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In notariellem Testament ausgewiesenen Erben wird das Recht auf Grundbucheinsicht verweigert

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 11.01.2018 – 34 Wx 408/17

  • Testamentarischer Erbe will Informationen zu Immobilien des Erblassers
  • Grundbuchamt verweigert die Grundbucheinsicht und fordert einen Erbschein
  • OLG bestätigt die Entscheidung des Grundbuchamtes

Das Oberlandesgericht München hatte darüber zu befinden, ob ein in einem notariellen Testament eingesetzter Erbe noch vor Erteilung eines Erbscheins das Recht hat, Einsicht in das Grundbuch zu nehmen und so an Informationen über Immobilien des Erblassers zu gelangen.

In der Angelegenheit war der Erblasser am 31.10.2014 verstorben.

Der Erblasser hatte am 25.06.2010 ein notarielles Testament errichtet. In diesem Testament war der spätere Beschwerdeführer als Miterbe eingesetzt worden. Das notarielle Testament war vom Nachlassgericht eröffnet worden.

Unter Vorlage dieses notariellen Testaments und des dazu gehörenden Eröffnungsprotokolls beantragte der spätere Beschwerdeführer dann beim Grundbuchamt Einsicht in das Grundbuch. Er wollte Informationen unter anderem zu sämtlichen Grundstücken, die dem Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens gehört hatten.

Grundbuchamt verweigert die Grundbucheinsicht

Das Grundbuchamt verweigerte aber mit dem Hinweis, dass der Antragsteller kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 12 GBO nachgewiesen hätte, jegliche Auskunft.

Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene Rechtsmittel ein.

Daraufhin nahm das Grundbuchamt Einsicht in die Betreuungs- und die Nachlassakte des Erblassers. Diesen Akten konnte das Grundbuchamt entnehmen, dass für den Erblasser am 18.01.2010 eine Betreuung angeordnet worden war. Weiter war der Nachlassakte ein Beschluss vom 22.09.2017 zu entnehmen, wonach das Nachlassgericht einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen gedachte, da das Gericht das notarielle Testament wegen Testierunfähigkeit des Erblassers für unwirksam hielt.

Unter Hinweis auf diesen Beschluss des Nachlassgerichts lehnte das Grundbuchamt das Gesuch des Betroffenen auf Grundbucheinsicht endgültig ab.

Betroffener legt Beschwerde zum OLG ein

Gegen diesen Beschluss des Grundbuchamtes legte der Betroffene Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde als unbegründet ab.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass nach § 12 GBO ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch dann gegeben sei, wenn

„ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das sich im Unterschied zum rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch mit einem (beispielsweise) bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann.“

Weiter konstatierte das OLG, dass auch einem testamentarischen Miterben schon vor erfolgter Grundbuchberichtigung ein solches berechtigtes Interesse auf Grundbucheinsicht zustehen kann, beispielsweise um eine Erbauseinandersetzung vorzubereiten.

OLG: Es muss regelmäßig ein Erbschein vorgelegt werden

Zur Darlegung der Erbenstellung müsse der Erbe in einem solchen Fall aber regelmäßig einen Erbschein vorlegen. Soweit keine Zweifel an der Erbfolge bestehen würden, könne zum Nachweis der Erbenstellung auch ein notarielles Testament bzw. ein Erbvertrag mitsamt Eröffnungsprotokoll vorgelegt werden.

Soweit aber „berechtigte Zweifel“ an der Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung gegeben seien, könne das Grundbuchamt auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, bevor Grundbucheinsicht gewährt wird.

Diese berechtigten Zweifel hätte das Grundbuchamt im vorliegenden Fall mit Recht aus den Akten des Nachlassgerichts ableiten können.

Nachdem der Betroffene auch nicht vorgetragen hatte, dass er die Grundbucheinsicht beantragt um eine mögliche Ausschlagung der Erbschaft abzuklären, blieb ihm der Blick ins Grundbuch endgültig versagt.

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