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Erbe beantragt Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenzverfahren – Was gilt für zwischenzeitlich vorgenommene Rechtsgeschäfte?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz machen die Geschäfte des Erben nicht unwirksam
  • Erbe muss mit dem Nachlass sorgfältig umgehen
  • Mögliche Haftungsansprüche von Nachlassgläubigern gegen den Erben

Manchmal muss ein Erbe die Reißleine ziehen.

Es kommt nämlich gar nicht so selten vor, dass der Erbe nach Annahme der Erbschaft bzw. nach Ablauf der sechswöchigen Ausschlagungsfrist feststellen muss, dass die Erbschaft überschuldet ist.

In diesem Moment wird die gesetzliche Vorschrift in § 1967 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) für den Erben von zentraler Bedeutung:

Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

Für den Erben bedeuten diese sechs Worte, dass er gegebenenfalls mit seinem Privatvermögen für Schulden aufkommen muss, die der Erblasser ihm hinterlassen hat.

Erfährt man nach Annahme der Erbschaft von einer möglichen Überschuldung des Nachlasses, dann muss der Erbe, der sein Privatvermögen in Sicherheit bringen will, unverzüglich bei Gericht ein Nachlassverwaltungs- bzw. ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen.

Haftung des Erben wird auf den Nachlass beschränkt

Beide Verfahren bewirken, dass die Haftung des Erben auf den Nachlass beschränkt wird. Der Erbe haftet in diesem Fall also nicht mehr mit seinem eigenen Vermögen für die ihm hinterlassenen Schulden des Erblassers.

Zwischen Eintritt des Erbfalls und Anordnung einer Nachlassverwaltung bzw. Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens vergeht in aller Regel einige Zeit, manchmal sogar Jahre.

Der Erbe hat in dieser Interimszeit häufig auf den Nachlass zugegriffen oder nachlassbezogene Rechtsgeschäfte getätigt. In diesen Fällen stellt sich nach Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens oft die Frage, was aus diesen vom Erben vorgenommenen Rechtsgeschäften wird.

Rechtsgeschäfte des Erben bleiben wirksam

Als Grundsatz geht das Gesetz davon aus, dass die von dem Erben vorgenommenen nachlassbezogenen Rechtsgeschäfte wirksam bleiben. Verliert der Erbe also auch mit der Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. mit der Anordnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis über den Nachlass, so bleiben die Handlungen, die er als Erbe nach dem Eintritt des Erbfalls vorgenommen hat, wirksam.

Der Erbe haftet aber Nachlassgläubigern gegenüber für seine Handlungen. Dabei muss für den Umfang der Haftung für Rechtshandlungen für die Zeit vor und nach Annahme der Erbschaft unterschieden werden, § 1978 Abs. 1 BGB.

Haftung vor und nach Annahme der Erbschaft

Für die Zeit vor der Annahme der Erbschaft wird überprüft, ob der Erbe bei Vornahme der erbrechtlichen Geschäfte das objektive Interesse der Nachlassgläubiger berücksichtigt hat. Je schlechter ein Geschäft ist, das der Erbe für den Nachlass vorgenommen hat, desto eher haftet der Erbe den Nachlassgläubigern.

Für Geschäfte, die der Erbe in der Zeit nach der Annahme der Erbschaft vorgenommen hat, haftet der Erbe, wie wenn er die Verwaltung des Nachlasses als Beauftragter der Nachlassgläubiger zu führen gehabt hätte.

Insbesondere hat der Erbe den Nachlassgläubigern mit der Nachlassabsonderung Auskunft über den Stand des Nachlasses abzulegen und Rechenschaft für seine Tätigkeiten abzulegen.

Erbe muss alles herausgeben

Sämtliche Nutzungen, die er aus dem Nachlass gezogen hat, hat der Erbe ebenso herauszugeben wie eventuelle Surrogate. Hat der Erbe also einzelne Nachlassgegenstände veräußert, so muss er den erhaltenen Kaufpreis herausgeben. Für von ihm verbrauchte Gegenstände hat der Erbe den Nachlassgläubigern Ersatz zu leisten. Hat der Erbe Nachlassmittel für eigene Zwecke verwendet, muss er den Nachlass entschädigen.

Jeden Schaden, den der Erbe dem Nachlass entweder durch aktives Handeln oder auch durch Unterlassen einer gebotenen Handlung zugefügt hat, muss der Erbe den Nachlassgläubigern ersetzen.

Im Gegenzug kann der Erbe aus dem Nachlass Ersatz der Aufwendungen verlangen, die ihm im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses entstanden sind, § 1978 Abs. 3 BGB.

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