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Auch die Grundbuchberichtigung aufgrund eines Vorausvermächtnisses ist gebührenfrei

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 15.12.2015 – 34 Wx 334/15

  • Immobilie wird in Testament durch Vermächtnis zugewandt
  • Nach dem Erbfall wird das Vermächtnis erfüllt und das Grundbuch soll berichtigt werden
  • Die Berichtigung des Grundbuchs ist gebührenfrei

Das Oberlandesgericht München hatte sich in einer kostenrechtlichen Angelegenheit mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Grundbuchberichtigung auf Grundlage eines vom Erblasser in seinem Testament ausgesetzten Vorausvermächtnisses ebenfalls gebührenfrei ist, wenn der Antrag auf Grundbuchberichtigung binnen eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Erbfall gestellt wird.

Die Erblasserin hatte ihre beiden Kinder in einem notariellen Testament als Erben eingesetzt. In diesem Testament hatte die Erblasserin zugunsten ihrer Kinder Vorausvermächtnisse ausgesetzt.

Die beiden Kinder suchten nach dem Erbfall einen Notar auf und ließen dort in Erfüllung des letzten Willens ihrer Mutter einen Vermächtniserfüllungsvertrag beurkunden.

Das Vermächtnis wird erfüllt

Mit diesem Vertrag übertrug die Erbengemeinschaft, wie es das Vorausvermächtnis vorgesehen hatte, das Eigentum an einer Nachlassimmobilie auf eines der beiden Kinder.

Diese Eigentumsänderung wurde in der Folge auch im Grundbuch vollzogen und die betroffene Tochter der Erblasserin als neue Eigentümerin im Grundbuch vermerkt.

Für die Grundbuchänderung stellte das Grundbuchamt der neuen Eigentümerin zunächst eine Gebühr in Höhe von 390 Euro in Rechnung. Diese Gebührenforderung ließ das Grundbuchamt jedoch wenig später wieder fallen.

Grundbuchamt will keine Gebühren geltend machen

Das Grundbuchamt war in der Zwischenzeit zu der Überzeugung gekommen, dass auf den vorliegenden Fall folgender Gebührenbefreiungstatbestand anzuwenden sei:

Nr. 14110 KV GNotKG
Die Gebühr wird nicht für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers oder von Erben des Gesellschafters bürgerlichen Rechts erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird. Dies gilt auch, wenn die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden.

Diese Rechtsauffassung wurde allerdings von der Bezirksrevisorin nicht geteilt. Diese sah das Gebührenaufkommen des Staates nachhaltig gefährdet und legte gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes, keine Gebühren zu verlangen, Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Dort wurde aber die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes bestätigt und die Beschwerde der Revisorin als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revisorin hatte in ihrer Beschwerde argumentiert, dass in dem vorliegenden Fall keine Gebührenbefreiung gewährt werden könne, da die Eigentumsumschreibung nicht „infolge der Erbauseinandersetzung“ sondern „infolge der Erfüllung des Vorausvermächtnisses“ vorgenommen worden sei.

Oberlandesgericht korrigiert die Bezirksrevisorin

Diese feinsinnige Differenzierung wollte das Oberlandesgericht aber nicht mitgehen.

Das Gericht wies in seiner Entscheidung vielmehr darauf hin, dass der Begriff der Erbauseinandersetzung im Gesetz keine kostenrechtliche Definition erfahren habe.

Zwar sei die Erfüllung eines Vorausvermächtnisses keine Erbauseinandersetzung, jedoch sei es nicht gerechtfertigt, „das Kostenprivileg dem (Mit-)Erben zu versagen, dessen Eigentumserwerb auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht.“

Durch die Kostenprivilegierung im Grundbuchrecht solle, so die Intention des Gesetzgebers, die zeitnahe Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften fördern und damit verhindern, dass im Grundbuch unrichtige Angaben gemacht werden.

In diesem Sinne sei, so das OLG, der Begriff der Erbauseinandersetzung in Nr. 14110 KV GNotKG weit zu verstehen und die Gebührenbefreiung greife auch dann ein, wenn die Auflassung der Immobilie in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses erfolgt.

Die Erbin und Vermächtnisnehmerin musste vor diesem Hintergrund für die Grundbuchberichtigung keine Gebühren bezahlen.

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