Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Erbprozess vor Gericht dauert über fünf Jahre – Kläger erhält wegen überlanger Verfahrensdauer Entschädigung

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Urteil vom 01.06.2017 – 7 EK 3/16

  • Ein einfacher Erbprozess benötigt bis zur Entscheidung mehr als fünf Jahre
  • Kläger erhebt – erfolglos – Verzögerungsrüge
  • Nach Abschluss des Verfahrens kann der Kläger eine Entschädigung beanspruchen

Das Oberlandesgericht Köln hatte darüber zu befinden, ob einem Kläger in einem Erbprozess, der sich über fünf Jahre hinzog, ein Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer zusteht.

Der Ausgangsprozess war für eine erbrechtliche Auseinandersetzung ebenso typisch wie übersichtlich. Mittels einer Feststellungsklage wollte ein Kläger vom Gericht verbindlich geklärt werden, ob das Testament einer Erblasserin, die zum Zeitpunkt der Errichtung ihres letzten Willens an einer Alzheimer-Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium litt, wirksam war.

Vom angerufenen Gericht war mithin die Testierfähigkeit der Erblasserin im entscheidenden Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu klären.

Zwischen Eingang der Klage und erstem Beweisbeschluss liegt ein Zeitraum von über einem Jahr

Die Klage ging am 12.07.2011 beim Gericht ein. Erst über ein Jahr später, nämlich am 13.07.2012 erließ das Gericht einen Beweisbeschluss. Nachdem einige vom Gericht angefragte Sachverständige die Übernahme der Gutachtenerstellung wegen Arbeitsüberlastung ablehnten, kam es dann erst weitere zwei Jahre später, am 03.06.2014 zu Beauftragung eines Sachverständigen durch das Gericht.

Am 25.03.2015 ging dann das Gutachten des Sachverständigen bei Gericht ein. Fast ein Jahr später, am 24.02.2016 erfolgte dann eine mündliche Anhörung des Gutachters vor Gericht. Schließlich wurde der Klage am 07.04.2016 vom Gericht stattgegeben. Endgültig abgeschlossen wurde das Verfahren durch Erteilung des Rechtskraftzeugnisses am 15.09.2016 und damit über fünf Jahre nach Erhebung der Klage.

Bereits mit Schriftsatz vom 02.12.2013 hatte der Anwalt des Klägers bei Gericht eine Verzögerungsrüge nach § 198 GVG angebracht.

Kläger fordert vom Land eine angemessene Entschädigung

Nach Abschluss des Verfahrens forderte der Kläger wegen der überlangen Verfahrensdauer eine angemessene Entschädigung. Er berechnete die eingetretene und alleine vom Gericht zu verantwortende Verzögerung auf einen Zeitraum von 4,7233 Jahre. Für jeden Monat der Verzögerung forderte der Kläger einen Betrag in Höhe von 100 Euro. Seine Klageforderung belief sich mithin auf einen Betrag in Höhe von 5.667,96 Euro.

Dem in dieser Höhe in Anspruch genommenen Land Nordrhein-Westfalen kam die Bearbeitungsdauer seines Gerichts wohl selber etwas lange vor und erkannte daher die Klageforderung in Höhe eines Betrages von 1.000 Euro als berechtigt an.

Über den Restbetrag hatte das Oberlandesgericht streitig zu entscheiden und verurteilte das Land zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 1.400 Euro.

OLG: Verzögerung ist nur zum Teil entschädigungspflichtig

In der Begründung seiner Entscheidung ging das OLG jeden einzelnen vom Ausgangsgericht vorgenommenen – bzw. unterlassenen – Verfahrensschritt durch und untersuchte, ob sich das Gericht jeweils mehr Zeit gelassen hatte, als üblich und vertretbar.

Ein Entschädigungsanspruch, so das OLG, sei immer nur dann gegeben, wenn die Verfahrensdauer insgesamt eine Grenze überschreitet, „die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt.“

Auf dieser Grundlage konnte das OLG aber nur für einen weiteren Zeitraum von 14 Monaten eine vom Gericht zu vertretende und unverhältnismäßige Verzögerung erkennen.

So anerkannte das OLG für das Jahr 2013 eine durch nichts gerechtfertigte Verzögerung von mehreren Monaten, in der „keinerlei richterliche Maßnahmen zur Förderung des Verfahrens feststellbar“ seien.

Eine weitere entschädigungspflichtige Verzögerung von mehreren Monaten habe sich, so das OLG weiter, in den Jahren 2014 und 2015 dadurch ergeben, da „das Gericht des Ausgangsverfahrens keine Maßnahmen ergriffen (habe), die zügige Gutachtenerstellung durch den Sachverständigen zu fördern.“ Insbesondere wurden dem Gutachter vom Gericht keinerlei Fristen oder Nachfristen zur Vorlage des Gutachtens gesetzt.

Weitere – nicht untypische – Vorkommnisse wie Fristverlängerungsgesuche der Parteien, eine urlaubsbedingte Abwesenheit der Richter, die Erkrankung der Einzelrichterin oder eine Neubesetzung der zuständigen Zivilkammer führten zwar ebenso zur Verfahrensverzögerung, seien aber insoweit hinzunehmen und nicht entschädigungspflichtig.

Im Ergebnis konnte sich der Kläger also nur mit einem Teil seiner Forderung durchsetzen.

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