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Erben mit Sanktionsklausel im Testament disziplinieren

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Nachlassangelegenheiten sind immer streitträchtig
  • Erblasser kann einem Streit unter den Erben in seinem Testament vorbauen
  • Entsprechende Klauseln im Testament müssen präzise formuliert sein

Im Normalfall legt der Erblasser allergrößten Wert darauf, dass die Anordnungen in seinem Testament von den Erben respektiert und unverändert umgesetzt werden.

Nachdem es bei einer Erbschaft aber oft um viel Geld und – meist noch streitträchtiger – um Befindlichkeiten aller Beteiligter geht, schwant so manch einem Erblasser, dass die Abwicklung des Nachlasses möglicherweise nicht so reibungslos, wie gewünscht, abläuft.

Der Erblasser kann natürlich selber viel dafür machen, um Streit unter den Erben zu vermeiden.

Motivation für Erbfolgeregelung offenlegen

Neben einer klugen Verteilung des Vermögens empfiehlt es sich hier für den Erblasser insbesondere, mit den Erben noch vor Abfassung des letzten Willens zu sprechen und ihnen die Motivation für die Entscheidungen des Erblassers zu erläutern.

Wenn der Erblasser ein solches persönliches Gespräch aus welchen Gründen auch immer scheut, kann er alternativ begleitend zur Errichtung seines Testaments auch jedem Erben (und vor allem jedem Nichterben) ein Schreiben zukommen lassen und dort seine Beweggründe für die konkret getroffene Erbfolgeregelung darlegen.

Wenn der Erblasser auf diesem Weg um Verständnis für seine Entscheidungen wirbt, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Betroffenen die Regelungen akzeptieren und nicht gegen das Testament an sich zu Felde ziehen.

Erblasser kann für den Streitfall vorbauen

Manchmal helfen jedoch weder gute Worte noch beste Absichten auf Seiten des Erblassers.

In seltenen Fällen ist es für den Erblasser bereits bei Abfassung seines Testaments absehbar, dass ein oder auch mehrere Erben nach Eintritt des Erbfalls unverzüglich zum Anwalt ihres Vertrauens marschieren und dem Rechtsanwalt den Auftrag erteilen, das Testament des Erblassers anzufechten.

Für diesen Fall kann der Erblasser in seinem Testament erweiterte Vorsorge treffen. Grundsätzlich werden von den Gerichten nämlich Testamentsklauseln, mit denen der Erblasser ein bestimmtes Verhalten des Erben nach Eintritt des Erbfalls sanktioniert, für wirksam erachtet.

Es spricht danach dem Grunde nach nichts gegen eine Anordnung des Erblassers, wonach ein Erbe, der sich nach Eintritt des Erbfalls gegen das Testament auflehnt, von der Erbfolge ausgeschlossen wird.

Eine solche Klausel kann einen klagewilligen Erben durchaus im Sinne des Erblassers disziplinieren und von einer geplanten Anfechtung des Testaments abhalten.

Welches Verhalten soll sanktioniert werden?

Eine Sanktionsklausel in einem Testament muss allerdings sorgfältig formuliert sein, damit der Schuss für den Erblasser nicht nach hinten losgeht und er durch die Klausel mehr Verwirrung stiftet als Klarheit schafft.

Sowohl auf der Tatbestandsseite (welches Verhalten des Erben soll sanktioniert werden?) als auch auf der Rechtsfolgeseite (was passiert, wenn ein Erbe Ärger macht?) muss der Erblasser möglichst klare und praktikable Anordnungen in sein Testament aufnehmen.

Gängig ist zum Beispiel vor allem in von Nichtjuristen formulierten Testamenten folgende Formulierung:

„Wer das Testament anficht, wird enterbt.“

In diesem Fall ist jedoch für die Nachwelt zum Beispiel nicht geklärt, was der Erblasser konkret unter dem Begriff des „Anfechtens“ versteht. Juristen begreifen die Anfechtung eines Testaments technisch im Sinne von §§ 2078 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Gerichte prüfen eine Sanktionsklausel im Streitfall

Der Erblasser hat aber möglicherweise bei Abfassung seines letzten Willens ganz etwas anderes im Sinn, so zum Beispiel die Geltendmachung der Testierunfähigkeit des Erblassers durch einen Beteiligten.

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Gerichte bei der Prüfung einer in einem Testament aufgenommenen Sanktionsklausel von folgender Grundlage ausgehen:

„Es bedarf in der Regel der Testamentsauslegung, um in objektiver und subjektiver Sicht zu ermitteln, wann nach dem Erblasserwillen ein sanktionsbewehrtes Verhalten des Bedachten gegeben sein soll“ (BGH, Urteil vom 24. 6. 2009 - IV ZR 202/07).

Um der Nachwelt so wenig Interpretationsspielraum wie möglich in Zusammenhang mit einer Sanktionsklausel zu lassen, empfiehlt es sich daher dringend, im Testament hinreichend klar zu stellen, wann die Klausel greifen und welches konkrete Verhalten der Nachkommenschaft bestraft werden soll.

Die Rechtsfolgeseite der Sanktionsklausel

Ebenso wie auf der Tatbestandsseite, sollte der Erblasser in seinem Testament auch zwingend klarstellen, was passieren soll, wenn sich ein Erbe gegen das Testament auflehnt.

Die Anordnung, wonach ein Erbe unter bestimmten Umständen „enterbt“ wird, „von der Erbfolge ausgeschlossen“ wird oder „sein Erbrecht verliert“, stellt Juristen noch nicht vor unüberwindbare Hindernisse.

Hier verliert der Erbe im Zweifel seine Erbschaft und kann, soweit hierzu berechtigt, nur noch seinen Pflichtteil fordern.

Wer bekommt den frei gewordenen Erbteil?

Schon spannender ist im Zusammenhang mit einer so angeordneten Enterbung aber die Frage, wer denn den frei gewordenen Erbteil erhält.

In Frage kommt hier die Anwachsung des Erbteils bei anderen Miterben, § 2094 BGB, oder aber auch der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge in Bezug auf den frei gewordenen Erbteil, § 2104 BGB.

Auch hier kann der Erblasser durch entsprechende Formulierungen in seinem Testament dafür sorgen, dass nicht erst durch drei Instanzen gestritten werden muss, bevor feststeht, welche konkreten Rechtsfolgen die Sanktionsklausel auslöst.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

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