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Erbeinsetzung, Universalvermächtnis oder Zweckauflage? Was will der Erblasser? Testament muss ausgelegt werden!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 03.02.2017 – 34 Wx 342/16

  • Erblasser hinterlässt unklares privates Testament
  • Beteiligte und Grundbuchamt streiten darüber , ob das Testament eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis enthält
  • OLG: Die Anordnung im Testament ist eine Auflage

Das Oberlandesgericht München hatte in einer grundbuchrechtlichen Angelegenheit den Inhalt eines Testaments zu ermitteln.

In der Angelegenheit war der Erblasser kinderlos und unverheiratet verstorben.

In seinem handschriftlichen Testament hatte der Erblasser unter anderem folgendes angeordnet:

"Ich habe keine Verwandten die in der Erbfolge nahe stehen (Geschwister, Eltern, Großeltern).Die weiteren leiblichen Verwandten sollen aus meinem Vermögen keine Zuwendungen erhalten.
Mein restliches Vermögen soll möglichst einer Initiative von älteren Menschen für ältere Menschen zugute kommen.
Die Immobilie soll möglichst gewinnbringend verkauft werden und die daraus gewonnenen Mittel gemäß a eingesetzt werden."

Weiter hatte der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet.

Testamentsvollstreckerin will das Grundstück zu Geld machen

Nach dem Ableben des Erblassers wurde die in dem Testament eingesetzte Testamentsvollstreckerin aktiv:

Sie übertrug ein Nachlassgrundstück an eine lokale Bürgerstiftung. In der gleichen notariellen Urkunde verkaufte die Bürgerstiftung das fragliche Grundstück an einen dritten Erwerber zu einem Kaufpreis von 345.000 Euro weiter.

Das Grundbuch sollte, so der Wille der Parteien, direkt auf den Erwerber des Grundstücks umgeschrieben werden. Weiter bewilligten die Beteiligten in der notariellen Urkunde die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch.

In der notariellen Urkunde hielten die Beteiligten fest, dass Ihrer Auffassung nach der Erblasser in seinem Testament ein Universalvermächtnis ausgesetzt habe und der Nachlass einer von der bestellten Testamentsvollstreckerin zu bestimmenden sozialen Einrichtung als Vermächtnis zugewendet werden soll.

Grundbuchamt verweigert den Vollzug des Geschäftes

Das zuständige Grundbuchamt weigerte sich aber, die beantragte Grundbuchänderung zu vollziehen. Das Grundbuchamt ließ die Beteiligten wissen, dass in dem Testament keine Vermächtnisanordnung, sondern eine Erbeinsetzung zu sehen sei. Die Testamentsvollstreckerin sei aufgefordert, einen Erben zu benennen.

Gegen diese Weigerung des Grundbuchamtes legten die Beteiligten Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Die zulässige Beschwerde hatte in der Sache aber keinen Erfolg und wurde vom OLG zurückgewiesen.

In der Begründung seiner Beschwerde führte das OLG aus, dass die Testamentsvollstreckerin derzeit nicht berechtigt sei, über die Immobilie zu verfügen. Insbesondere habe die Testamentsvollstreckerin vorliegend nicht in Erfüllung des Testaments gehandelt.

OLG bewertet die Anordnung als Zweckauflage

Das OLG wertete die Anordnung des Erblassers in seinem Testament, wonach sein Vermögen „möglichst einer Initiative von älteren Menschen für ältere Menschen zugute kommen“ soll, weder als Erbeinsetzung noch als Vermächtnis. Die Anordnung stelle vielmehr, so das OLG, eine Zweckauflage dar.

Eine Erbeinsetzung komme nicht in Frage, da eine solche Anordnung gegen das so genannte Drittbestimmungsverbot verstoße, wonach der Erblasser einem Dritten grundsätzlich nicht die Bestimmung seines Erben überlassen könne.

Die Anordnung sei aber auch nicht als Unversalvermächtnis zu werten, da der Personenkreis, aus dem der Vermächtnisnehmer ausgesucht werden soll, vom Erblasser in seinem Testament nicht konkret genug bezeichnet wurde.

Fiskus als Erbe ist mit einer Auflage beschwert

Als Zweckauflage sei die Anordnung des Erblassers aber wirksam. Da der Erblasser in seinem Testament seine komplette Verwandtschaft ausgeschlossen habe, käme der Fiskus als gesetzlicher Erbe zum Zuge.

Der Fiskus als Erbe sei aber zum einen mit der Auflage zugunsten „einer Initiative von älteren Menschen für ältere Menschen“ als auch mit einer Testamentsvollstreckung belastet.

Die Testamentsvollstreckerin habe, so das OLG, in der Folge nachzuweisen, dass von ihr eine wirksame Bestimmung des Auflagenbegünstigten vorgenommen worden sei.

Weiter fehlte dem OLG ein belastbarer Nachweis, wonach die Immobilie, wie vom Erblasser gewünscht, „möglichst gewinnbringend“ veräußert wurde. Hier sei ein Nachweis über den Verkehrswert der Immobilie zu erbringen.

Im Ergebnis konnte das geplante Immobiliengeschäft (noch) nicht vollzogen werden.

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