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Gegen eine negative Entscheidung zum Erbschein kann man keine Verfassungsbeschwerde erheben!

Von: Dr. Georg Weißenfels

BVerfG – Beschluss vom 25.05.2020 – 1 BvR 1060/20

  • Betroffener unterliegt in letzter Instanz im Erbscheinverfahren
  • Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung ist unzulässig
  • Erbrecht kann auch nach Abschluss des Erbscheinverfahrens durch eine Erbenfeststellungsklage geltend gemacht werden 

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss eines Oberlandesgerichts zu beschäftigen.

Das OLG hatte eine Beschwerde gegen eine Erbscheinsentscheidung eines Nachlassgerichts zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer war dabei nicht nur mit dem Inhalt der Entscheidung des OLG unzufrieden, sondern machte auch geltend, dass im Erbscheinverfahren von den Gerichten massive Verfahrensfehler begangen worden waren.

Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht wollte sich mit den Vorwürfen gegen die im Nachlassverfahren ergangenen Entscheidungen aber im Einzelnen gar nicht näher befassen, sondern nahm die Verfassungsbeschwerde erst gar nicht zur Entscheidung an.

Das Verfassungsgericht beurteilte die Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unzulässig.

Der Beschwerdeführer habe nämlich, so das Verfassungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung, nicht berücksichtigt, dass man das Verfassungsgericht erst und nur dann anrufen könne, wenn der Rechtsweg in der Angelegenheit erschöpft ist und dem Betroffenen keine andere Möglichkeit offen steht, die behauptete Grundrechtsverletzung rückgängig zu machen.

Bei einem Erbscheinverfahren, das nicht zu dem vom Betroffenen gewünschten Ergebnis geführt habe, bestehe aber, so das Verfassungsgericht, allemal noch die Möglichkeit, sein Ziel durch eine so genannte Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten zu verfolgen.

Keine Bindung des Zivilgerichts an die Entscheidung zum Erbschein

Die Zivilgerichte seien bei einer solchen Erbenfeststellungsklage auch nicht an das Ergebnis des Erbscheinsverfahrens gebunden, sondern könnten über das streitige Erbrecht neu und gegebenenfalls auch komplett anders entscheiden.

Der Vorrang einer Erbenfeststellungsklage vor einer Verfassungsbeschwerde gelte auch nicht nur in den Fällen, in denen es dem Betroffenen um die inhaltliche Überprüfung der Entscheidung in der Erbsache geht.

Dem Betroffenen sei es vielmehr unbenommen, im Rahmen der  Erbenfeststellungsklage auch mögliche Verfahrensverstöße in dem Erbscheinverfahren von den Zivilgerichten korrigieren zu lassen.

Auch einer Verletzung von Grundrechten im Erbscheinverfahren könne auf diesem Weg abgeholfen werden.

Im Ergebnis musste der Betroffene nach dieser Entscheidung des Verfassungsgerichts eine Feststellungsklage vor den Zivilgerichten anstrengen, um doch noch zu seinem (Erb-) Recht zu kommen.

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