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Nacherbe muss für Auskunftsanspruch gegen Vorerben die Erbschaft ausschlagen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Karlsruhe – Urteil vom 18.06.2014 – 9 U 147/13

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte im Rahmen eines Berufungsverfahrens darüber zu entscheiden, ob ein von einem Nacherben geltend gemachter Auskunftsanspruch begründet ist.

In der Sache war die Erblasserin am 12.11.2009 verstorben. Die Erblasserin hatte einen Sohn und ihren Ehemann hinterlassen.

Am 12.06.2008 hatte die Erblasserin ein privates Testament errichtet. In diesem Testament hatte sie ihren Sohn als alleinigen Erben eingesetzt.

Auf Grundlage dieses Testaments hatte das Nachlassgericht dem Sohn einen Erbschein erteilt, der ihn als Alleinerben nach dem Tod seiner Mutter auswies.

Nach Erteilung des Erbscheins an den Sohn legte der Vater aber dem Nachlassgericht ein weiteres, allerdings gemeinschaftliches Testament, vor, das am 29.05.1996 von den Eheleuten errichtet worden war. Dieses Testament sah vor, dass sich die Eheleute wechselseitig zu Vorerben einsetzten. Nacherben sollten nach diesem gemeinsamen Testament der Sohn der Erblasserin und ein weiterer Sohn des Vaters sein.

Dieses gemeinsame Testament wies allerdings die Besonderheit auf, dass es zerrissen war, als es aufgefunden wurde. Vater und Sohn stritten sich in der Folge vor Gericht über die Wirksamkeit dieses zerrissenen Testaments. Im Ergebnis bejahte das Nachlassgericht und das OLG als Beschwerdegericht die Wirksamkeit, da sich „nicht feststellen lasse, dass das nachträgliche Zerreißen in gemeinsamer Widerrufsabsicht beider Eheleute erfolgt sei“. Der dem Sohn erteilte Erbschein wurde nach dieser Entscheidung eingezogen.

Nachdem der Streit um den Erbschein zu Ungunsten des Sohnes ausgegangen war, erhob der Sohn gegen seinen Vater Klage. Er machte gegen seinen Vater Pflichtteilsansprüche geltend und nahm seinen Vater aus § 2314 BGB auf Erteilung von Auskünften über den Bestand des Nachlasses in Anspruch.

Am 06.09.2013 wies das Landgericht auch diese Klage des Sohnes ab und verwies darauf, dass der Sohn nach dem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 1996, das beide Parteien in der Zwischenzeit als wirksam unterstellten, die Position eines hälftigen Nacherben habe. Dem Sohn würden mithin keine Pflichtteilsansprüche und demfolgend auch kein Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB zustehen.

Der Sohn reagierte auf dieses Urteil in zweierlei Hinsicht. Zum einen legte er Berufung zum Oberlandesgericht ein und zum anderen erklärte er mit Datum vom 24.09.2013 gegenüber dem Notariat die Ausschlagung der (Nach-)Erbschaft.

Nach dieser Ausschlagung musste das Oberlandesgericht das Urteil erster Instanz aufheben. Mit der Ausschlagung der Nacherbschaft erhielt der Sohn die Stellung eines Pflichtteilsberechtigten nach dem Tod seiner Mutter, § 2306 BGB. Als nunmehr Pflichtteilsberechtigter standen dem Sohn auch die geltend gemachten Auskunftsansprüche nach § 2314 BGB gegen seinen Vater als Vorerben zu.

Die Tatsache, dass der Sohn die Begründetheit seiner Klage erst in zweiter Instanz durch die von ihm erklärte Ausschlagung herbeigeführt hatte, wirkte sich allerdings in der Kostenentscheidung des Oberlandesgerichts aus. Obwohl er das Berufungsverfahren gewonnen hatte, musste der Sohn die kompletten Kosten des Berufungsverfahrens übernehmen.

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