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Das Nottestament – Wenn es einmal schnell gehen muss

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Wenn ein Notar greifbar ist, kann man nicht auf ein Nottestament ausweichen
  • Den Zeugen muss klar sein, dass sie einer Testamentserrichtung beiwohnen
  • Viele Nottestamente scheitern vor Gericht

Das deutsche Recht sieht für die Erstellung eines Testamentes strenge Formvorschriften vor.

Ein privatschriftliches Testament muss eigenhändig verfasst und unterschrieben werden, um wirksam zu sein.

Alternativ kann ein so genanntes öffentliches Testament zur Niederschrift bei einem Notar errichtet werden.

Wenn man es nicht mehr zum Notar schafft ...

Was aber in Notsituationen machen, wenn der Testierwillige nicht mehr in der Lage ist, seinen letzten Willen schriftlich zu Papier zu bringen und auf die Schnelle auch kein Notar greifbar ist?

Die Väter des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) haben auch an solche Notfälle gedacht.

Unter bestimmten Umständen lässt das Gesetz nämlich auch Testamente zu, bei denen die ansonsten streng zu beachtenden Formvorschriften des BGB vom Erblasser nicht berücksichtigt wurden.

In Ausnahmefällen sieht das Gesetz folgende Möglichkeiten für ein so genanntes Nottestament vor:

  • Nottestament vor einem Bürgermeister
  • Nottestament vor drei Zeugen
  • Nottestament auf See

Nottestament vor einem Bürgermeister

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nottestaments vor einem Bürgermeister ist, dass die Besorgnis besteht, dass der Testierwillige früher stirbt, bevor ihm die Errichtung eines ordentlichen öffentlichen Testaments vor einem Notar möglich ist.

Der gesundheitliche Zustand des Erblassers muss also so besorgniserregend sein, dass kein weiterer Aufschub mehr möglich ist.

In Anbetracht einer solchen für den Erblasser bestehenden Todesgefahr eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, dass das Testament zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde errichtet wird, in der sich der Testierwillige zum Zeitpunkt des akuten Notfalls aufhält.

Dabei ist der für die Beurkundung zuständige Bürgermeister aufgerufen, den Gesundheitszustand des Erblassers einzuschätzen.

Soweit der Bürgermeister von der akuten Notsituation nicht überzeugt ist, hat er die Beurkundung abzulehnen.

Bürgermeister muss Zeugen hinzuziehen

Soweit der Bürgermeister aber von der unmittelbar drohenden Lebensgefahr des Erblassers ausgeht, muss er zur Beurkundung des letzten Willens zwingend zwei Zeugen hinzuziehen.

Damit auch hier größtmögliche Transparenz und Rechtsklarheit geschaffen ist, schließt das Gesetz vorsorglich gewisse Personengruppen als Zeugen aus.

So dürfen Personen als Zeugen nicht hinzugezogen werden, die in dem zu beurkundenden Testament in irgendeiner bedacht oder in dem Testament als Testamentsvollstrecker benannt werden.

Die Testamentserrichtung selber erfolgt dann in aller Regel durch eine mündliche Erklärung des Erblassers gegenüber dem Bürgermeister und den anwesenden Zeugen.

Möglich ist auch, dem Bürgermeister ein – offenes oder verschlossenes – Schriftstück mit der Erklärung zu übergeben, dass diese schriftliche Erklärung den letzten Willen des Erblassers darstellen würde.

Das Nottestament ist zeitlich begrenzt

Von dem Beurkundungsvorgang ist sodann noch zu Lebzeiten des Erblassers eine Niederschrift zu fertigen, die vom Erblasser, dem Bürgermeister und den Zeugen zu unterzeichnen ist.

Soweit der Erblasser nicht (mehr) in der Lage ist, die Niederschrift zu unterzeichnen, so wird dies – die Unterschrift ersetzend – in der Niederschrift festgehalten.

Der Bürgermeister soll den Erblasser weiter darüber informieren, dass die Gültigkeitsdauer des Nottestamentes zeitlich begrenzt ist. Soweit der Erblasser nämlich drei Monate nach Errichtung des Nottestamentes noch lebt, verliert das Testament seine Gültigkeit.

In die Drei-Monats-Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Erblasser nicht in der Lage war, ein ordentliches Testament vor einem Notar zu errichten.

Nottestament vor drei Zeugen

Weiter hat der Erblasser die Möglichkeit ein Testament vor einem Bürgermeister samt zwei Zeugen oder alternativ durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen zu errichten, wenn er sich an einem Ort befindet, der „infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist“.

Von dieser Vorschrift werden in erster Linie katastrophengleiche Situationen umfasst, die es dem – auch bei bester Gesundheit befindlichen – Testierwilligen unmöglich machen, einen Notar zur Errichtung eines Testaments aufzusuchen.

Weiter besteht die Möglichkeit der Errichtung eines Testaments vor drei Zeugen, wenn sich der Erblasser in so akuter Todesgefahr befindet, dass ihm selbst die Hinzuziehung eines Bürgermeisters samt Zeugen nicht mehr möglich ist.

Wer kann nicht Zeuge beim Nottestament sein?

Ein Testament vor drei Zeugen kommt also entweder in Frage, wenn sich der Erblasser an einer absolut abgeschiedenen und schwer zugänglichen Örtlichkeit befindet oder wenn der Erblasser aufgrund Unfalls oder schwerer Erkrankung nicht einmal in der Lage ist, einen Bürgermeister zur Beurkundung des letzten Willens aufzusuchen.

Wie bei dem Nottestament vor einem Bürgermeister sind auch bei dem Drei-Zeugen-Testament gewisse Personen als Zeugen von Gesetzes wegen nicht zugelassen.

Als Zeugen ausgeschlossen sind wiederum sämtliche in dem Testament benannten Erben, Vermächtnisnehmer und auch Testamentsvollstrecker. Ebenfalls untauglich für die Zeugenrolle sind der Ehegatte und alle mit dem Erblasser in gerader Linie verwandte Personen.

Das Dreizeugentestament wird durch mündliche Erklärung des Erblassers errichtet. Diese Erklärung ist niederzuschreiben, nachfolgend vorzulesen, vom Erblasser zu genehmigen und zu unterschreiben.

Auch die als Zeugen hinzugezogenen Personen haben die Niederschrift durch ihre Unterschrift zu bestätigen. 

Nottestament auf See

Schließlich hat der Gesetzgeber bereits mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1900 an die zur See fahrende Bevölkerung gedacht.

Dass diese Vorschrift durch die Jahr für Jahr zunehmende Kreuzfahrtindustrie zunehmend an Bedeutung gewinnt, konnten die Schöpfer des BGB allerdings Ende des 19. Jahrhunderts noch nicht voraussehen.

Nach § 2251 BGB besteht ebenfalls die Möglichkeit eines Drei-Zeugen-Testaments, wenn man sich während einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines deutschen Hafens befindet.

Zentrale Voraussetzung ist demnach, dass sich der Erblasser an Bord eines deutschen Schiffs befindet. Die Frage, welches Schiff deutsch ist, beantwortet sich nach dem Flaggenrechtsgesetz.

Soweit also ein Schiff „unter deutscher Flagge“ fährt, ist ein Nottestament an Bord grundsätzlich möglich.

Aber auch beim Nottestament auf See gilt wie bei allen anderen Formen des Nottestaments: Das Nottestament gilt als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung des Nottestaments bereits drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt.

Die Gültigkeitsdauer eines Nottestamentes ist demnach begrenzt.

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