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Nachlassgericht berechnet die Erbquoten in einem Erbschein falsch – Der Erbschein muss eingezogen werden!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 18.09.2019 – 31 Wx 274/19

  • Nachlassgericht verteilt den Nachlass in Erbschein mit einem Prozentsatz von über 100%
  • Nachlassgericht versucht den Fehler Jahre später zu korrigieren
  • OLG gibt dem Nachlassgericht auf, sich neu mit dem Erbfall zu beschäftigen

Das Oberlandesgericht München hatte in einem gründlich missratenen Erbscheinverfahren zu entscheiden.

In der Angelegenheit war eine Erblasserin Im Dezember 2016 verstorben.

Die Erblasserin hatte ein Testament errichtet und in diesem Testament insgesamt vier Personen zwei Immobilien vermacht.

Zwei Immobilien mit unterschiedlichen Werten werden vererbt

Die eine Immobilie hatte einen Wert in Höhe von 367.353, 20 Euro, die zweite Immobilie einen Wert in Höhe von 32.465 Euro.

Die beiden in dem Testament als Erben der teureren Immobilie eingesetzten Beteiligten gingen aufgrund der Wertverhältnisse davon aus, dass sie jeweils Erben der Erblasserin zu je ½ geworden sind und die beiden Beteiligten, denen die weniger werthaltige Immobilie zugedacht war, lediglich Vermächtnisnehmer seien.

Entsprechend wurde von den beiden Beteiligten mit der teureren Immobilie beim Nachlassgericht ein Erbschein beantragt, der sie als Erben zu je ½ ausweisen sollte.

Nachlassgericht ändert seine rechtliche Bewertung

Das Nachlassgericht beurteilte diesen Erbscheinsantrag zunächst wohlwollend, änderte dann aber plötzlich seine Meinung.

Das Gericht teilte nunmehr nämlich allen vier in dem Testament benannten Beteiligten mit, dass alle vier Beteiligten Erben analog dem Wert der jeweiligen Immobilien geworden seien.

Die Erben der teureren Immobilie sollten nach Auffassung des Nachlassgerichts Erben zu je 42,34%, die Erben der weniger werthaltigen Immobilie Erben zu je 7,79% sein.

Das Nachlassgericht fragte bei allen vier Beteiligten an, ob mit dieser Lösung Einverständnis bestehe.

Nachlassgericht erteilt einen Erbschein

Nachdem von den Beteiligten kein negatives feedback kam, erteilte das Nachlassgericht am 11.10.2016 den Erbschein mit den vorstehenden Quoten.

Zweieinhalb Jahre später fiel dem Nachlassgericht dann offenbar auf, dass die angenommenen Erbquoten eine Gesamtquote von 100,26% ergab.

Mit Beschluss vom 05.04.2019 änderte das Nachlassgericht nämlich die Erbquote der geringer am Nachlass Beteiligten von ehedem 7,79% auf 7,66%.

Beschwerde gegen den Korrektur-Beschluss des Nachlassgerichts

Gegen diesen Beschluss vom 05.04.2019 legte einer der Beteiligten Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Die Beschwerde hatte auch Erfolg.

In seiner Entscheidung wies das OLG zunächst darauf hin, dass der Erbschein jedenfalls nicht nach § 42 FamFG wegen einer offenbar vorliegenden Unrichtigkeit habe abgeändert werden können.

Eine Berichtigung einer falsch angegebenen Erbquote sei, so das OLG, jedenfalls keine Korrektur einer offenbar vorliegenden Unrichtigkeit im Sinne von § 42 FamFG.

Ohne Antrag darf kein Erbschein erteilt werden

Weiter sei der Erbschein aber sowieso einzuziehen, da vom Nachlassgericht vorliegend ein Erbschein erteilt wurde, der so von keinem der Beteiligten beantragt worden war.

Der ursprüngliche Antrag begehrte die Erteilung eines Erbscheins an nur zwei Beteiligte als Erben zu je ½. Ein abweichender Erbschein wurde zu keinem Zeitpunkt beantragt.

Der erteilte Erbschein war danach vom Nachlassgericht von Amts wegen einzuziehen und über die Erbfolge war neu zu entscheiden.

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