Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Erblasser verschenkt zu Lebzeiten ein Wiesengrundstück an Sohn 1 – Sohn 2 kann das Grundstück nach dem Erbfall herausverlangen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Urteil vom 14.09.2017 – 10 U 1/17

  • Eltern schließen einen Erbvertrag und setzen ihre Kinder als Erben ein
  • Ein Kind bekommt bereits zu Lebzeiten wesentliche Vermögenswerte geschenkt
  • Nach dem Erbfall begehren die übrigen Kinder die Rückgängigmachung der Schenkung

Das OLG Hamm hatte in zweiter Instanz darüber zu befinden, ob eine Grundstücksschenkung, die ein Erblasser vor seinem Tod an einen seiner Söhne vorgenommen hatte, von einem weiteren Sohn nach dem Erbfall angefochten werden kann.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2014 verstorben. Er hinterließ mit seiner im Jahr 2010 vorverstorbenen Ehefrau vier Kinder.

Die Eheleute hatten am 28.08.1991 einen notariellen Erbvertrag geschlossen. In diesem Erbvertrag hatten sich die Eheleute zunächst wechselseitig als alleinige Erben eingesetzt.

Weiter hieß es in dem Erbvertrag wie folgt:

„Nach dem Tode des Längstlebenden soll unser Sohn 1 das (Grundstück +) Haus O-Straße 177 erhalten. Das weitere Vermögen soll unter den (weiteren) drei Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden.“

Hintergrund dieser Regelung war, dass sich der Sohn 1 bereit erklärt hatte, bei seinen Eltern wohnen zu bleiben und seine Eltern im Alter zu pflegen.

Eltern besitzen ein Grundstück, das aus zwei Teilen besteht

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages gehörte zum Vermögen der Eltern ein Grundstück in einer Größe von rund 3.200 m². Dieses Grundstück bestand aus zwei Teilen. Auf dem einen Teil stand das Wohnhaus der Eltern, der andere Teil war als Wiese belassen.

Im Jahr 2001 wurde dieses Grundstück von den Eltern auch grundbuchmäßig in zwei etwa gleich große Hälften, Hausgrundstück und Wiese, geteilt.

Im Jahr 2003 übertrugen die Eltern das Hausgrundstück mit notariellem Vertrag auf den Sohn 1. Dieser erklärte im Gegenzug einen Verzicht auf seinen Pflichtteil.

Ein Sohn bekommt das ganze Grundstück geschenkt

Nach dem Tod der Ehefrau übertrug der Vater dem Sohn 1 mit notariellem Vertrag vom 21.06.2011 schenkweise dann auch das Eigentum an dem Wiesengrundstück.

Knapp zwei Jahre später versicherte der Vater vor einem Notar an Eides statt, dass es schon der ursprüngliche Wille der Eltern gewesen sei, dass der Sohn 1 das komplette Grundstück mitsamt dem Wiesengrundstück erhalten solle.

Die lebzeitige Übertragung des Wiesengrundstücks im Jahr 2003 auf den Sohn 1 sei im Übrigen auch im Hinblick auf die Versorgungsleistungen und Investitionen des Sohnes 1 erfolgt.

Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2014 erwirkten die drei anderen Kinder einen Erbschein, der sie als Erben zu je ⅓ auswies.

Ein Erbe fordert die Rückgängigmachung der Schenkung

In der Folge ging Sohn 2 auf seinen Bruder zu und forderte ihn auf, ⅓ des im Jahr 2003 geschenkten Wiesengrundstücks auf ihn zu übertragen. Sohn 2 machte insoweit geltend, dass er durch die Schenkung seines Vaters als Vertragserbe beeinträchtigt worden sei.

Sohn 2 trug in diesem Zusammenhang vor, dass in der Familie oft über die Erbfolge gesprochen worden sei und immer zwischen dem Hausgrundstück auf der einen Seite und dem Wiesengrundstück andererseits differenziert worden war. Es sei immer klar gewesen, dass das Wiesengrundstück an die anderen drei Kinder der Eltern gehen sollte.

Das Landgericht verurteilte den Sohn 1 antragsgemäß zur Rückübertragung des Wiesengrundstücks. Die Schenkung des Vaters, so das Landgericht, verstoße gegen § 2287 BGB.

OLG weist Berufung als unbegründet zurück

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte Sohn 1 Berufung zum Oberlandesgericht ein. Das OLG schloss sich aber der Rechtsauffassung des Landgerichts an und wies die Berufung zurück.

Auch das OLG bejahte einen Herausgabeanspruch des Sohns 2 gegen seinen Bruder aus § 2287 BGB.

Durch die Schenkung des Vaters an Sohn 1 sei der Sohn 2 objektiv in seiner Stellung als Vertragserbe beeinträchtigt.

Der Erbvertrag sei dahingehend auszulegen, dass die Eltern zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages dem Sohn 1 tatsächlich nur das Haus- und gerade nicht das Wiesengrundstück überlassen wollten. Diesen Schluss würden Aussagen von Familienmitgliedern und Dritten zulassen.

Welchen Wert hat die eidestattliche Versicherung des Vaters?

Die eidesstattliche Versicherung, die der Vater im Jahr 2013 abgegeben hatte, hätte nicht die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit für sich. Zudem sei die eidesstattliche Versicherung vom Vater zu einem Zeitpunkt abgegeben worden, zu dem bereits Streit über das Wiesengrundstück entstanden sei.

Das OLG bejahte auch die für § 2287 BGB erforderliche Beeinträchtigungsabsicht. Insoweit sei es ausreichend, wenn Erblasser weiß, dass er durch die unentgeltliche Zuwendung das Erbe schmälert. Dies sei im vorliegenden Fall zu bejahen.

Das OLG verneinte auch ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der Schenkung. Hierfür sei der beklagte Sohn 1 beweispflichtig. Der Beweis sei aber nicht erbracht worden.

Ob das Urteil des OLG in der Angelegenheit das letzte Wort bleibt, wird sich zeigen. Der Beklagte hat nämlich gegen das Urteil des OLG Revision zum BGH eingelegt.

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