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Verstirbt der als Alleinerbe eingesetzte Sohn, so wird dessen Ehefrau nicht Ersatzerbin

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München - Beschluss vom 13.06.2013 - 31 Wx 267/12

  • Der Schlusserbe verstirbt vor der Erblasserin
  • Es gibt keine als Ersatzerben eingesetzten Abkömmlinge
  • Die Ehefrau des Schlusserben reklamiert das Erbrecht für sich

Das Oberlandesgericht München hatte die Erbfolge nach einer im Jahr 2011 verstorbenen Erblasserin zu klären.

Die Erblasserin hatte mit ihrem Ehemann im Jahr 1975 einen notariellen Erbvertrag abgeschlossen. In diesem Erbvertrag setzten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des zuletzt Versterbenden sollte der Sohn der Erblasserin Schlusserbe werden.

Eheleute setzen Kinder des Sohnes als Ersatzerben ein

Die Eheleute machten sich in ihrem Erbvertrag auch Gedanken, was gelten soll, wenn der Sohn der Erblasserin selber vor dem länger lebenden Ehepartner verstirbt. In diesem Fall, so die Regelung in dem Erbvertrag, bestimmten sie die Abkömmlinge des Sohnes zu Ersatzerben.

Der Ehemann verstarb im Jahr 1999 und wurde aufgrund der Regelungen in dem Erbvertrag von seiner Ehefrau, der Erblasserin, beerbt.

Im Jahr 2008 verstarb dann allerdings auch der Sohn der Erblasserin, der zwar selber verheiratet war, aber keine Kinder hinterlassen hatte.

Nach dem Tod der Erblasserin im Jahr 2011 war die Frage zu klären, wer Erbe geworden war. Zwei Seiten reklamierten das Erbrecht für sich.

Die Ehefrau des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin stellte beim Nachlassgericht den Antrag auf Erlass eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte.

Ehefrau will den Erbvertrag in ihrem Sinne auslegen

Die Ehefrau des Sohnes argumentierte, der Erbvertrag aus dem Jahr 1975 müsse in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie selber anstatt der nicht vorhandenen Kinder des Sohnes der Erblasserin als Ersatzerbin berufen sei.

Gänzlich anderer Auffassung waren entfernte Verwandte der Erblasserin, allesamt Kinder von ebenfalls vorverstorbenen Geschwistern der Erblasserin.

Sie beantragten ebenfalls einen Erbschein bei Gericht und trugen vor, dass auf diesen Erbfall die gesetzliche Erbfolge angewendet werden müsse, nachdem in dem Erbvertrag nach dem Vorversterben des Sohnes keine sonstige Erbfolgeregelung mehr enthalten sei.

Insbesondere könne man dem Erbvertrag keine Ersatzerbenbenennung der Ehefrau des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin entnehmen.

Nachlassgericht will das Erbrecht der Ehefrau bestätigen

Das Nachlassgericht kündigte an, dem Erbscheinsantrag der Ehefrau des Sohnes stattgeben zu wollen. Nach Auffassung des Nachlassgerichts sei der Erbvertrag ergänzend dahingehend auszulegen, dass die Ehefrau anstatt der nicht vorhandenen Kinder Ersatzerbin werden sollte.

Gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts legten die Verwandten der Erblasserin Beschwerde zum OLG München ein und bekamen dort im Ergebnis Recht.

Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Ausgangsgerichts auf. Die Ehefrau des als Schlusserben eingesetzten, aber vorverstorbenen, Sohnes sei, so das OLG, nicht Ersatzerbin geworden.

In seiner Entscheidung wies das Beschwerdegericht darauf hin, dass eine Auslegung eines Testaments ein planwidrige Lücke in dem letzten Willen voraussetze.

Der Wille des Erblassers muss im Testament Anklang gefunden haben

Gleichzeitig müsse aber beachtet werden, dass das im Wege der Auslegung ermittelte Ergebnis zumindest ansatzweise im Testament Anklang gefunden haben muss.

Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeuten diese Grundsätze, dass eine Ersatzerbeneinsetzung der Ehefrau des Sohnes der Erblasserin von den Eheleuten zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages im Jahr 1975 gewollt gewesen sein muss. Diese Annahme wurde vom OLG verneint.

Das Oberlandesgericht stellt bereits in Abrede, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 1975 eine planwidrige Lücke aufweisen würde.

Die Eheleute hätten sich schließlich im Jahr 1975 mit dem Gedanken auseinander gesetzt, dass der als Schlusserbe bestimmte Sohn vorverstirbt und hätten für diesen Fall dessen Kinder als Ersatzerben benannt.

Keine weitere Ersatzerbenbestimmung im letzten Willen zu finden

Von einer weiteren Ersatzerbeneinsetzung hätten die Eheleute, so das OLG, offenbar bewusst abgesehen.

Auch sei kein hypothetischer Wille der Eheleute feststellbar, als Ersatzerbin die Ehefrau des Sohnes einzusetzen. Ein auf eine solche Rechtsfolge gerichteter Wille ergebe sich insbesondere nicht aus der Lebenserfahrung.

Im Ergebnis sei daher auf den Wortlaut des Erbvertrages abzustellen, der für die gegebene Konstellation keine Erbfolgeregelung enthalte.

Die Erblasserin wurde danach nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge beerbt.

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