Kann der Erblasser die Auseinandersetzung des Nachlasses verhindern?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erblasser kann die Erben bei der Auseinandersetzung behindern
  • Das Gesetz sieht eine Höchstfrist von 30 Jahren vor, für die die Auseinandersetzung ausgeschlossen werden kann
  • Erben können sich einvernehmlich über den Willen des Erblassers hinwegsetzen

Die Interessenlage eines Erblassers ist in manchen Fällen eine andere als die der Erben.

Während dem Erblasser an dem Erhalt der von ihm geschaffenen Vermögenswerte gelegen ist, wollen die Erben den Nachlass möglichst rasch auseinander setzen, die Erbschaft zu Geld machen und eigene Wege gehen.

Will der Erblasser verhindern, dass der zum Nachlass gehörende Familienwohnsitz oder das von ihm aufgebaute Unternehmen bald nach dem Erbfall von den Erben veräußert werden, hat er die Möglichkeit, diesen Wunsch durch entsprechende Anordnungen in seinem Testament oder Erbvertrag umzusetzen.

Eine Motivation für den Erblasser, den Erben eine zeitnahe Auseinandersetzung des Nachlasses zu untersagen kann auch sein, dass er einen noch jungen und geschäftlich unerfahrenen Erben vor den anderen Miterben schützen will. So mag es in manchen Erbengemeinschaften tatsächlich dem Gebot der Fairness entsprechen, eine Auseinandersetzung des Nachlasses erst dann vorzunehmen, wenn alle Erben über ein gewisses Mindestalter verfügen.

Auschluss der Auseinandersetzung muss in Testament oder Erbvertrag angeordnet werden

Technisch kann der Ausschluss der Auseinandersetzung durch eine Anordnung nach § 2044 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vom Erblasser vorgenommen werden. Danach kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) „die Auseinandersetzung des Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen“.

Macht der Erblasser von dieser Möglichkeit Gebrauch, hat der einzelne Miterbe nicht mehr das Recht nach § 2042 BGB, jederzeit die Auseinandersetzung zu verlangen.

Das Auseinandersetzungsverbot kann der Erblasser als bloße Anordnung nach § 2044 BGB („Ich untersage die Auseinandersetzung des Nachlasses für einen Zeitraum von 10 Jahren nach dem Erbfall“) in sein Testament aufnehmen.

Er kann das Verbot der Auseinandersetzung aber auch als Vermächtnis formulieren, mit dem einem Miterben das Recht zugewandt wird, seine Mitwirkung bei der Auseinandersetzung zu verweigern („Erbe X erhält als Vermächtnis das Recht, dass sich die Erbengemeinschaft so lange nicht auseinandersetzen darf, als Erbe X das 20. Lebensjahr vollendet hat“).

 Schließlich kann der Erblasser der Erbengemeinschaft auch als Auflage aufgeben, dass die Auseinandersetzung zu unterbleiben hat („Den Erben mache ich zur Auflage, dass sie sich über den Nachlass bis zum Tag X nicht auseinandersetzen“).

Der Erblasser, der mit dem Gedanken spielt, ein Auseinandersetzungsverbot in seinen letzten Willen aufzunehmen, sollte auch bedenken, dass seine Anordnung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen ist.

Höchstfrist von 30 Jahren für den Ausschluss der Auseinandersetzung

So schreibt schon das Gesetz in § 2044 Abs. 2 BGB vor, dass ein Auseinandersetzungsverbot 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls unwirksam wird. Für maximal diesen Zeitraum kann der Erblasser seinen Erben demnach die Auseinandersetzung und Verwertung des Nachlasses untersagen.

Der Erblasser kann allerdings in seinem letzten Willen anordnen, dass die Verfügung, mit der die Auseinandersetzung ausgeschlossen wird, bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtnis anordnet, bis zum Eintritt der Nacherbfolge oder bis zum Anfall des Vermächtnisses gelten soll.

Weiter ist das Teilungsverbot unwirksam, wenn ein wichtiger Grund für die Auseinandersetzung vorliegt, § 2044 Abs. 1 BGB i.V.m. § 749 Abs. 2 und 3 BGB.

Ist das Auseinandersetzungsverbot zeitlich befristet, so endet es im Zweifel mit dem Tod eines Miterben, § 2044 Abs. 1 BGB i.V.m. § 750 BGB.

Miterben können sich gemeinsam über den Willen des Erblassers hinwegsetzen

Und schließlich muss der Erblasser damit rechnen, dass sich die Miterben einvernehmlich über das von ihm ausgesprochene Auseinandersetzungsverbot hinwegsetzen. Sind sich die Miterben nämlich in ihrer Vorgehensweise einig und Verteilen und Veräußern sie nachfolgend den Nachlass, so sind solche Rechtsgeschäfte gegenüber Dritten grundsätzlich wirksam.

Das Auseinandersetzungsverbot schränkt die Miterben nur in ihrem Recht ein, die Teilung des Nachlasses überhaupt verlangen zu können. Wenn aber unter den Miterben Einigkeit über die Frage der Nachlassauseinandersetzung herrscht, sind sie durch das Verbot des Erblassers nicht gehindert.

Der Erblasser kann lediglich versuchen, sein Verbot durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers abzusichern. Dieser ist grundsätzlich an die Anordnungen des Erblassers gebunden und muss ein Auseinandersetzungsverbot auch durchsetzen.

Aber auch der Testamentsvollstrecker kann sich, gemeinsam mit einvernehmlich handelnden Erben, über das Verbot der Auseinandersetzung hinweg setzen.

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