Vorsorgevollmacht wird von Betreuer widerrufen – Kann der Bevollmächtigte gegen die Betreuerbestellung vorgehen?
BGH – Beschluss vom 12.12.2018 – XII ZB 387/18
- Tochter wird Betreuerin und widerruft Generalvollmacht zugunsten des Schwiegersohns der Betreuten
- Schwiegersohn legt gegen Anordnung der Betreuung Rechtsmittel ein
- Gerichte verneinen die Beschwerdebefugnis des Schwiegersohns
Der Bundesgerichtshof hat zu einer durchaus praxisrelevanten Fragestellung Stellung genommen. Es ging um den Konflikt zwischen einer erteilten Vorsorgevollmacht und einer zeitgleich angeordneten Betreuung.
In der Angelegenheit hatte eine an Demenz erkrankte Betroffene im Jahr 2009 ihrer Tochter und deren Mann eine General- Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmachtserteilung war nach Meinung aller Beteiligter wirksam.
Jahre später beantragten zwei weitere Töchter der Betroffenen und die mit der Vorsorgevollmacht ausgestattete Tochter beim Betreuungsgericht die Einrichtung einer Betreuung mit folgendem Aufgabenkreis: Immobilienangelegenheiten, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post-, Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten, Vertretung gegenüber der Einrichtung und – last but not least – Widerruf von Vollmachten.
Amtsgericht ordnet trotz Vorsorgevollmacht Betreuung an
Das Amtsgericht ordnete die Betreuung an. Als Betreuer wurden die zwei Töchter eingesetzt, die von ihrer Mutter keine Vollmacht erhalten hatten.
Eine der ersten Amtshandlungen der beiden vom Gericht eingesetzten Betreuerinnen war der Widerruf der Vollmacht gegenüber dem Ehemann ihrer Schwester.
Der Ehemann der Schwester wollte dies nicht unwidersprochen lassen und legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem die Betreuung angeordnet worden war, im Namen der Betroffenen und hilfsweise im eigenen Namen Beschwerde ein.
Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beteiligten. Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.
BGH verneint die Beschwerdebefugnis
Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde als unzulässig ab.
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten richtete sich „im Namen der Betroffenen gegen die Betreuungsanordnung“.
Der Beteiligte hatte also für seine Schwiegermutter und in deren Namen das Rechtsmittel eingelegt.
Bezogen auf diesen Beschwerdegegenstand fehle dem Beteiligten, so der BGH, die Beschwerdebefugnis.
Zwar würde, so der BGH, durch einen Widerruf der Vollmacht durch den Betreuer nicht die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung eben dieser Betreuerbestellung beseitigt.
BGH: Schwiegersohn ist nicht in seinen Rechten beeinträchtigt
Im zu entscheidenden Fall sei der Beteiligte aber durch die Entscheidung des Amtsgerichts, eine Betreuung anzuordnen, nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt und mithin auch nicht im eigenen Namen beschwerdebefugt.
Eine solche Rechtsbeeinträchtigung liege schon bei noch existierender Vollmacht nicht vor und sie sei erst recht nicht nach erfolgtem Widerruf der Vollmacht gegeben.
Eine Beschwerdebefugnis stehe in Fällen wie dem vorliegendem lediglich nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern, den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern sowie Vertrauenspersonen des Betreuten zu, wenn diese im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.
Die Stellung als Schwiegersohn verschaffe dem Beteiligten aber nicht eine solche Rechtsstellung. Er sei weder Angehöriger noch im zu entscheidenden Fall als Vertrauensperson der Betreuten einzustufen.
Im Ergebnis konnte der Schwiegersohn für seine Schwiegermutter nicht mehr auf Grundlage der ihm erteilten Vollmacht handeln. Die Betreuung war und blieb angeordnet.
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