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Welches Recht gilt für ausländischen Erblasser?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Die Ausführungen in diesem Kapitel gelten lediglich für Erbfälle, die sich vor dem 17.08.2015 ereignet haben. Erbfälle nach dem 17.08.2015 beurteilen sich ausschließlich nach den Regeln in Art. 20 ff. EuErbVO.

Das Erbrecht in Deutschland ist materiell in den §§ 1922 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. In den allermeisten Fällen reichen diese Normen auch aus, um einen erbrechtlichen Fall lösen zu können.

Tatsächlich bietet das bundesdeutsche Recht aber nicht auf alle Fälle eine Antwort auf rechtliche Fragestellungen, die mit einem Erbrechtsfall verbunden sind. Immer dann, wenn ein Erbfall (auch) Auslandsbezug hat, muss zur Lösung des Falles unter Umständen auch ausländisches Recht herangezogen werden.

So muss beispielsweise dann, wenn ein Erblasser nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hatte, geprüft werden, nach welchem Recht sich die Abwicklung der Erbschaft richtet.

Artikel 3 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) enthält insoweit einen grundlegenden Hinweis auf das im Kollisionsfall anzuwendende Recht. Danach gehen nämlich staatsvertragliche Regelungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem anderen Staat bei der Beantwortung der Frage, welches Recht auf einen Erbfall anwendbar ist, grundsätzlich vor. Nur wenn kein Staatsvertrag anwendbar ist, kommt mit dem Artikel 25 EGBGB so genanntes innerstaatliches Kollisionsrecht zur Anwendung.

Entsprechende Staatsverträge gibt es zwischen Deutschland und der Türkei mit dem deutsch-türkischen Konsularvertrag vom 28.05.1929, mit der russischen Föderation durch den deutsch-sowjetischen Konsularvertrag vom 25.04.1958, mit dem Iran durch das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17.02.1929.

Kommt keiner dieser Verträge zur Anwendung, dann kommt zur Klärung der Frage des anwendbaren Rechts innerdeutsches Kollisionsrecht zur Anwendung. Nach Artikel 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich dem Recht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte.

Dies bedeutet dem Grunde nach, dass sich beispielsweise die Abwicklung eines Erbfalls eines in Deutschland verstorbenen Österreichers, Amerikaners oder Spaniers nach dem jeweiligen Heimatlandes des Erblassers richtet. Davon ist sämtliches Vermögen des ausländischen Erblassers erfasst, gleich ob es sich um bewegliches oder unbewegliches Vermögen handelt und unabhängig davon, ob es im In- oder Ausland belegen ist.

Bei staatenlosen Erblassern richtet sich das Erbrecht nach dem Staat, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Artikel 5 Abs. 2 EGBGB.

Soweit der Erblasser mehrere Staatsangehörigkeiten, darunter aber auch die deutsche, besaß, geht die deutsche Staatsangehörigkeit bei der Frage des anzuwendenden Rechts vor, Artikel 5 Abs. 1 EGBGB. Auf diesen Fall ist demnach deutsches Recht anwendbar.

Weiter verkompliziert wird die Suche nach dem anzuwendenden Recht durch die einem ausländischen Erblasser offen stehende Möglichkeit, für in Deutschland befindliches unbewegliches Vermögen (Immobilien) die Anwendbarkeit deutschen Rechts zu wählen. Soweit ein Ausländer eine solche Rechtswahl zugunsten der Anwendung deutschen Rechts für sein in Deutschland befindliches unbewegliches Vermögen getroffen hat, kann demnach der Fall eintreten, dass ein und derselbe Erbfall zum Teil nach deutschem, zum Teil nach ausländischem Recht zu beurteilen ist.

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