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Ein privates Testament ist nur dann wirksam, wenn es der Erblasser lesen kann

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erblasser muss sein handschriftliches Testament lesen und verstehen können
  • Das gilt auch für ein gemeinsames Ehegattentestament
  • Leseunfähigkeit des Erblassers muss vor Gericht bewiesen werden

Durch ein Testament werden nach dem Ableben eines Menschen oft Millionenwerte bewegt.

Je nachdem, wen der Erblasser in seinem Testament als Erben oder Vermächtnisnehmer bedacht hat, geht das komplette Erblasservermögen nach dem Erbfall an Familienmitglieder, Freunde, Bekannte oder auch die katholische Kirche.

Nachdem mit dem Inhalt eines Testaments so weitreichende Folgen hat, gibt es im Gesetz zahlreiche Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass ein Testament tatsächlich auch den unverfälschten Willen des Erblassers wiedergibt.

Formvorschriften für ein Testament

So räumt das Gesetz jedem Volljährigen zwar das Recht ein, seine Erbfolge in einem so genannten privaten handschriftlich erstellten Testament zu regeln.

Für die Errichtung eines Testaments benötigt man demnach keinen Notar und auch sonst keine andere Person.

Das private Testament muss aber zwingend vom zukünftigen Erblasser zur Gänze eigenhändig verfasst und am Ende unterschrieben werden, § 2247 Abs. 1 BGB. Liegt eine dieser beiden Voraussetzungen nicht vor, so ist das Testament zur Gänze unwirksam.

Ein am Computer verfasstes Testament ist demnach ebenso nichtig wie ein handschriftlich verfasstes Testament, dem die Unterschrift fehlt.

Erblasser muss testierfähig sein

Weiter ist ein Testament nur dann wirksam, wenn der Testator im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war, § 2229 Abs. 4 BGB.

Der zukünftige Erblasser muss also verstehen, was er in seinem Testament anordnet.

Fehlte dem Erblasser dieses Verständnis, so ist das Testament zur Gänze unwirksam und nichtig.

Erblasser muss sein Testament selber lesen können

Eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Wirksamkeit eines privaten Testaments enthält § 2247 Abs. 4 BGB.

Danach ist ein handschriftliches Testament nur dann wirksam, wenn der Erblasser selber das Geschriebene lesen kann.

Lesefähigkeit bedeutet dabei, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung imstande sein muss, das Geschriebene zu lesen und den Sinn zu erfassen.

Relevant wird diese gesetzliche Vorschrift zuweilen in Zusammenhang mit gemeinsamen Ehegattentestamenten.

Kann nur ein Ehepartner lesen und formuliert dieser ein gemeinsames Testament, das von dem leseunkundigen Ehepartner lediglich unterzeichnet wird, so ist dieses Testament unwirksam.

Wer trägt die Beweislast für die Lesefähigkeit des Erblassers?

Nach einem Urteil des OLG Hamburg (Urteil vom 18.08.2015, Az.: 2 U 21/13) hat derjenige, der sich auf eine Unwirksamkeit des Testaments wegen Leseunkundigkeit des Erblassers beruft, zu beweisen, dass der Erblasser nicht lesen konnte.

Wer also nach dem Eintritt des Erbfalls gegen ein Testament mit der Begründung angehen will, dass der Erblasser nicht lesen konnte, tut gut daran, diese Behauptung mit ausreichenden Aussagen von Zeugen zu untermauern.

Gelingt der Beweis nämlich nicht, so bleibt das Testament im Zweifel wirksam.

Eine Beweislastumkehr im Hinblick auf die Lesefähigkeit eines Erblassers hat in einem Ausnahmenfall das OLG Dresden (12.05.2015, Az. 17 W 1341/14) angenommen.

In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall hatte der Erblasser seine Schullaufbahn bereits mit der 4.Klasse Sonderschule beendet.

In diesem Fall sei es, so das OLG Dresden, gerechtfertigt, demjenigen die Beweislast für die Lesefähigkeit des Erblassers aufzubürden, der sich auf die Wirksamkeit des Testaments beruft.

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