicht im Privatvermögen des Vorerben. Mit Eintritt des Nacherbfalls ist das Auto in jedem Fall an den Nacherben herauszugeben.

Vorerbschaft ausschlagen und Pflichtteil fordern

Es tritt nach § 2111 BGB eine so genannte Surrogation ein.

In Anbetracht solcher massiver Beschränkungen für den Vorerben kann es sich für einen pflichtteilsberechtigten Vorerben lohnen darüber nachzudenken, ob er seine Vorerbschaft nicht nach § 2306 BGB besser ausschlagen und den Pflichtteil fordern sollte.

Für so eine Maßnahme hat der Betroffene aber regelmäßig nur eine sehr kurze Entscheidungsfrist, § 1944 BGB.

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