Erbeinsetzung eines Pflegeheims in Erbvertrag ist wirksam

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Stuttgart - Beschluss vom 21.3.2013 - 8 W 253/11

  • Eltern setzen Heim ihrer behinderten Tochter als Erben ein
  • Erbeinsetzung wird mit Hinweis auf das Heingesetzt angezweifelt
  • OLG entscheidet zugunsten des Pflegeheimes

Mit der Frage der Wirksamkeit eines zugunsten eines Pflegeheims ausgefallenen Erbvertrages hatte sich das Oberlandesgericht Stuttgart zu befassen.

In der Angelegenheit war die Erblasserin im Jahr 2010 verstorben. Gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann hatte sie im Jahr 1986 einen Erbvertrag errichtet.

In diesem Erbvertrag hatten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.

Verein Lebenshilfe als Erbe

Als Erbe des überlebenden Ehegatten benannten die Eheleute einen Verein Lebenshilfe für geistig Behinderte e.V. (nachfolgend A genannt). Gleichzeitig benannten die Eheleute eine Ersatzerbin E und ordneten Testamentsvollstreckung an.

Hintergrund dieser Regelung der Erbfolge durch die Eheleute war, dass die Eheleute eine geistig unter Betreuung stehende behinderte Tochter T hatten, die in dem von der Alleinerbin A geführten Pflegeheim wohnte und in einer Einrichtung der Ersatzerbin E einer Arbeit nachging.

In diesem Zusammenhang enthielt der Erbvertrag aus dem Jahr 1986 auch eine Auflage zugunsten der behinderten Tochter T der Eheleute, wonach die Tochter T nach dem Ableben des länger lebenden Ehepartners in die Einrichtung der Allein- bzw. der Ersatzerbin A bzw. E aufgenommen werden sollte.

Drei Alleinerben in einem Erbfall beantragen Erbschein

Nach Eintritt des Erbfalls erfolgten von drei Seiten Erbscheinsanträge. Sowohl die Tochter, vertreten durch die Betreuerin, als auch der als Alleinerbe benannte A und ebenso die Ersatzerbin E begehrten vom Nachlassgericht die Feststellung, dass sie jeweils Alleinerbe nach dem Tod der Mutter der T geworden seien.

Die Tochter argumentierte, dass eine Erbeinsetzung der A als auch die Ersatzerbeneinsetzung der E an § 14 HeimG (Heimgesetz Bund) bzw. § 9 Abs. 1 LHeimG BW scheitern würden.

Nach diesen Bestimmungen ist es den Trägern von Heimen untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnern oder den Bewerbern um einen Heimplatz Geldleistungen oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte oder zu vereinbarende Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.

Die Alleinerbin A hielt den Erbvertrag hingegen für wirksam. Sie verwies darauf, dass sie keine Kenntnis von der Erbeinsetzung in dem Erbvertrag aus dem Jahr 1986 hatte, der Erbvertrag aus diesem Grund mithin wirksam sei.

Die Ersatzerbin E trug vor Gericht vor, dass auch sie die Erbeinsetzung der A wegen Verstoß gegen das Heimgesetz für unwirksam halten würde.

Ihre eigene Ersatzerbeneinsetzung sei allerdings wirksam, da sie für die behinderte Tochter der Erblasserin keine Pflegeeinrichtung, sondern lediglich deren Arbeitsstelle darstellen würde. Die Vorschriften des Heimgesetzes seien mithin auf die Ersatzerbin gar nicht anwendbar.

Das Nachlassgericht favorisiert die Ersatzerbin

Das Nachlassgericht teilte den Beteiligten mit, dass weder die Tochter noch die als Alleinerbin eingesetzte Pflegeeinrichtung die Erbschaft beanspruchen können.

Die Erbeinsetzung der A hielt das Nachlassgericht für unwirksam, nicht hingegen offenbar die Ersatzerbeneinsetzung der E.

Beschwerde zum OLG Stuttgart

Gegen die Zurückweisung ihrer Erbscheinsanträge legten sowohl die Tochter als auch die als Alleinerbin in dem Erbvertrag eingesetzte A Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Die Beschwerde der Tochter wies das Beschwerdegericht als unbegründet zurück.

Hingegen hatte die Beschwerde des in dem Erbvertrag aus dem Jahr 1986 als Alleinerben eingesetzten Vereins Erfolg. Im Ergebnis urteilte das OLG, dass die Erbeinsetzung der A nicht gegen Bestimmungen des Heimgesetzes verstoßen würde, mithin wirksam sei.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG zunächst darauf hin, dass die Bestimmungen des Heimgesetztes im Interesse der Testierfreiheit einschränkend ausgelegt werden müssten.

Stille Zuwendung ist zulässig

Einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1998, 2964) folgend sei im Falle einer testamentarischen Zuwendung an einen Heimträger ein Verstoß gegen das Heimgesetz nämlich nur dann anzunehmen, wenn der Heimträger von der Zuwendung gewusst habe.

Eine "Zuwendung im Stillen", die dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird, sei, so das OLG, stets zulässig.

Nachdem der Heimträger aber nach den Feststellungen des Gerichts keine Kenntnis von der zu seinen Gunsten erfolgten Erbeinsetzung hatte, war der Erbvertrag aus dem Jahr 1986 wirksam und der Heimträger alleiniger Erbe geworden.

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