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Verschiedene Arten von Vermächtnissen

Von: Dr. Georg Weißenfels

Das Stückvermächtnis

Mittels eines so genannten Stückvermächtnisses ordnet der Erblasser in seinem Testament oder in einem Erbvertrag an, dass der durch das Vermächtnis Begünstigte im Erbfall einen bestimmten Gegenstand erhalten soll. Diese Art des Vermächtnisses ist in der Praxis am häufigsten anzutreffen.

Der vermachte Gegenstand kann dabei eine Sache (z.B. die goldene Uhr des Erblassers) oder auch eine Forderung oder ein sonstiges Recht (z.B. der Anspruch auf Ausschüttung eines Gewinns aus einem Gesellschaftsanteil) sein.

Das Gesetz enthält eine Vermutungsregel dahingehend, dass ein Vermächtnis grundsätzlich nur dann wirksam ist, wenn der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls noch zum Nachlass gehört. Maßgeblich ist für diese Beurteilung immer der Todeszeitpunkt, nicht etwa der Zeitpunkt der Abfassung des Testaments. Hatte also der Erblasser noch zu Lebzeiten seine goldene Uhr verschenkt oder den Anspruch auf Gewinnausschüttung abgetreten, dann entfällt der Anspruch aus dem Vermächtnis grundsätzlich.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der durch das Vermächtnis Begünstigte im Streitfall darzulegen und zu beweisen. Möglich ist nämlich, dass der Erblasser ein so genanntes Verschaffungsvermächtnis ausgesetzt hat. Die Einzelheiten hierzu sind weiter unten nachzulesen.

War der Erblasser nur Besitzer - und nicht Eigentümer - einer Sache und hat er diese Kraft Vermächtnis übertragen, dann gilt im Zweifel der Besitz an der Sache als vermacht. Hat jedoch der rechtmäßige Eigentümer der Sache bereits Herausgabeansprüche geltend gemacht und weiß dies der Vermächtnisnehmer, dann kann er auch keine Besitzansprüche geltend machen.

Hat der Erblasser den Vermächtnisgegenstand noch zu Lebzeiten käuflich veräußert und befindet sich der Erlös noch im Nachlass, so kann der Vermächtnisnehmer trotzdem grundsätzlich keinen Anspruch dahingehend geltend machen, dass er nunmehr anstatt des Vermächtnisgegenstandes den Kauferlös erhält. Anders ist es, wenn der Vermächtnisgegenstand nach Anordnung des Vermächtnisses zerstört worden ist und beispielsweise ein Wertersatzanspruch gegen eine Versicherung besteht. Dieser Anspruch gilt dann wiederum im Zweifel als vermacht.

Der Vermächtnisnehmer kann in Ermangelung abweichender Bestimmungen in Testament oder Erbvertrag keine Gewährleistungsrechte gegen den mit dem Vermächtnis beschwerten Erben oder anderen Vermächtnisnehmer geltend machen. Ist demnach die Kraft Vermächtnis übertragene goldene Uhr des Erblassers defekt, dann muss der Vermächtnisnehmer mit diesem Zustand leben. Er hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Nachbesserung.

Das Wahlvermächtnis

Der Erblasser hat die Möglichkeit, mit Hilfe eines so genannten Wahlvermächtnisses anzuordnen, dass der Vermächtnisnehmer von mehreren Gegenständen nur einen erhalten soll.

Zur wirksamen Aussetzung eines Wahlvermächtnisses gehört zunächst die Bestimmung der Person, die mit dem Vermächtnis bedacht wird. Weiter muss eine konkrete Bezeichnung der Gegenstände vorgenommen werden, aus der ausgesucht werden kann. Schließlich ist noch zu klären, wer die Auswahl treffen soll. Dies kann der Vermächtnisnehmer, der mit dem Vermächtnis Beschwerte, aber auch jeder Dritte (etwa ein Testamentsvollstrecker) sein. Hat der Erblasser vergessen, einen Wahlberechtigten in seinem Testament zu benennen, dann gilt im Zweifel der mit dem Testament Beschwerte als wahlberechtigt.

Vermächtnisnehmer und Dritter üben ihr Wahlrecht durch Erklärung gegenüber dem mit dem Vermächtnis Beschwerten aus.

Nach Ausübung des Wahlrechts hat dann der Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf Übereignung des jetzt konkretisierten Gegenstandes.

Das Quotenvermächtnis

Der Erblasser hat mit Hilfe eines so genannten Quotenvermächtnisses die Möglichkeit, einem Vermächtnisnehmer eine gewisse Quote vom Gesamtnachlass zukommen zu lassen.

So kann beispielsweise angeordnet werden, dass der Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf Geldzahlung gegen den Erben in Höhe eines Zehntels des Gesamtnachlasses hat.

Gerade wenn höhere Quoten zugewandt werden, ist es zuweilen schwierig, ein Quotenvermächtnis von einer Erbeinsetzung abzugrenzen.

Vorteile bietet ein Quotenvermächtnis, da der Erblasser die Zuwendung unabhängig von Inflation und Geldwertschwankung gestalten kann. Mag die inflationsbedingte Geldentwertung bis zum Erbfall auch noch so hoch sein, der Bedachte soll jedenfalls einen genau definierten Anteil am Nachlass haben.

Das Gattungsvermächtnis

Der Erblasser hat mit Hilfe eines Gattungsvermächtnisses die Möglichkeit, dem Vermächtnisnehmer eine nur allgemein und nicht konkret beschriebene Sache zukommen zu lassen.

So kann der Erblasser beispielsweise anordnen, dass eine bestimmte Person nach seinem Tod zwei Werke von dem Künstler Günther Uecker erhalten soll. Die kraft Vermächtnis zugewandte Sache ist hier also nicht konkret, sondern nur abstrakt beschrieben.

Gibt der Erblasser in seinem Testament keine weiteren Hinweise, dann kann der mit dem Vermächtnis Beschwerte die Sachen aussuchen und konkret bestimmen. Der Beschwerte hat allerdings, so ordnet es das Gesetz an, "eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache zu leisten";. Ob die konkrete Sache den Verhältnissen des Bedachten entspricht, kann Gegenstand längerer gerichtlicher Auseinandersetzungen sein. Man vermeidet solch einen Streit durch hinreichend konkrete Anordnungen im Testament.

Das Vorausvermächtnis

Von einem Vorausvermächtnis spricht man, wenn einem von mehreren Erben zusätzlich zu seinem Erbteil etwas zugewandt werden soll, ohne dass sich der Miterbe diesen zusätzlichen Vermögensvorteil auf seinen Erbteil anrechnen lassen muss.

Ein Vorausvermächtnis kann unabhängig von dem gleichzeitig zugewandten Erbteil geltend gemacht werden.

Der Erblasser hat mit Hilfe des Vorausvermächtnisses die Möglichkeit, einen Erben unter mehreren herauszuheben und ihn besonders zu begünstigen.

Weiter wird der mit einem Vorausvermächtnis Begünstigte auch haftungsmäßig besser gestellt, da der Vermächtnisgegenstand nach Erfüllung des Vermächtnisses grundsätzlich nicht mehr für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Der Erbe und Vorausvermächtnisnehmer muss ebenfalls nicht auf eine oftmals langwierige Auseinandersetzung des Nachlasses warten, sondern kann seinen Anspruch aus dem ausgesetzten Vermächtnis sofort geltend machen.

Insbesondere wenn der Erblasser im konkreten Fall einzelne Vermögensgegenstände verschiedenen Miterben zuweist, muss durch Auslegung des Testamentes ermittelt werden, ob mit diesen Anordnungen tatsächlich ein Vorausvermächtnis verbunden ist oder der Erblasser nur mit Hilfe einer bloßen Teilungsanordnung die Abwicklung seines Nachlasses regeln wollte.

Späterer Streit kann auch hier durch eindeutige Anordnungen im Testament vermieden werden.

Das Ersatzvermächtnis

Ebenso wie bei der Regelung der Erbfolge hat der Erblasser auch im Vermächtnisrecht die Möglichkeit, Vorsorge für den Fall zu treffen, dass der mit einem Vermächtnis Bedachte den Erbfall selber nicht mehr erlebt oder der Begünstigte das Vermächtnis ausschlägt.

Für diesen Fall kann der Erblasser in seinem Testament einen Ersatzvermächtnisnehmer bestimmen, der an die Stelle des weggefallenen ursprünglichen Vermächtnisnehmers treten soll.

Es empfiehlt sich jedenfalls im Testament eine eindeutige Regelung zu treffen, ob ein Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt werden soll oder nicht.

Das Zweckvermächtnis

Von einem Zweckvermächtnis spricht man, wenn der Erblasser in seinem Testament anordnet, dass mit dem Vermächtnis bei dem Begünstigten ein bestimmter Zweck verfolgt wird und die konkrete Leistungsbestimmung einem Dritten überlassen wird.

So ist beispielsweise die Anordnung, wonach der Neffe A aus dem Nachlass die notwendigen Mittel zur Bestreitung einer zweiwöchigen Reise in die USA erhalten soll und der beschwerte Erbe die hierfür notwendigen Mittel nach billigem Ermessen bereitstellen muss, ein Zweckvermächtnis.

Die Anordnungen des Erblassers müssen jedenfalls immer so eindeutig sein, dass für den mit dem Vermächtnis Beschwerten genügend Hinweise zur Ausübung des billigen Ermessens und zur Vollziehung des Vermächtnisses gegeben sind.

Ungeeignet wäre im Rahmen eines Zweckvermächtnisses beispielsweise die pauschale Anordnung einer unbezifferten Geldleistung "um dem Vermächtnisnehmer eine Freude zu machen";. Hier hätte weder der mit dem Vermächtnis Beschwerte noch im Streitfall ein Gericht die Möglichkeit, die Höhe der zugewendeten Leistung zu bestimmen.

Das Verschaffungsvermächtnis

Oben wurde darauf hingewiesen, dass ein Vermächtnis grundsätzlich nur dann wirksam ist, wenn sich der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls im Nachlass befindet.

Von diesem Grundsatz ist dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Erblasser - auch bei Kenntnis der Nichtzugehörigkeit des Vermächtnisgegenstandes zum Nachlass - zu erkennen gegeben hat, dass er die Zuwendung des Vermögensgegenstandes an den Vermächtnisnehmer in jedem Fall wollte.

In diesen Fällen hat der mit dem Vermächtnis Beschwerte den vermachten Gegenstand zu beschaffen und dem Vermächtnisnehmer zu übereignen.

Als starkes Indiz für die Anordnung eines Verschaffungsvermächtnisses kann regelmäßig gewertet werden, dass der Erblasser bei Anordnung des Vermächtnisses wusste, dass sich der Vermächtnisgegenstand nicht in seinem Eigentum, und damit nicht im Nachlass befindet.

Im Streitfall hat der mit dem Vermächtnis Beschwerte zu beweisen, dass der Vermächtnisgegenstand nicht zum Nachlass gehört. Gelingt ihm dieser Nachweis, dann ist es am Vermächtnisnehmer zu beweisen, dass vom Erblasser gewollt war, dass die Anordnung des Vermächtnisses trotzdem wirksam ist und der Gegenstand von dem Beschwerten zu verschaffen ist.

Das Untervermächtnis

Mit einem Untervermächtnis hat der Erblasser die Möglichkeit, einen Vermächtnisnehmer seinerseits mit einem weiteren Vermächtnis zugunsten einer dritten Person zu belasten.

Der Hauptvermächtnisnehmer braucht das Untervermächtnis aber erst dann zu erfüllen, wenn sein eigenes Vermächtnis fällig geworden ist.

Ebenfalls kann der Hauptvermächtnisnehmer die Erfüllung des Untervermächtnisses insoweit verweigern, als dasjenige, was ihm zugewendet wurde, betragsmäßig das Untervermächtnis nicht übersteigt.

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