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Erblasser kann die Auseinandersetzung des Nachlasses verzögern – Was sollte der Erblasser bedenken?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Macht ein Ausschluss der Auseinandersetzung tatsächlich Sinn?
  • Testamentsvollstrecker als verlängerter Arm des Erblassers
  • Erben können gegebenenfalls auf den Pflichtteil ausweichen

Hat der Erblasser in seinem Testament mehr als nur einen Erben eingesetzt oder kommen nach der gesetzlichen Erbfolge mehrere Erben zum Zuge, dann bilden diese mehreren Erben kraft Gesetz eine so genannte Erbengemeinschaft.

Der gesamte vom Erblasser hinterlassene Nachlass steht der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu. Ein Erbe allein kann keinen Anspruch auf einen einzelnen Nachlassgegenstand erheben.

Ziel einer jeden Erbengemeinschaft ist die so genannte Auseinandersetzung. Im Rahmen der Auseinandersetzung werden bestehende Nachlassverbindlichkeiten beglichen und jeder Erbe soll im Rahmen der Auseinandersetzung den Teil an der Erbschaft erhalten, der ihm nach den Festsetzungen des Erblassers in seinem letzten Willen oder aber auch nach dem Gesetz zusteht.

Nach Durchführung der Auseinandersetzung ist der Nachlass also analog den Erbquoten geteilt und jeder Erbe kann mit seinem Anteil nach Belieben verfahren.

Auseinandersetzung kann jederzeit verlangt werden

Weil die Auseinandersetzung unter mehreren Miterben so wichtig ist, bestimmt ein einzelner Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dass jeder Miterbe die Auseinandersetzung der Erbschaft jederzeit verlangen kann, § 2042 BGB.

Das bedeutet, dass jeder einzelne Erbe am Tag eins nach Eintritt des Erbfalls von den anderen Miterben verlangen kann, dass sie an Maßnahmen mitwirken, die für die Auseinandersetzung und Teilung der Erbschaft erforderlich sind.

Jeder Miterbe ist danach auf Verlangen eines anderen Miterben dazu verpflichtet, bei der Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten oder auch an der Verwertung von Nachlassgegenständen und der Verteilung des Nachlasses mitzuwirken.

Der Erblasser kann die Auseinandersetzung ausschließen

Manch einem Erblasser ist gar nicht wohl bei dem Gedanken, was mit seinem Vermögen nach seinem Ableben passiert. Das, was der Erblasser zu Lebzeiten unter Mühen aufgebaut und an Werten geschaffen hat, droht mit dem Erbfall in relativer kurzer Zeit mit dem Ziel zerschlagen zu werden, die Erbschaft möglichst rasch in „klingende Münze umzuwandeln“.

Trifft der Erblasser hier in seinem Testament keine Vorkehrungen, dann kann es kein Gericht der Welt verhindern, dass die Erben das im Nachlass befindliche Familienunternehmen, eine Sammlung wertvoller Gemälde oder auch den Familienwohnsitz nur wenige Zeit nach Eintritt des Erbfalls in Euro umtauschen.

Wer als Erblasser eine solch abprubte Veränderung der von ihm geschaffenen Werte verhindern will, hat nach § 2044 BGB die Möglichkeit, die Auseinandersetzung seines Nachlasses ganz oder auch in Teilen auszuschließen. Für einen Zeitraum von maximal 30 Jahren gilt dann für die Erben, dass kein Erbe durch eine Klage vor Gericht die Auseinandersetzung verlangen kann.

Absicherung des Ausschlusses der Auseinandersetzung durch Anordnung der Testamentsvollstreckung

Ein vom Erblasser in seinem Testament nach § 2044 BGB angeordneter Ausschluss der Auseinandersetzung kann von den Erben umgangen werden, wenn sich alle Miterben einig sind. Wenn sämtliche beteiligten Erben mitwirken, können sich die Erben demnach über den vom Erblasser geäußerten Wunsch, die Auseinandersetzung des Nachlasses zeitlich zu verschieben, hinwegsetzen.

Solch einem eigenmächtigen Vorgehen der Erben kann der Erblasser wiederum begegnen, indem er in seinem Testament nicht nur den Ausschluss der Auseinandersetzung anordnet, § 2044 BGB, sondern gleichzeitig einen Testamentsvollstrecker benennt, der seinerseits an das Auseinandersetzungsverbot gebunden ist, § 2204 BGB.

Ist Testamentsvollstreckung und ein Auseinandersetzungsverbot vom Erblasser angeordnet, dann ist eine Auseinandersetzung gegen den Willen des Erblassers vor Ablauf der vom Erblasser bestimmten Verbotsperiode nur dann möglich, wenn Erben und Testamentsvollstrecker zusammen arbeiten und sich einvernehmlich über den Willen des Erblassers hinwegsetzen.

Macht ein Auseinandersetzungsverbot auf Dauer Sinn?

Der Erblasser kann seinen Erben demnach durch die Anordnung eines Auseinandersetzungsverbotes kombiniert mit einer Testamentsvollstreckung durchaus Probleme bereiten und sie für einen sehr langen Zeitraum von den „Fleischtöpfen“, die mit der Erbschaft verbunden sein mögen, fernhalten.

Ob der Erblasser diesen Weg allerdings beschreiten will, sollte er sich gut überlegen. So verständlich das Bemühen eines Erblassers im Einzelfall auch sein mag, das von ihm Geschaffene zu bewahren, so muss jeder Erblasser auch akzeptieren, dass sich die Welt nach dem eigenen Ableben weiterdreht.

Schweißt der Erblasser durch einen Ausschluss der Auseinandersetzung mehrere Erben auf Dauer zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, dann muss er auch etwaige Spannungen, die er unter seinen Erben mit einer solchen Anordnung hervorruft, in seine Gesamtbetrachtung einkalkulieren.

Erben können reagieren

Weiter sollte der Erblasser eines nie aus dem Auge verlieren: Jeder Erbe, dem die vom Erblasser in seinem Testament angeordneten Beschwerungen (wie ein durch Auflage oder Vermächtnis angeordnetes Auseinandersetzungsverbot bzw. eine Testamentsvollstreckung) als zu belastend erscheinen, kann nach § 2306 BGB das ihm angetragene Erbe ausschlagen und dem ihm in diesem Fall zustehenden Pflichtteil geltend machen.

Die auch nur mögliche Belastung des Nachlasses mit Pflichtteilsansprüchen einzelner Erben ist aber regelmäßig ein Umstand, den ein verständiger Erblasser nach Möglichkeit vermeiden sollte.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

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