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Wie kann man sein Erbrecht nach dem Erbfall gerichtlich feststellen lassen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Der Erbe kann beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen.
  • Zweifelsfragen werden im Erbscheinsverfahren geklärt.
  • Es ist auch möglich, sein Erbrecht vor Gericht durch eine Klage feststellen zu lassen.

Um nach dem Tod einer Person Erbe zu werden, muss man grundsätzlich selber nicht aktiv werden. Mit dem Ableben des Erblassers geht dessen Vermögen automatisch auf den Erben über, § 1922 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Bei diesem Vorgang ist es auch nicht entscheidend, ob der Erblasser den Erben in einem Testament eingesetzt hat oder der Erbe kraft gesetzlicher Erbfolge zum Rechtsnachfolger des Erblassers wird. Erbe wird in der Sekunde des Ablebens des Erblassers diejenige Person oder Personengruppe, der nach dem letzten Willen des Erblassers oder nach dem Gesetz das Erbe zusteht.

Streit über die Auslegung eines Testaments

Was sich in der Theorie einfach und unproblematisch anhört, ist der in der Praxis oft ein hoch komplexer und sehr umstrittener Vorgang. Nicht immer herrscht nämlich unter den Beteiligten Einigkeit in der Frage, wer denn nun nach dem Eintritt des Erbfalls die Erbenstellung einnehmen darf.

So können sich die Nachkommen im Einzelfall zum Beispiel jahrelang über die konkrete Auslegung eines vom Erblasser hinterlassenen Testaments streiten. Ebenso kommt es immer wieder vor, dass Testamente nach dem Erbfall einfach verschwinden oder ein aufgefundenes Testament mit dem Argument angegriffen wird, dass der Erblasser dieses im Zustand der Testierunfähigkeit errichtet habe.

Auch im Fall der gesetzlichen Erbfolge kann gestritten werden. So kann im Falle der gesetzlichen Erbfolge immer die Frage der Abstammung problematisiert werden. Gesetzlicher Erbe kann nur derjenige werden, der mit dem Erblasser verwandt ist. Wird im Erbfall das Verwandtschaftsverhältnis eines potentiellen Erben zum Erblasser bestritten, muss im Zweifel der Nachweis geführt werden.

Im Regelfall werden Zweifelsfragen im Erbscheinverfahren geklärt

Es kann in Anbetracht des vorstehend geschilderten Streitpotentials bei einer Erbschaft demnach durchaus ein Bedürfnis dafür geben, das Erbrecht mit gerichtlicher Hilfe feststellen zu lassen.

In aller Regel werden nach einem Erbfall Streitfragen rund um das Erbrecht im Rahmen eines Verfahrens auf Erteilung eines Erbscheins geklärt. Ein Erbschein ist eine vom Nachlassgericht auf Antrag des Erben ausgestellte Urkunde, das das Erbrecht des Antragstellers bezeugt, § 2353 BGB.

In vielen Erbfällen benötigt der Erbe ohnehin den Erbschein als Legitimationspapier gegenüber Banken, Behörden oder dem Grundbuchamt. Aber wenn der Erbe den Erbschein für die Abwicklung der Erbschaft gar nicht benötigt, so wird ihm der Erbschein auf Antrag vom Gericht ausgestellt.

Um den – kostenpflichtigen – Erbschein zu erhalten, muss der Erbe beim Nachlassgericht einen entsprechenden Antrag stellen und die für den Nachweis seines Erbrechts notwendigen Dokumente und Unterlagen vorlegen, §§ 2354 und 2355 BGB.

In dem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins werden neben dem Antragsteller selber sämtliche weiteren von dem Erbfall Betroffenen beteiligt. Werden gegen das vom Antragsteller geltend gemachte Erbrecht von Dritter Seite Einwendungen erhoben, dann ist das Erbscheinverfahren der richtige Ort, um damit aus der Deckung zu kommen. Das Nachlassgericht hört vor seiner Entscheidung gegebenenfalls Zeugen und Sachverständige an, um den beantragten Erbschein tatsächlich nur derjenigen Person auszuhändigen, die tatsächlich Erbe geworden ist.

Feststellungsklage vor Gericht klärt alle Zweifel

Wer schon einmal, oft mit nicht unerheblichem Aufwand, ein Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins durchlaufen hat, der wird sich wahrscheinlich über den Umstand wundern, dass ein erteilter Erbschein keine endgültige Aussage über das Erbrecht einer Person trifft.

Mag ein Antragsteller vor dem Nachlassgericht auch Erfolg gehabt haben und wurde dem Antragsteller der Erbschein antragsgemäß erteilt, so ist diese Entscheidung nicht in Stein gemeißelt. Vielmehr stellt die Aussage in dem Erbschein immer nur eine Momentaufnahme über die erbrechtliche Situation im Zeitpunkt der Erteilung des Erbscheins dar. Offenbart sich zu einem späteren Zeitpunkt, dass der Erbschein zu Unrecht erteilt wurde, so muss und wird er vom Nachlassgericht als unrichtig eingezogen.

Durch einen Erbschein wird nie eine rechts- und bestandskräftige Aussage über das Erbrecht der in dem Erbschein als Erben aufgeführten Person gemacht. Die Legitimationswirkung des Erbscheins und damit die Erbenstellung der dort ausgewiesenen Person sind nur solange gültig, wie der Erbschein noch erteilt und nicht eingezogen ist.

Will man in diesem Punkt eine gerichtliche Entscheidung erwirken, die auch Bestand hat, dann muss man in einem Verfahren nach der ZPO (Zivilprozessordnung) eine so genannte Feststellungsklage erheben. Dem Grunde nach geht es auch bei diesem Verfahren um die Frage, wer Erbe geworden ist. Ein solches Feststellungsverfahren endet nur mit einem Urteil, das, zumindest gegenüber dem Klagegegner, in Rechtskraft erwächst.

Mit einem Feststellungsverfahren hat man also die Möglichkeit, sich sein Erbrecht für die Zukunft verbindlich von einem staatlichen Gericht bestätigen zu lassen. Belässt man es hingegen bei einem Erbscheinsverfahren, so kann man sich nie sicher sein, dass dieser Erbschein nicht eines Tages wegen neuer Erkenntnisse des Nachlassgerichts wieder eingezogen wird.

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