Der Testamentsvollstrecker kann für den Nachlass Prozesse führen

Von: Dr. Georg Weißenfels

Hat der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet, dann hat er damit dem Testamentsvollstrecker regelmäßig eine starke Rechtsstellung verschafft.

Gerade im Verhältnis zum Erben – und natürlich auch im Verhältnis zu jedem sonstigen Dritten – ist der Testamentsvollstrecker derjenige, der die Macht über den Nachlass ausübt.

Nach § 2205 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist alleine der Testamentsvollstrecker – und gerade nicht der Erbe – berechtigt, den kompletten Nachlass in Besitz zu nehmen.

Weiter gebührt das Recht, über einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen, für die Dauer der Testamentsvollstreckung alleine dem Vollstrecker.

Für Erben, die nach dem Eintritt des Erbfalls ein namhaftes Vermögen geerbt haben, ist es zuweilen sehr gewöhnungsbedürftig, diese vorrangige Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers zu akzeptieren.

Nur der Testamentsvollstrecker kann für den Nachlass Klagen erheben

Damit der Vollstrecker sein Amt effektiv ausüben kann, gewährt ihm das Gesetz in § 2212 BGB die ausdrückliche Befugnis, Rechte für den Nachlass vor Gericht geltend zu machen.

Alleinige Voraussetzung für dieses Prozessführungsrecht ist, dass das fragliche Recht der Verwaltung des Testamentvollstreckers unterliegt. Ist der Vollstrecker für die Geltendmachung des Rechts zuständig, darf nur er – und nicht der Erbe – für den Nachlass vor Gericht ziehen und Klage erheben.

Der Erbe selber kann vom Testamentsvollstrecker für die gerichtliche Geltendmachung eines zum Nachlass zählenden Anspruchs lediglich ermächtigt werden. Soweit der Testamentsvollstrecker aber zu einer solchen Ermächtigung nicht bereit ist, kann der Erbe diese Frage lediglich auf Grundlage von § 2216 BGB – ebenfalls gerichtlich – klären lassen oder – noch weitergehend – beim Nachlassgericht beantragen, den Vollstrecker zu entlassen, § 2227 BGB.

Ein eigenes Klagerecht des Erben für einen der Testamentsvollstreckung unterliegenden Anspruch kann sich ausnahmsweise auch aus der letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) des Erblassers ergeben. Soweit der Erblasser also in seinem letzten Willen ausdrücklich angeordnet hat, dass (auch) der Erbe befugt sein soll, für den Nachlass Klage zu erheben, so ist eine solche Anordnung rechtlich möglich.

Der Testamentsvollstrecker verliert sein Prozessführungsrecht in dem Moment, in dem er auch die Verfügungsmacht über den betreffenden Nachlassgegenstand verliert. Gibt der Vollstrecker beispielsweise zugunsten des Erben einen konkreten Nachlassgegenstand frei, so verliert er nicht nur sein Besitz- und Verfügungsrecht, sondern auch seine Prozessführungsbefugnis in Bezug auf den konkreten Gegenstand.

Welche Wirkung hat eine Klage des Testamentsvollstreckers?

Nach § 327 ZPO (Zivilprozessordnung) wirkt ein Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergangen ist, für und gegen den Erben.

Der Testamentsvollstrecker klagt zwar in eigenem Namen und auch grundsätzlich auf Leistung an sich selber. Der Erbe hat das Ergebnis dieses Prozesses aber gegen sich gelten zu lassen. Verliert der Testamentsvollstrecker also den für den Nachlass angestrengten Prozess, so macht es für den Erben – auch nach Beendigung der Testamentsvollstreckung – keinen Sinn, den Anspruch im eigenen Namen nochmals rechtshängig zu machen.

Aus einem vom Testamentsvollstrecker erwirkten Urteil kann der Erbe nach Beendigung der Testamentsvollstreckung auch nicht ohne weiteres selber die Zwangsvollstreckung betreiben. Der Erbe muss sich vielmehr eine auf ihn lautende vollstreckbare Ausfertigung des Titels besorgen. Hierzu muss er zum einen seine Erbenstellung und zum anderen nachweisen, dass die Testamentsvollstreckung tatsächlich beendet worden ist.

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