Auskunftsansprüche von Miterben untereinander

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Dem Grunde nach besteht unter Miterben keine wechselseitige Auskunftspflicht.
  • In speziellen Fällen billigt das Gesetz dem Miterben einen Auskunftsanspruch zu.
  • Ausnahmsweise besteht für den Miterben ein Anspruch auf Auskunft nach Treu und Glauben.

Hat der Erblasser mehr als nur einem Erben sein Vermögen hinterlassen, dann bilden die mehreren Erben kraft Gesetz eine so genannte Erbengemeinschaft.

Die in der Erbengemeinschaft verbundenen Erben haben mehrere Aufgaben zu erfüllen.

Sie müssen Nachlassverbindlichkeiten begleichen, den Nachlass verwalten und die Erbschaft schließlich gemäß den Anordnungen des Erblassers untereinander aufteilen.

Eine Erbengemeinschaft ist selten einer Meinung

Eine Mehrheit von Erben ist dabei nur in den seltensten Fällen eine verschworene Gemeinschaft, die alle nur das hehre Ziel der selbstlosen Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses verfolgen.

In der Praxis verfolgen die einzelnen Miterben vielmehr häufig höchst egoistische Ziele und versuchen etwaig vorhandenes Spezialwissen eifersüchtig vor den anderen Erben zu schützen.

Kaum Wunder, dass es bei Streitfällen innerhalb von Erbengemeinschaften auch immer wieder um die Frage geht, ob und in welchem Umfang die Miterben untereinander zur Auskunft und Information verpflichtet sind.

Keine allgemeine Auskunftspflicht unter Miterben

Wenn ein Miterbe dringenden Informationsbedarf verspürt und sich der von ihm befragte Miterbe schlicht weigert, die erbetenen Auskünfte zu erteilen, so kann dem Anspruchsteller oft geholfen werden.

Zwar lehnt die Rechtsprechung eine allgemeine wechselseitige Auskunftspflicht unter Miterben ab (vgl. BGH NJW-RR 1989,450), jedoch existieren im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zahlreiche auskunftsrechtliche Sondervorschriften, die im Einzelfall Auskunftsansprüche für den Miterben begründen.

Und wenn diese Vorschriften einmal nicht weiterhelfen sollten, versuchen die Gerichte durch Anwendung der Generalnorm in § 242 BGB zu „gerechten“ Ergebnissen zu kommen.

Auskunftsrechtliche Sondervorschriften für den Miterben

Ist ein Miterbe für die Erbengemeinschaft tätig geworden und wollen die übrigen Miterben über die näheren Umstände oder den Stand des Handelns des Miterben Einzelheiten erfahren, dann eröffnet § 666 BGB den Miterben einen umfassenden Auskunftsanspruch.

Der handelnde Miterbe hat „über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.“

Diese Verpflichtung trifft den handelnden Miterben sowohl dann, wenn er im Auftrag der Miterben tätig geworden ist, als auch dann, wenn er eigenmächtig gehandelt hat, § 681 BGB.

Erblasser und Miterbe als Hausgenossen

Hat ein einzelner Miterbe Nachlassgegenstände in Besitz genommen, so ist er nach § 2027 BGB verpflichtet, den Miterben über den Verbleib dieser Nachlassgegenstände Rede und Antwort zu stehen.

Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, der nicht als Miterbe sondern als Hausgenosse und Mitbewohner des Erblassers über Nachlassgegenstände verfügt hat, § 2028 BGB.

Nach § 2057 BGB hat weiter jeder Abkömmling des Erblassers als gesetzlicher Erbe (und im Falle des § 2052 BGB) anderen Abkömmlingen des Erblassers auf Verlangen Auskunft über die vom Erblasser zu Lebzeiten erhaltenen Zuwendungen zu erteilen, die nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen sind.

§§ 2121 und 2127 BGB begründen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten im Verhältnis von Vor- zu Nacherbe.

§ 2314 BGB formuliert schließlich eine Auskunftsverpflichtung des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten.

Auskunftsanspruch nach der Generalklausel des § 242 BGB

Kommt der Miterbe mit den vorstehend geschilderten Auskunftsansprüchen nicht zum gewünschten Ziel, kann geprüft werden, ob der in Anspruch genommene Miterbe nach „Treu und Glauben“ dazu verpflichtet ist, die erbetene Information mitzuteilen.

In Anbetracht des eher vagen Gesetzestextes in § 242 BGB

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Voraussetzungen für einen auf diese Norm gestützten Auskunftsanspruch unter Miterben keine scharfen Konturen haben.

Vielmehr wird von den Gerichten zugunsten eines Miterben ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB jeweils „nach den Umständen des Einzelfalls“ zugesprochen oder versagt.

Voraussetzung für einen Anspruch nach § 242 BGB ist immer, dass sich der Miterbe und Anspruchsteller unverschuldet die erbetenen Auskünfte nicht selber beschaffen kann und es dem in Anspruch genommenen Miterben unproblematisch möglich ist, die Auskünfte zu erteilen.

Auch muss es dem in Anspruch genommenen Miterben zumutbar sein, die Auskunft zu erteilen.

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