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Soll man sein Testament der Nachwelt in einem Begleitbrief oder in einer Videobotschaft erläutern?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ein Testament muss vom Erblasser nicht erläutert werden
  • Eine Offenlegung der Motivation für ein Testament kann eine Anfechtung des Testaments erleichtern
  • Eine Erläuterung des Testaments sollte jedenfalls juristisch auf den Inhalt des Testaments abgestimmt sein

Der Durschnittsdeutsche tut sich mit dem Thema Testament eher schwer.

Wenngleich keine nachprüfbaren Zahlen vorliegen, geht man davon aus, dass gerade einmal ein Drittel aller erwachsenen Deutschen überhaupt ein Testament errichtet und so ihre Erbfolge geregelt haben.

Die Gründe für diese Zurückhaltung sind immer wieder dieselben. Der Gedanke an die eigene Endlichkeit wird gerne einmal verdrängt.

Weiter muss man sich bei der Abfassung seines Testaments zwangsläufig intensiv mit der eigenen Vergangenheit, nächsten Familienmitgliedern und Verwandten beschäftigen.

Nicht selten kommen dem zukünftigen Erblasser dabei aber nicht nur positive Gedanken in den Sinn. Im Zweifel ziehen es dann viele Betroffene vor, die Regelung der eigenen Erbfolge zur Gänze dem Gesetz zu überlassen.

Motivation für Testament aufdecken?

Es gibt aber auch das andere Extrem. Nicht selten muss ein Nachlassgericht nach dem Eintritt eines Erbfalls nicht nur ein Testament des Verstorbenen eröffnen, sondern gleich ein ganzes Dutzend.

Es gibt eben auch den Typ Mensch, der gerade im hohen Alter im Monatsrhythmus seinen letzten Willen abändert, ergänzt und den aktuellen Ereignissen anpasst.

Menschen, die sich intensiv mit ihrem Testament auseinandersetzen, ist es oft auch ein Bedürfnis, der Nachwelt die Motivation für die im letzten Willen niedergelegte Erbfolgeregelung mitzuteilen.

Dies kann vom Erblasser durchaus gut gemeint sein und alleine vor dem Hintergrund geschehen, allen Erben, Nichterben und Vermächtnisnehmern den Grund zu erklären, warum sie vom Erblasser für würdig oder eben nicht würdig gehalten wurden, einen Anteil am Erblasservermögen zu erhalten.

Oft wirbt der Erblasser in einem Begleitbrief zu seinem Testament oder sogar in einer Videobotschaft bei den Nachkommen um Verständnis für seine Entscheidung und versucht auf diesem Weg auch, Streit unter seinen Nachkommen zu vermeiden.

Das Risiko: Anfechtung des Testaments

So nachvollziehbar eine solche Vorgehensweise des Erblassers im Einzelfall sein mag, so wichtig ist es aber auch, mit einem erklärenden Begleitbrief zum Testament oder in einer der Nachwelt hinterlassenen Videobotschaft nicht den Grund für die Unwirksamkeit des kompletten Testaments zu setzen.

Möglicherweise schafft der Erblasser nämlich durch seine gut gemeinten Erläuterungen zum Testament für Beteiligte, die sich durch das Testament gegebenenfalls zurückgesetzt fühlen, einen Grund, das Testament nach dem Eintritt des Erbfalls anzufechten.

Dreh- und Angelpunkt einer solchen möglichen Anfechtung eines Testaments ist der § 2078 BGB.

§ 2078 Abs. 1 und 2 BGB lauten wie folgt:

(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.

Danach kann ein Testament also nach dem Eintritt des Erbfalls zum Beispiel dann angefochten werden, wenn der Erblasser seine Erbfolgeregelung in der „irrigen Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands“ getroffen hat.

Erläutert der Erblasser in einem Begleitbrief zu seinem Testament oder in einer Videobotschaft aber seine mit der Erbfolgeregelung verbundenen Motive und Erwartungen ausführlich und stellt sich im Nachhinein heraus, dass seine Erwartungen gar nicht eintreten, dann ist der Weg zu einer Anfechtung des Testaments dem Grunde nach eröffnet.

Erwähnt der Erblasser beispielsweise in einer der Nachwelt hinterlassenen Botschaft, dass er sein Unternehmen seinem Sohn hinterlässt, weil er davon ausgeht, dass der Sohn nach Abschluss seines BWL-Studiums am besten zur Unternehmensnachfolge geeignet ist, dann wackelt das zugrunde liegende Testament gewaltig, wenn der Sohn sein BWL-Studium nach Eintritt des Erbfalls abbricht und auf ein Theologiestudium umsattelt.

Erläuternde Erklärungen des Erblassers zum Testament sollten daher auf jeden Fall auf die Erbfolgeregelung abgestimmt sein.

Legt der Erblasser seine Motive ohne eine solche Abstimmung mit seinem letzten Willen offen, riskiert er nach Eintritt des Erbfalls unter Umständen eine Testamentsanfechtung und damit die komplette Unwirksamkeit seines Testaments.

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