Ich bin enterbt worden - Kann ich dagegen etwas machen?
- Ist das Testament, mit dem die Enterbung angeordnet wurde, überhaupt wirksam?
- Unter Umständen kann ein Testament angefochten werden!
- War der Erblasser testierfähig, als er das Testament verfasst hat?
Hat man Kenntnis von der Tatsache erhalten, dass man als naher Angehöriger oder Ehegatte von dem Erblasser enterbt und damit auf den gesetzlichen Pflichtteil gesetzt wurde, so besteht oftmals Interesse an der Frage, ob dieser Vorgang der Enterbung rechtswirksam und unumkehrbar ist.
Tatsächlich gibt es im Falle der Enterbung eine ganze Reihe von Punkten, die im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit der Enterbung bedacht werden sollten.
Gegebenenfalls kann man eine Enterbung auch wieder rückgängig machen.
Formunwirksamkeit des Testaments
Das Gesetz sieht für die Wirksamkeit eines Testamentes oder eines Erbvertrages strenge Formvorschriften vor.
So ist ein privates Testament zwingend vom Erblasser eigenhändig zu verfassen und zu unterschreiben.
Für ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten ist Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Testament von einem Ehegatten eigenhändig niedergeschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben wird.
Ein Erbvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit gar der notariellen Beurkundung.
Wenn gegen Formvorschriften verstoßen wurde, dann ist das Testament unwirksam
Beachtet der Erblasser diese zwingenden gesetzlichen Formvorschriften nicht, so ist die letztwillige Verfügung kraft Gesetz nichtig.
In diesem Fall kann auch eine möglicherweise angeordnete Enterbung keine Geltung beanspruchen.
Soweit keine weitere - formwirksame - letztwillige Verfügung vorliegt, richtet sich die Erbfolge dann nach dem Gesetz.
Die letztwillige Verfügung verstößt gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten
Auch wenn diese Fälle nicht besonders häufig sind, so kommt es doch vor, dass ein Testament und damit auch die dort angeordnete Enterbung wegen eines Verstoßes gegen eine gesetzliche Vorschrift bzw. wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten ganz oder zum Teil nichtig ist.
In der Praxis immer wieder relevant ist beispielsweise eine Vorschrift des Heimgesetzes des Bundes bzw. der Heimgesetze einzelnen Bundesländern, die es den Trägern, Leitern, Beschäftigten und sonstigen Mitarbeitern von Heimen verbietet, sich über das vereinbarte Entgelt hinaus Vermögensvorteile versprechen oder gewähren zu lassen.
Insbesondere in Fällen, bei denen (testamentarische) Zuwendungen im Einvernehmen zwischen dem Erblasser und einem Bediensteten der Heimeinrichtung gewährt werden, so kann das Testament im Einzelfall nichtig sein.
Weiter wäre ein Testament beispielsweise dann unwirksam, wenn der Erblasser einen Begünstigten, etwa durch die Anordnung einer Auflage oder Bedingung, zu einer strafbaren Handlung anstiftet.
Nur selten ist ein Testament sittenwidrig
In extremen Ausnahmefällen kann ein Testament schließlich auch wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein.
Dabei ist allerdings immer zu berücksichtigen, dass im deutschen Recht der Grundsatz der Testierfreiheit vorherrscht und der Erblasser mit seinem Vermögen machen kann, was er will.
So stellt die Enterbung auch nächster Angehöriger grundsätzlich keinen Verstoß gegen die guten Sitten dar.
Betreuer als Alleinerbe im Testament eingesetzt - Ist das Testament sittenwidrig?
Es wurden jedoch von den Gerichten trotz dieser weitgehenden Entscheidungsfreiheit des Erblassers wiederholt Testamente für unwirksam erklärt, weil diese nach Auffassung der Gerichte gegen die guten Sitten verstießen.
So wurden Testamente für unwirksam erklärt, wenn der Erblasser die Zuwendungen an einen Begünstigten davon abhängig gemacht hat, dass dieser höchstpersönliche Lebensentscheidungen (Religionswechsel, Heirat oder Scheidung, Parteieintritt) im Sinne des Erblassers trifft.
Ebenfalls haben Gerichte Testamenten bereits die Anerkennung versagt, in denen sich Betreuer von der von ihnen betreuten Person als alleiniger Erbe haben einsetzen lassen.
Geliebtentestament ist regelmäßig wirksam
Auch wurden in der Vergangenheit von den Gerichten erbrechtliche Zuwendungen an Geliebte ("Mätressentestament";) unter bestimmten Voraussetzungen als sittenwidrig und damit unwirksam erachtet.
Hier hat jedoch auch in der Rechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten ein Umdenken stattgefunden.
Zuwendungen an Geliebte sollen nach neuer Rechtsprechung nur noch dann das Stigma der Sittenwidrigkeit haben, wenn "die Zuwendung ausschließlich den Zweck hat, geschlechtliche Hingabe zu belohnen oder zu fördern."
Letzteres hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich auf die Unwirksamkeit des Testamentes beruft.
De facto dürften Geliebtentestamente vor allem in Anbetracht dieser Beweislastverteilung kaum mehr angreifbar sein.
Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung mangels Testierfähigkeit des Erblassers
Ein von einem Testierunfähigen verfasstes Testament ist nichtig und unwirksam.
Das Gesetz beschreibt den Zustand der Testierunfähigkeit mit folgenden Worten:
Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.
Etwas verständlicher hat es der Bundesgerichtshof als oberstes deutsches Zivilgericht schon im Jahr 1958 zusammengefasst:
Wann ist der Erblasser testierunfähig?
"Bei der Beurteilung der Frage, ob der Erblasser testierfähig war oder nicht, kommt es darauf an, ob der Erblasser in der Lage war, sich über die Tragweite der Anordnungen, insbesondere über ihre Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen und die Gründe der Verfügungen ein klares Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln.";
Es ist danach in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob die freie Willensbildung des Erblassers im entscheidenden Zeitpunkt der Testamentserrichtung durch Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung ausgeschlossen war.
Beispielsweise in folgenden Fällen haben sich Gerichte in der Vergangenheit bereits mit der Frage der Testierunfähigkeit beschäftigt:
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Zu berücksichtigen ist, dass das Gesetz dem Grunde nach immer von der Testierfähigkeit eines jeden Testiermündigen (Personen ab 16 Jahren) ausgeht.
Derjenige, der sich auf die mangelnde Testierfähigkeit eines Erblassers beruft, trägt hierfür dem Grunde nach die Beweislast und muss im Streitfall ein Gericht von der Testierunfähigkeit des Erblassers überzeugen.
In der Rechtspraxis spielen hier in Streitfällen Gutachten von Neurologen, Psychiatern und Rechtsmedizinern eine große Rolle.
Anfechtung einer letztwilligen Verfügung wegen Irrtums oder Drohung
Schließlich kann ein Testament oder Erbvertrag mitsamt einer darin möglicherweise angeordneten Enterbung ganz oder zum Teil durch Anfechtung beseitigt werden, wenn die im Gesetz vorgesehenen Anfechtungsgründe vorliegen.
Ein Anfechtungsgrund ist zunächst der so genannte Inhalts- oder Erklärungsirrtum.
Der Testierende gibt eine Erklärung ab, obwohl er entweder gar keine Erklärung oder jedenfalls nicht eine Erklärung solchen Inhalts abgeben wollte.
Setzt der Erblasser beispielsweise in dem Testament seine gesetzlichen Erben ein und befindet er sich gleichzeitig über die Frage, wer denn kraft Gesetz erbberechtigt ist, im Irrtum, so stellt dies einen für eine Anfechtung relevanten Irrtum dar.
Ein weiterer zur Anfechtung berechtigender Erklärungsirrtum würde beispielsweise dann vorliegen, wenn der Erblasser in fester Überzeugung, dass ein formwirksames Testament nur vor einem Notar errichtet werden kann, ein privatschriftliches Testament verfasst.
Der Erblasser muss den Inhalt seines Testaments auch gewollt haben
Die Rechtswirkungen, die dieses privatschriftliche Testament erzeugt, waren vom Erblasser nie beabsichtigt, da er für seine Begriffe formwirksam erst vor einem Notar testieren wollte.
Er befand sich mithin in einem Irrtum. Das privatschriftliche Testament ist in diesem Fall anfechtbar.
Ein Testament ist ebenfalls anfechtbar, wenn der Erblasser durch widerrechtliche Drohung von Dritter Seite zur Abfassung des Testamentes gebracht worden ist.
Die Drohung muss dabei für den Inhalt des Testamentes kausal gewesen sein.
Der Tatbestand der Erbunwürdigkeit kann eine Erbfolge ebenfalls durcheinander bringen
Sind die Person des Drohenden und des im Testament Begünstigten identisch, so ist diese Person ohnehin erbunwürdig, § 2339 BGB.
Weiter ist eine letztwillige Verfügung dann anfechtbar, soweit "der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes bestimmt wurde."
Ein solcher Motivirrtum kann beispielsweise dann vorliegen, wenn der Erblasser in der sicheren Erwartung, dass er sich mit dem im Testament zum Alleinerben Benannten bis zu seinem Lebensende blendend versteht, die Erbeinsetzung vornimmt und es dann vor dem Erbfall zu einem nachhaltigen Zerwürfnis zwischen Erblasser und Begünstigtem kommt.
Es können nach der Rechtsprechung hier jedoch nur besonders schwerwiegende Umstände, die den Erblasser bei in Rechnung Stellung jedenfalls veranlasst hätten, abweichend zu testieren, eine Anfechtung begründen.
Anfechtung des Testaments ist möglich, wenn der Erblasser unbeabsichtigt einen Pflichtteilsberechtigten übergeht
Ein Unterfall des vorgenannten Motivirrtums ist im Gesetz ausdrücklich normiert.
Eine letztwillige Verfügung kann nämlich grundsätzlich immer dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung des Testaments geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist.
Hier sind u.a. Fälle gemeint, bei denen erst nach Errichtung seines Testaments durch den Erblasser ein weiteres Kind geboren wird, das der Erblasser aber - irrtümlich - in seinem Testament nicht bedacht hat.
Eine Anfechtung wegen Irrtums ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Erblasser den Pflichtteilsberechtigten ausdrücklich ausgeschlossen und bewusst übergangen hat.
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