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Nachlasspflegschaft endet nicht mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Stuttgart – Beschluss vom 23.04.2012 – 8 W 136/12

  • Gericht ordnet Nachlasspflegschaft an
  • Über den Nachlass wird Insolvenzverfahren eröffnet
  • Nachlasspfleger bleibt im Amt

Die Frage, wie lange ein vom Nachlassgericht eingesetzter Nachlasspfleger im Amt bleiben muss, hatte das Oberlandesgericht Stuttgart zu klären.

In der Sache war der Erblasser im April 2009 verstorben. Nachdem für den Nachlass ein Fürsorgebedürfnis bestand, ordnete das Nachlassgericht nach § 1960 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine Nachlasspflegschaft an. Der vom Gericht bestellte Nachlasspfleger stellte im Jahr 2012 für den Nachlass Insolvenzantrag nach § 1980 BGB, nachdem der Nachlass offenbar überschuldet und zahlungsunfähig war.

Das Insolvenzgericht eröffnete auf den Antrag hin in der Folge das Insolvenzverfahren über den Nachlass und setzte einen Insolvenzverwalter ein. Das Nachlassgericht nahm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Anlass, die Nachlasspflegschaft aufzuheben. Gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts legte der inzwischen eingesetzte Insolvenzverwalter Beschwerde ein, da seiner Auffassung nach der Nachlasspfleger bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens im Amt bleiben müsse.

Nachdem das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abhelfen wollte, wurde die Sache dem OLG als Beschwerdegericht vorgelegt.

Nachlasspflegschaft endet nicht mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens

Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass eine Nachlasspflegschaft anders als eine Nachlassverwaltung nach § 1988 BGB nicht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet sei. Aufgabenkreis und Befugnisse des Nachlasspflegers würden zwar, so das Gericht, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens „beträchtlich schrumpfen“, jedoch bleibe ein vom Nachlasspfleger wahrzunehmendes Restaufgabengebiet auch nach Insolvenzeröffnung erhalten.

Der Nachlasspfleger habe insbesondere die Rechte der Erben im Insolvenzverfahren wahrzunehmen. Dem – auch unbekannten – Erben stünden im Insolvenzverfahren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu, die der Nachlasspfleger stellvertretend für die Erben zu erfüllen habe.

Ein nach wie vor bestehendes Fürsorgebedürfnis müsse auch deswegen bejaht werden, da der Nachlasspfleger gegebenenfalls Rechte der – unbekannten – Erben gegen den Nachlassinsolvenzverwalter wahrzunehmen habe.

Im Ergebnis gab das Gericht daher der Beschwerde des Insolvenzverwalters statt und die Nachlasspflegschaft wurde nicht aufgehoben.

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