Anordnung einer Betreuung kann trotz Vorliegen einer Vorsorgevollmacht geboten und erforderlich sein
BGH – Beschluss vom 25.04.2018 – XII ZB 216/17
- Mutter erteilt einer von zwei Töchtern eine Vorsorgevollmacht
- Betreuung wird von Gerichten mit Hinweis auf die Vorsorgevollmacht abgelehnt
- BGH sieht weiteren Klärungsbedarf und hebt die Entscheidung des Landgerichts auf
Der Bundesgerichtshof hatte in einer betreuungsrechtlichen Angelegenheit über die Frage zu befinden, ob vom Gericht ein Betreuer eingesetzt werden muss, obwohl die Betroffene eine Vorsorgevollmacht erteilt hatte.
In der Angelegenheit war eine Mutter zweier Töchter an einer mittelgradigen bis schweren Demenz vom Typ Alzheimer erkrankt.
Einer ihrer Töchter hatte die Betroffene am 22.01.2014 eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht erteilt.
Nicht bevollmächtigte Tochter beantragt eine Betreuung
Die andere Tochter, die keine Vollmacht erhalten hatte, beantragte beim Amtsgericht die Einrichtung einer Betreuung für ihre Mutter.
Zur Begründung dieses Antrages führte die Antragstellerin aus, dass die Mutter bereits seit dem Jahr 2012 geschäftsunfähig gewesen sei. Dies habe ihre Schwester ausgenutzt, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen.
Mit Hinweis auf die existierende notarielle Vorsorgevollmacht lehnten das Amts- und nachfolgend auch das Landgericht die Einrichtung einer Betreuung für die Mutter ab. In Anbetracht einer bestehenden Vorsorgevollmacht sei, so das Amts- und das Landgericht, eine Betreuung nicht erforderlich.
Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof
Gegen den Beschluss des Landgerichts legte die nicht bevollmächtigte Tochter Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein.
Der BGH gab dem Rechtsmittel statt, hob den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Angelegenheit an das Landgericht zurück.
In der Begründung seiner Entscheidung führte der BGH aus, dass eine Betreuung trotz Vorliegen einer Vorsorgevollmacht erforderlich sein kann,
„wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet.“
Ist die Bevollmächtigte geeignet?
Im zu entscheidenden Fall sei der Antrag auf Anordnung einer Betreuung explizit mit der Begründung gestellt worden, die Bevollmächtigte habe die Demenzerkrankung und die Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen im Oktober 2014 in unredlicher Weise ausgenutzt, um sich eine Immobilie der Betroffenen anzueignen.
Den Vortrag der Antragstellerin, wonach ihre Schwester Grundstücke der Betroffenen unentgeltlich auf sich übertragen habe, hätte das Landgericht. So der BGH, in jedem Fall berücksichtigen müssen.
Dies hätte das Landgericht jedenfalls veranlassen müssen, sich mit der Frage der Geeignetheit der Bevollmächtigten auseinander zu setzen.
Der BGH gab dem Landgericht weiter auf, sich intensiver mit der Frage zu beschäftigen, ob die Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung im Jahr 2014 überhaupt noch geschäftsfähig war.
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