Ein Erbe will eine Erbausschlagung über seinen Anwalt wegen Irrtums anfechten – Die Anfechtung scheitert, weil die erforderliche Form nicht eingehalten wird!
OLG Frankfurt a.M. – Beschluss vom 16.01.2025 – 21 W 123/24
- Sohn schlägt die Erbschaft nach seinem Vater wegen vermuteter Schulden aus
- Nachfolgend wird bekannt, dass der Nachlass keineswegs überschuldet ist
- Eine Anfechtung der Erbausschlagung scheitert an Formfragen
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte über die Wirksamkeit einer Anfechtungserklärung zu entscheiden.
In der Angelegenheit hatte der einzige Sohn eines Erblassers im Dezember 2023 nach dem Tod seines Vaters die Erbschaft ausgeschlagen.
Der Sohn war zum Zeitpunkt der Erbausschlagung offenbar davon ausgegangen, dass der Nachlass seines verstorbenen Vaters überschuldet war.
Ein Nachlasspfleger entdeckt fast 20.000 Euro
Ein daraufhin vom Nachlassgericht eingeschalteter Nachlasspfleger teilte dem Sohn mit Schreiben vom 22.03.2024 jedoch mit, dass zugunsten des Verstorbenen eine Forderung gegen die Pflegekasse in Höhe von 18.802 Euro bestehen würde und der Nachlass damit keineswegs überschuldet sei.
Der Anwalt des Sohnes erklärte daraufhin mit Schriftsatz vom 08.04.2024 für den Sohn die Anfechtung der Ausschlagungserklärung wegen Irrtums.
Der Anwalt erklärte, dass sich sein Mandant in Anbetracht der Forderung gegen die Pflegekasse über die Werthaltigkeit des Nachlasses geirrt habe.
Das Nachlassgericht weist den Anwalt auf Formprobleme hin
Dem Schriftsatz des Anwalts war eine Vollmacht des Sohnes beigefügt.
Nachdem das Nachlassgericht den Anwalt daraufhin auf mögliche Formprobleme im Zusammenhang mit der Anfechtungserklärung hingewiesen hatte, reichte der Anwalt eine notariell beglaubigte Vollmacht seines Mandanten nach.
Das Nachlassgericht ließ den Anwalt daraufhin wissen, dass die Vollmacht jetzt den gesetzlichen Formvorschriften entsprechen würde, die Anfechtungserklärung selber aber formunwirksam sei.
Um die Sache dann im Sinne seines Mandanten klären zu können, beantragte der Anwalt für seinen Mandanten sodann einen Erbschein, der den Sohn des Verstorbenen als alleinigen Erben seines Vaters ausweisen sollte.
Der Erbscheinsantrag wird vom Gericht abgewiesen
Dieser Erbscheinsantrag scheiterte jedoch vor Gericht in zwei Instanzen.
Der Anwalt hatte nämlich übersehen, dass die Anfechtungserklärung gegenüber dem Nachlassgericht zwingend zur Niederschrift des Gerichts oder in öffentlich beglaubigter Form hätte abgegeben werden müssen.
Diese vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften wurden von dem Anwalt bei seiner Anfechtungserklärung vom 08.04.2024 aber nicht gewahrt.
Aus diesem Grund war die Anfechtung unwirksam und die zuvor von dem Sohn des Erblassers erklärte Erbausschlagung blieb wirksam.
Der von dem Sohn des Erblassers beantragte Erbschein konnte daher nicht erteilt werden.
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