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Erbe wird man schnell – Beim Vermächtnis kann es dauern

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbe wird man in der Sekunde des Todes des Erblassers
  • Ein Vermächtnisnehmer muss manchmal um sein Recht kämpfen
  • Im Streitfall sollte der Vermächtnisnehmer seinen Anspruch absichern

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Erbschaft“ und „Vermächtnis“ immer wieder durcheinander geschmissen. Sogar in Testamenten finden sich zuweilen Formulierungen, wonach ein Erblasser seinen kompletten Nachlass an eine Person „vermacht“, wobei damit in den meisten Fällen eine Erbeinsetzung gemeint ist.

Eine Erbschaft und ein Vermächtnis haben tatsächlich in rechtlicher Hinsicht nichts miteinander zu tun und folgen grundlegend anderen Prinzipien.

Erbe wird man automatisch

Der im Testament benannte oder gesetzliche Erbe wird in der Sekunde des Ablebens des Erblassers kraft Gesetz dessen Rechtsnachfolger. Ohne dass ein weiterer Zwischenschritt oder eine amtliche Bestätigung erforderlich wäre, geht das Eigentum an allen Vermögensgegenständen, die ehedem dem Erblasser gehört haben, auf den Erben über. Dieser Rechtsübergang ist insbesondere unabhängig von jeder nachlassgerichtlichen Testamentseröffnung oder der Erteilung eines Erbscheins. Man wird mit Eintritt des Erbfalls gleichsam automatisch Erbe und Rechtsnachfolger des Erblassers, § 1922 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Der Vermächtnisnehmer muss seinen Anspruch geltend machen

Durch ein in einem Testament ausgesetztes Vermächtnis verschafft der Erblasser einem so genannten Vermächtnisnehmer im Vergleich zum Erben eine gänzlich andere Rechtsstellung.

Durch ein Vermächtnis erhält der Vermächtnisnehmer lediglich einen Anspruch gegen den Erben, den der Vermächtnisnehmer nach Eintritt des Erbfalls (zumeist) beim Erben anmelden und nötigenfalls durchsetzen muss, § 1939 BGB.

Der Vermögensvorteil, den der Erblasser dem Vermächtnisnehmer, liegt rechtlich und wirtschaftlich mit Eintritt des Erbfalls in jedem Fall zunächst beim Erben. Erst in einem zweiten Schritt wird der Vermögensgegenstand an den Vermächtnisnehmer vom Erben übertragen und übereignet bzw. abgetreten.

Interimsphase ist für den Vermächtnisnehmer kritisch

Die Tatsache, dass der Vermächtnisnehmer mit dem Erbfall lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch und nicht direkt das Eigentum an dem Vermächtnisgegenstand erwirbt, birgt für den Vermächtnisnehmer durchaus Gefahren.

Er ist nämlich darauf angewiesen, dass der Erbe bereit ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen und den Vermögensgegenstand auf ihn zu übertragen. Hat der Erbe andere Pläne, muss der Vermächtnisnehmer nach Eintritt des Erbfalls rasch reagieren, um keinen Rechtsverlust zu erleiden.

Die Gefahr für den Vermächtnisnehmer besteht darin, dass der Erbe als berechtigter neuer Eigentümer des kompletten Nachlasses jeden einzelnen Nachlassgegenstand, und damit auch den Vermächtnisgegenstand, jederzeit veräußern und auf einen Dritten übertragen kann. Zieht der Erbe eine solche Aktion durch, hat der Vermächtnisnehmer zwar einen Schadensersatzanspruch gegen den Erben. Den Vermächtnisgegenstand sieht er aber nicht mehr wieder.

Sicherungsmittel für den Vermächtnisnehmer

Bekommt der Vermächtnisnehmer Wind davon, dass der Erbe den Vermächtnisgegenstand nicht herausgeben will, sondern ganz eigene Pläne damit hat, muss der Vermächtnisnehmer schnell reagieren.

Einen Vermächtnisanspruch auf Übereignung eines Grundstücks kann man nach Eintritt des Erbfalls mittels einer so genannten Vormerkung im Grundbuch sichern, § 883 BGB. Eine Geldforderung kann man durch einen so genannten Arrest sichern lassen, §§ 916, 917 ZPO (Zivilprozessordnung).

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