Wann ist der Auskunftsanspruch eines Erben gegen einen Bevollmächtigten des Erblassers erfüllt?
OLG Naumburg – Urteil vom 07.03.2024 – 2 U 27/23
- Erbe stellt fest, dass eine Bevollmächtigte in erheblichem Umfang über Konten der Erblasserin verfügt hat
- Der Erbe fordert von der Bevollmächtigten Auskunft und Rechenschaft über diese Verfügungen
- Die von der Bevollmächtigten erteilte Auskunft stellt Gerichte in zwei Instanzen zufrieden
Das Oberlandesgericht Naumburg hatte über die Frage zu entscheiden, wann ein Auskunftsanspruch eines Erben gegen einen Bevollmächtigten des Erblassers als erfüllt angesehen werden kann.
In der Angelegenheit hatte eine Erblasserin einer dritten Person zu Lebzeiten eine umfassende General- und Vorsorgevollmacht erteilt.
Von dieser Vollmacht machte die Bevollmächtigte umfangreich Gebrauch.
Die Bevollmächtigte verfügt über Konten der Erblasserin
Über Jahre hinweg wurden von der Bevollmächtigten mithilfe der Vollmacht Abhebungen und Überweisungen von diversen Giro- und Sparkonten der Erblasserin getätigt.
Nach dem Ableben der Erblasserin wollte einer der Erben Auskunft von der Bevollmächtigten über die von ihr getätigten Geldgeschäfte und machte für die Erbengemeinschaft einen Auskunftsanspruch nach § 666 BGB gegen die Bevollmächtigte geltend.
Nachdem die Auskunft der Bevollmächtigten nicht zur Zufriedenheit des Erben ausfiel, ging die Sache zu Gericht.
Das Landgericht weist die Klage des Erben zurück
Das Landgericht wies die vom Erben angestrengte Klage mit der Begründung zurück, dass die von der Bevollmächtigten erteilten Auskünfte ausreichend seien.
Diese Klageabweisung wollte der Erbe aber nicht hinnehmen und legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG hielt das Urteil des Landgerichts aber für zutreffend und wies die Berufung als unbegründet ab.
Das OLG teilte die Auffassung des Landgerichts und befand, dass die Bevollmächtigte in ausreichendem Umfang Auskunft gegeben habe und der Auskunftsanspruch des Erben daher bereits erloschen sei.
Die Bevollmächtigte nimmt zu den Kontoverfügungen Stellung
Das OLG hielt fest, dass die Bevollmächtigte zu jeder einzelnen von ihr in den Jahren 2012 bis 2020 vom Girokonto der Erblasserin vorgenommenen Verfügung Stellung genommen und offen gelegt habe, welchem Zweck die einzelnen Abhebungen und Überweisungen dienten.
Und auch die Abhebungen von den Sparkonten der Erblasserin habe die Bevollmächtigte, so das OLG, hinreichend plausibel aufgeklärt.
Hier hatte die beklagte Bevollmächtigte zu Barabhebungen „in nicht unerheblichem Umfang“ wissen lassen, dass „das abgehobene Bargeld der Erblasserin jeweils ausgehändigt worden sei.“
Die Tatsache, dass der Erbe die Richtigkeit und den Wahrheitsgehalt der Aussagen der Bevollmächtigten bezweifelte, ändere, so das OLG, nichts an dem Umstand, dass der Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch des Erben mit den von der Bevollmächtigten gemachten Angaben erfüllt worden sei.
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