Erblasser hatte ein gemeinschaftliches Oder-Konto – Was passiert nach dem Erbfall?
- Ist der Mitkontoinhaber alleiniger Erbe des Erblassers?
- Erbe tritt in die Rechtsposition des verstorbenen Kontoinhabers ein
- Aus dem Oder-Konto ein Und-Konto machen
In Deutschland sind gemeinschaftliche Konten weit verbreitet. Ehepartner pflegen zum Beispiel bei Banken häufig nur ein Konto zu führen, über das jeder Ehepartner alleine verfügen kann.
Solche Konten werden rechtstechnisch „Oder-Konten“ genannt, bei denen eben entweder der eine oder auch der andere über das Kontoguthaben verfügen kann.
Wesentlich seltener anzutreffen sind dagegen gemeinschaftliche Bankkonten in Form von so genannten „Und-Konten“. Bei dieser Art der Kontoführung kann ein Kontoinhaber alleine nicht über das Kontoguthaben verfügen. Vielmehr ist jeder Mitkontoinhaber darauf angewiesen, dass der andere Kontoinhaber seiner Verfügung über das Kontoguthaben zustimmt.
Ein Mitkontoinhaber verstirbt – Der überlebende Mitkontoinhaber wird alleiniger Erbe
Wenig Probleme gibt es regelmäßig dann, wenn der verstorbene Mitinhaber eines Oderkontos von dem Mitkontoinhaber beerbt wird.
Hatten Eheleute beispielsweise ein Oderkonto und wird der Ehemann nach seinem Ableben von seiner Ehefrau alleine beerbt, dann vereinigt sich das Kontoguthaben alleine auf die Frau. Die eine Hälfte des Kontoguthabens gehörte der Ehefrau sowieso schon, die andere Hälfte erhält sie nunmehr kraft Erbfolge.
Für die praktische Abwicklung ändert sich für den überlebenden Alleinerben nichts, da er kraft seiner Stellung als Mitinhaber des Oder-Kontos ohnehin uneingeschränkt verfügungsbefugt ist. Der überlebende Mitinhaber eines Oder-Kontos und Alleinerbe muss sich also auch nicht die Mühe machen, gegenüber der Bank seine – nunmehr vollständige – Verfügungsbefugnis durch einen Erbschein nachzuweisen.
Die Nutzung des ehemaligen Oderkontos geht in diesem Fall als Nutzung eines Einzelkontos unproblematisch weiter.
Ein Mitkontoinhaber verstirbt – Erbe wird aber ein beliebiger Dritter
Schwieriger ist die Situation für den überlebenden Mitinhaber eines Oderkontos immer dann, wenn er nicht Erbe des verstorbenen Mitkontoinhabers geworden ist.
Der Erbe des verstorbenen Mitinhabers eines Oderkontos rückt kraft Erbrecht in dessen Stellung ein. Soweit der Erbe der Bank die Rechtsnachfolge ordnungsgemäß, in aller Regel durch einen Erbschein, nachgewiesen hat, kann der Erbe über das Konto verfügen, wie es auch der Erblasser selber konnte.
Das bedeutet aber regelmäßig, dass der Erbe, sobald er über die notwendigen Unterlagen zum Nachweis seiner Erbenstellung verfügt, auf die Bank zugehen und das Konto leer räumen kann.
Die Bank ist in einem solchen Fall grundsätzlich nicht dazu verpflichtet nachzuprüfen, ob der Erbe im Innenverhältnis tatsächlich einen Anspruch auf das gesamte Kontoguthaben hat.
Ist das Oder-Konto aber erst einmal geleert, ist der Mitkontoinhaber darauf verwiesen, gegen den Erben einen Anspruch auf Rückzahlung der Gelder geltend zu machen, die dem Erben – materiell rechtlich – nicht zustanden.
Geht man von einer hälftigen Beteiligung an dem Oder-Konto aus, muss ein Erbe, der sich des ganzen Kontoguthabens bemächtigt, an den Mitkontoinhaber nach kompletter Kontoleerung die Hälfte herausgeben. Ein entsprechender Anspruch resultiert für den Kontoinhaber aus § 812 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ob ein solcher Rückzahlungsanspruch immer realisiert werden kann, steht freilich auf einem anderen Papier …
Wie kann der Mitkontoinhaber reagieren?
Wenn ein Mitinhaber eines Oder-Kontos durch einen Erbfall plötzlich mit einem neuen Kontopartner konfrontiert wird, dann hat er natürlich Handlungsmöglichkeiten. Er muss nicht zuwarten, bis das Oder-Konto nach dem Erbfall vom Erben geleert wird.
Die wohl einfachste Möglichkeit zur Sicherung seiner Rechte besteht darin, dass der Mitinhaber unmittelbar nach Eintritt des Erbfalls zur Bank geht und seinen Anteil an dem Kontoguthaben abhebt. Der Erbfall ändert an der Berechtigung des überlebenden Kontoinhabers zu Verfügungen über das Konto nichts. Solange noch Guthaben auf dem Konto vorhanden sind, kann darüber auch verfügt werden.
Weiter kann der überlebende Mitkontoinhaber auch auf die Bank zugehen und aus dem bestehenden Oder-Konto ein Und-Konto machen.
In diesem Fall ist er vor unerfreulichen Überraschungen sicher, da der neu hinzugetretene Erbe nur noch gemeinsam mit dem alten Mitkontoinhaber über das Gemeinschaftskonto verfügen kann.
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