Akteneinsicht beim Erbschaftsteuerfinanzamt – Wann muss das Finanzamt seine Akten öffnen?
- Das Finanzamt darf eine Akteneinsicht nicht grundlos verweigern
- Der Bürger hat einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung
- Am Ende kann die Datenschutzgrundverordnung helfen
In vielen Erbfällen fehlen dem Beteiligten Informationen.
So kommt es zum Beispiel häufiger vor, dass ein Kind nach dem Tod seiner Eltern keinen Überblick über das Vermögen der Eltern hat.
Eine nicht zu unterschätzende Informationsquelle in Zusammenhang mit Erbfällen sind Akten, die bei den Finanzbehörden über Steuervorgänge geführt werden.
Akteneinsicht in die Steuerakte abgeschlossener Erbfälle
Hat zum Beispiel ein Familienvater seine vor Jahren verstorbene Ehefrau und Mutter der Kinder als Alleinerbe beerbt, dann spricht einiges dafür, dass die Erbschaftsteuerstelle des zuständigen Finanzamtes über diesen Vorgang eine Akte angelegt hat.
War die vorverstorbene Ehefrau vermögend, dann enthalten die Unterlagen des Finanzamtes mit Sicherheit Angaben zu dem Vermögen, dass von der Ehefrau auf den Ehemann vererbt wurde.
Die Kinder des verstorbenen Ehepaares wären manchmal dankbar, wenn sie sich mit Hilfe der Akten der Erbschaftsteuerstelle sich ein Bild von dem Familienvermögen verschaffen könnten.
Das Finanzamt sträubt sich oft gegen Anträge auf Akteneinsicht
Man muss allerdings damit rechnen, dass sich das Finanzamt im Falle eines Antrags auf Akteneinsicht regelmäßig eher zugeknöpft gibt.
Die insoweit maßgebliche Abgabenordnung enthält nämlich für den Bürger keinen Anspruch auf Akteneinsicht in beim Finanzamt befindliche Steuerunterlagen.
Im Falle der Verweigerung der Akteneinsicht durch das Finanzamt sollte man sich aber nicht alleine mit Hinweis auf die fehlende gesetzliche Grundlage für die Akteneinsicht abspeisen lassen.
Im Einzelfall muss vom Finanzamt Akteneinsicht gewährt werden
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes steht nämlich jedem Beteiligten ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zu, weil diese grundsätzlich nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren.
Die Finanzbehörde muss demnach bei einer entsprechenden Anfrage zumindest abwägen, ob und welche Interessen dem Akteneinsichtsgesuch im konkreten Fall entgegenstehen.
Einfach nur „Nein“ zu sagen stellt keine Abwägung durch das Finanzamt dar und reicht als Begründung für die Verweigerung der Akteneinsicht in keinem Fall aus.
Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass der Steuerbürger einen solchen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Akteneinsichtsgesuch im Regelfall nur im Zuge eines laufenden Steuerverfahrens hat.
Am Ende kann die DSGVO helfen
Kann man das Finanzamt mit einem Hinweis auf den Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung noch nicht knacken, dann hilft dem Steuerbürger im Einzelfall die Bezugnahme auf Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung).
Danach gilt folgendes:
Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf weitere Informationen.
Wie man diese Regelung in der DSGVO gewinnbringend auch gegen das Finanzamt einsetzen kann, ist sehr anschaulich in einer jüngeren Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2024 beschrieben (BFH, Urteil vom 07.05.2024, Az. IX R 21/22).
Streiten muss man sich mit dem Finanzamt dann allenfalls noch über die Frage, in welcher Form die Akteneinsicht genommen werden kann.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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