Antrag auf Erteilung eines Erbscheins wird abgelehnt – Antragsteller muss trotzdem nicht die gesamten Kosten des Verfahrens übernehmen!
OLG Düsseldorf – Beschluss vom 01.08.2019 – I-3 Wx 48/18
- Vater verschweigt gegenüber seinem Sohn die Existenz eines Testaments
- Sohn beantragt auf falscher Grundlage einen Erbschein
- Vater muss am Ende Kosten tragen, obwohl der Erbscheinantrag des Sohnes abgewiesen wird
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte über die Frage der Kostenverteilung in einem Erbscheinsverfahren zu entscheiden.
In der Angelegenheit hatte ein Sohn mit seiner Mutter am 27.04.2017 einen Erbvertrag abgeschlossen.
Nach diesem Erbvertrag sollte die Mutter nach den Regeln über die gesetzliche Erbfolge beerbt werden.
Sohn erkundigt sich beim Vater nach einem Testament
Vor Abschluss dieses Erbvertrages hatte der Sohn seinen Vater mehrmals gefragt, ob die Eltern ein Testament errichtet hatten. Diese Frage hatte der Vater wiederholt verneint.
Tatsächlich existierte aber ein gemeinsames Testament der Eheleute aus dem Jahr 2004, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden Kinder als Schlusserben nach dem länger lebenden Ehepartner eingesetzt hatten.
Nach dem Tod seiner Mutter beantragte der Sohn – gestützt auf den Erbvertrag aus dem Jahr 2017 – beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge.
In der Zwischenzeit hatte aber auch der Vater am 12.05.2017 das gemeinsame Testament aus dem Jahr 2004 beim Nachlassgericht abgeliefert.
Nachlassgericht regt die Rücknahme des Antrags an
Das Nachlassgericht fragte daraufhin beim Sohn an, ob er seinen in Anbetracht des Testaments offensichtlich unbegründeten Erbscheinsantrag aufrechterhalten wolle.
Der Sohn ließ das Nachlassgericht daraufhin wissen, dass er seinen Erbscheinsantrag sehr wohl weiter verfolgen würde, da er erhebliche Zweifel an der Echtheit des Testaments habe.
Sein Vater habe schließlich, so der Sohn weiter, die Existenz des Testaments wiederholt abgestritten.
Das Nachlassgericht holte daraufhin ein Schriftgutachten ein. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das Testament aus dem Jahr 2004 echt war.
Nachlassgericht weist den Antrag auf den Erbschein ab
Daraufhin wies das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag des Sohnes ab. Gleichzeitig entschied das Nachlassgericht, dass der Sohn sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen habe.
Dies empfand der Sohn aber als ungerecht und er legte gegen die Kostenentscheidung des Nachlassgerichts Rechtsmittel zum Oberlandesgericht ein.
Die Beschwerde des Sohnes war auch erfolgreich.
Das OLG wies darauf hin, dass ein Gericht in Nachlassangelegenheiten nach § 81 Abs. 1 FamFG die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen könne.
Wie sollen die Kosten verteilt werden?
Dabei gebe das Gesetz dem Gericht aber eine Handlungsanweisung an die Hand, wann einem Beteiligten Kosten auferlegt werden sollen, so z.B. wenn
- der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
- der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
- der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
- der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
- der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation nicht nachgekommen ist.
Bei der vom Gericht zu treffenden Ermessensentscheidung habe das Gericht sämtliche Umstände in Betracht zu ziehen.
Es kommt nicht nur darauf an, wer verliert und wer gewinnt
Im zu entscheidenden Fall warf das OLG dem Nachlassgericht vor, dass es sich bei der Kostenverteilung alleine daran orientiert habe, dass der Antrag des Sohnes auf Erteilung eines Erbscheins abgewiesen werden musste.
Das OLG urteilte aber, dass es in dem vorliegenden Fall eher billigem Ermessen entspreche, wenn die Gerichtskosten zwischen Vater und Sohn geteilt werden und der Vater seine Anwaltskosten selber tragen musste.
Das OLG machte dem Vater dabei zum Vorwurf, dass er gegenüber seinem Sohn die Existenz des Testaments bewusst wahrheitswidrig verschwiegen habe und so dazu beigetragen habe, dass – auf falscher Grundlage – ein Erbscheinsantrag gestellt wird.
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