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Braucht man für die Löschung eines Nacherbenvermerks die Zustimmung eines Ersatznacherben?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Bamberg – Beschluss vom 01.06.2017 – 8 W 37/17

  • Vor- und Nacherbe sind sich über die Löschung des Nacherbenvermerks einig
  • Grundbuchamt fordert die Zustimmung von Ersatznacherben
  • Oberlandesgericht legt Notarvertrag aus

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht werden kann.

Ein Erblasser und Grundstückseigentümer hatte in einem am 30.10.2007 verfassten notariellen Testament seinen Sohn als nicht befreiten Vorerben eingesetzt. Nacherbin sollte nach dem Willen des Erblassers seine Enkelin sein. Weiter hatte der Erblasser in seinem Testament angeordnet, dass die Kinder der Enkelin Ersatznacherben für den Fall sein sollten, dass die Enkelin vorverstirbt.

Der Erblasser verstarb am 14.01.2008. Nach dem Erbfall wurde der Sohn des Erblassers im Grundbuch als neuer Eigentümer einer zum Nachlass gehörenden Immobilie eingetragen. Gleichzeitig wurde ein Nacherbenvermerk in das Grundbuch aufgenommen.

Im September 2015 suchten der Sohn und die Enkelin des Erblassers sowie die Mutter der Enkelin einen Notar auf.

Notarvertrag soll Löschung des Nacherbenvermerkes ermöglichen

Bei dem Notar beurkundeten die Parteien einen umfangreichen Vertrag, der vorzugsweise zum Ziel hatte, den Nacherbenvermerk im Grundbuch zu löschen.

Die Parteien vereinbarten einvernehmlich die Freigabe des Grundstücks aus dem der Nacherbschaft unterliegenden Vermögen. Gleichzeitig wurde das zugunsten der Enkelin bestehende Nacherbenanwartschaftsrecht auf den Sohn des Erblassers übertragen. Die Enkelin beantragte und bewilligte weiter die Löschung des zu ihren Gunsten eingetragenen Nacherbenvermerkes.

Schließlich einigten sich der Vorerbe und die Mutter der Nacherbin – die Schwester des Vorerben –  in der notariellen Urkunde darauf, dass das Testament ihres Vaters vom 30.10.2007 unwirksam sei und die beiden Kinder gesetzliche Erben ihres Vaters zu je ½ geworden seien. Rein vorsorglich übertrug die Schwester in der notariellen Urkunde ihren gesetzlichen Erbteil auf Ihren Bruder.

Der Urkundsnotar beantragte sodann beim Grundbuchamt den Vollzug der Urkunde und insbesondere die Löschung des Nacherbenvermerkes.

Grundbuchamt verweigert die Löschung des Nacherbenvermerkes

Das Grundbuchamt teilte den Beteiligten daraufhin mit, dass der Nacherbenvermerk nicht gelöscht werden könne, da die im Testament eingesetzten Ersatznacherben einer Löschung des Vermerks zustimmen müssten. Da diese Ersatznacherben potentiell auch zukünftig erst geboren werden können, bedürfe es für die Löschung zusätzlich der Genehmigung eines Pflegers gemäß § 1903 BGB.

Gegen die Weigerung des Grundbuchamtes wurde Beschwerde eingelegt.

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt und hob die Verfügung des Grundbuchamtes auf.

OLG bestätigt die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes

Dabei betonte das OLG aber, dass die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes  wonach eine Löschung des Nacherbenvermerks aufgrund der notariellen Bewilligungen nicht in Betracht kommt, da die Bewilligungen der Ersatznacherben oder eines für sie nach § 1913 BGB bestellten Pflegers fehlen, zutreffend sei.

Ein Nacherbenvermerk könne aber, so das OLG weiter, aus dem Grundbuch aber nicht nur bei Vorliegen entsprechender Bewilligungen, sondern auch dann gelöscht werden, wenn das Grundbuch erwiesenermaßen unrichtig ist.

Im zu entscheidenden Fall sei, so das OLG, von den Beteiligten nachgewiesen worden, dass das Grundbuch unrichtig ist.

Wenngleich die Parteien dies in dem Notarvertrag aus dem September 2015 so ausdrücklich gar nicht vereinbart hatten, sah das OLG in dem Vertrag im Rahmen „einer interessengerechte Auslegung des notariellen Vertrages“ die Einigung der Vertragsparteien, dass das fragliche Grundstück dem Sohn des Erblassers und Vorerben zu unbelasteten Alleineigentum übertragen werden und aus dem Nachlass ausscheiden soll.

Ein solcher Vertrag könne, so das OLG mit Hinweis auf ein Urteil des BGH, auch ohne die Bewilligung eines Ersatznacherben, wirksam geschlossen werden.

Im Ergebnis konnte der Nacherbenvermerk im Grundbuch demnach gelöscht werden.

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