Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Muss man eine Erbschaft sofort annehmen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Anfall der Erbschaft erfolgt automatisch.
  • Mit der Annahme der Erbschaft muss sich der Erbe um eine mögliche Haftung für Schulden des Erblassers kümmern.
  • Die Frage des Nachlassgerichts, ob man die Erbschaft annimmt, kann ignoriert werden.

Ist ein Mensch verstorben, dann geht sein Vermögen nach deutschem Recht auf seine Erben über. Dieser Vorgang vollzieht sich automatisch und ohne dass der Erbe hierfür irgendwelche Aktivitäten entfalten müsste. Der automatische Rechtsübergang gilt sowohl für den in einem Testament eingesetzten Erben als auch für den Erben, der im Wege der gesetzlichen Erbfolge Erbe wird.

Um Erbe zu werden, bedarf es insbesondere keines staatlichen Ernennungsaktes oder einer besonderen amtlichen Legitimation. Gerichte und sonstige Behörden halten sich bei der Frage, wer Erbe wird, vielmehr in aller Regel vollkommen zurück.

Man wird also Erbe, wenn der Erblasser einen letzten Willen hinterlassen und dort einen Erbeinsetzung vorgenommen hat oder wenn die gesetzliche Erbfolge eine entsprechende Rechtsnachfolge vorsieht. Die Juristen formulieren in diesem Fall, dass die Erbschaft dem Erben „anfällt“, § 1942 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Eine Erbschaft kann ausgeschlagen werden

Niemand kann allerdings gezwungen werden, eine ihm angetragene Erbschaft anzunehmen. Jeder Erbe hat die Möglichkeit, eine Erbschaft auszuschlagen. Von diesem Ausschlagungsrecht wird der Erbe in aller Regel dann Gebrauch machen, wenn der Erblasser mehr Schulden als positives Vermögen hinterlassen hat. Nachdem der Erbe dem Grunde nach für sämtliche Schulden des Erblassers haftet, § 1967 BGB, kann die Annahme einer überschuldeten Erbschaft für den Erben wirtschaftlich ein schlechtes Geschäft sein.

Will man eine Erbschaft nicht annehmen, hat man nach § 1944 BGB sechs Wochen Zeit, zum zuständigen Nachlassgericht zu gehen und dort die Ausschlagung der Erbschaft zu erklären. Diese Sechswochenfrist beginnt regelmäßig an dem Tag zu laufen, an dem man von dem Tod des Erblassers und der eigenen Erbeinsetzung erfahren hat.

Hat man eine Erbschaft form- und fristgerecht ausgeschlagen, hat man mit den Schulden des Erblassers nichts mehr zu tun. Mit einer Ausschlagung ist aber auch jegliche Verbindung zum Erblasservermögen unterbrochen. Der Erbe, der die Ausschlagung erklärt hat, kann also tatsächlich keinerlei Ansprüche auf welchen Nachlassgegenstand auch immer anmelden.

Mit der ausdrücklichen Annahme einer Erbschaft sollte man vorsichtig sein

Gerade vor dem Hintergrund der vorbeschriebenen umfassenden Erbenhaftung sollte man mit einer vorschnellen ausdrücklichen Annahme der Erbschaft vorsichtig sein.

Steht einem durch Testament oder gesetzliche Erbfolge die Rechtsstellung als Erbe zu, dann nimmt einem die Erbschaft niemand mehr weg. Man kann also durch eine möglichst zeitnahe ausdrückliche Annahme der Erbschaft seine rechtliche Position in keiner Form verbessern.

Nimmt man allerdings die Erbschaft ausdrücklich an, dann kann man diesen Vorgang grundsätzlich nicht mehr rückgängig machen. In diesem Fall regelt das Gesetz in § 1943 BGB nämlich wie folgt:

Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat.

 Also selbst wenn sich der Erbe noch innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist bewegen sollte, ist nach Annahme der Erbschaft keine Ausschlagung mehr möglich.

Stellt man dann aber nach erklärter Annahme der Erbschaft fest, dass der Erblasser hoch verschuldet war, dann hat man gegebenenfalls ein Haftungsproblem und zumindest einen erhöhten Aufwand, um sein eigenes Vermögen vor dem Zugriff der Nachlassgläubiger in Sicherheit zu bringen.

Mit der Annahme der Erbschaft verliert der Erbe Gestaltungsrechte

Aber nicht nur ein mögliches Haftungsproblem sollte den Erben dazu veranlassen, sich eine vorschnelle Annahme der Erbschaft gut zu überlegen.

Gehört der Erbe nämlich zum Kreis der dem Grunde nach pflichtteilsberechtigten Personen, dann kann er nach § 2306 BGB unter Umständen seinen Pflichtteil fordern, wenn ihm der Erblasser eine belastete Erbschaft hinterlassen hat.

Ist nämlich ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, dann kann er seinen Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt.

Ist der Erbe demnach mit einer oder mehreren der vorgenannten Belastungen konfrontiert, dann kann es für ihn wirtschaftlich durchaus vernünftig sein, sein Erbe auszuschlagen und den unbelasteten Pflichtteil zu fordern.

Dieses Gestaltungsrecht verliert der Erbe allerdings in dem Moment, in dem er die Erbschaft ausdrücklich annimmt.

Nachlassgericht ausbremsen

Vor dem Hintergrund der vorstehend beschriebenen Rechtseinbußen und Haftungsrisiken kann es sich für den Erben also lohnen, mit einer ausdrücklichen Annahme des Erbes zu warten. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Nachlassgericht den Erben im Rahmen der Testamentseröffnung nicht nur vom Inhalt des Testaments und seiner Erbenstellung in Kenntnis setzt, sondern gleichzeitig abfragt, ob der Erbe gewillt sei, die Erbschaft anzunehmen.

Rechtlich besteht für ein solches Vorgehen durch das Nachlassgericht keine Veranlassung. Der Erbe kann, ohne Rechtsverluste befürchten zu müssen, eine solche Anfrage des Nachlassgerichts schlicht ignorieren.

Der Erbe muss allerdings die Erbschaft nicht zwingend durch ausdrückliche Erklärung annehmen, um sein Ausschlagungsrecht zu verlieren. Stellt der Erbe unmittelbar nach Eintritt des Erbfalls bzw. nach der Testamentseröffnung beim Nachlassgericht einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, dann nimmt er durch eine solche Handlung die Erbschaft „konkludent“ (durch schlüssiges Verhalten) an. Auch in diesem Fall ist eine zeitlich nachfolgende Ausschlagung in aller Regel nicht mehr möglich.

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