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Verwandte werden von der Erbfolge im Testament ausdrücklich ausgeschlossen – Das Gericht bestätigt die Enterbung

Von: Dr. Georg Weißenfels

Oberlandesgericht Hamm – Beschluss vom 09.12.2011 - I-15 W 701/10

  • Anordnung in Testament ist eigentlich klar
  • Enterbte Verwandte beantragen trotzdem einen Erbschein
  • Erbscheinantrag wird in zwei Instanzen zurückgewiesen

Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich als Beschwerdegericht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit einer eigentlich eindeutigen Formulierung in einem Testament zu beschäftigen.

Eine Erblasserin hatte in ihrem im Jahr 1981 errichteten Testament ihren Ehemann als Erben eingesetzt. Gleichzeitig nahm sie folgende Regelung in ihren letzten Willen auf:

"Jegliche Forderungen von Verwandten (mit denen auch seit Jahrzehnten schon keinerlei Kontakt besteht) werden ausdrücklich ausgeschlossen"

 Nach dem Erbfall beantragten Verwandte der Erblasserin trotz dieser mehr als deutlichen Anordnung beim Nachlassgericht den Erlass eines Erbscheins, der die gesetzliche Erbfolge ausweisen solle.

Verwandte der Erblasserin beantragen einen Erbschein

Das Nachlassgericht lehnte den Erlass eines solchen Erbscheins ab und wies in seiner Begründung darauf hin, dass die von der Erblasserin in ihr Testament aufgenommene Bestimmung eine ausdrückliche Enterbung der Verwandten im Sinne von § 1938 BGB darstellen würde.

Die Verwandten gingen gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts in die Beschwerde zum Oberlandesgericht Hamm, mussten dort aber erfahren, dass die Richter des Beschwerdegerichts die Rechtsmeinung des Ausgangsgerichts teilten.

Das OLG wies in der Begründung seiner Entscheidung mit umfangreicher Bezugnahme auf Urteile des Bundesgerichtshofes darauf hin, dass oberstes Ziel einer jeden Auslegung eines letzten Willens die Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers sei.

Gerichte müssen den Erblasserwillen ermitteln

Ein Gericht hat demnach im Streitfall zu ermitteln, welche Regelung zur Vermögensnachfolge der Erblasser mit den Anordnungen in seinem Testament tatsächlich anordnen wollte.

Im Rahmen der Auslegung kommt es, so das OLG, zunächst auf den Wortlaut des Testaments an, wobei auch der Sinn der vom Erblasser gebrauchten Worte und am Ende sogar Umstände, die sich außerhalb des Testaments abgespielt haben, für die Ermittlung des Erblasserwillens entscheidend sein können.

Es bleibt dabei: Verwandte erhalten nichts

Von dieser Basis ausgehend stellte das Gericht fest, dass die Anordnung der Erblasserin eindeutig ist. Die Verwandten sollten von dem Erbe der Erblasserin nichts erhalten.

Insbesondere könne man der von der Erblasserin verwandten Formulierung nicht entnehmen, dass es den Verwandten lediglich versagt sei, schuldrechtliche Forderungen gegen den Nachlass geltend zu machen.

Ebenso wenig ließen sich die Richter von dem Vortrag der Beschwerdeführer überzeugen, wonach in dem Satzteil „mit denen auch seit Jahrzehnten schon keinerlei Kontakt besteht“ eine Bedingung zu sehen sei, deren Voraussetzungen gar nicht vorliegen würden.

Enterbung wurde von der Erblasserin begründet

Das Gericht wertete diesen erklärenden Zusatz vielmehr als Begründung, die von der Erblasserin für die Enterbung gegeben wurde.

Den Verwandten konnte schließlich auch nicht mehr ein Hinweis auf ein Urteil des OLG Karlsruhe aus dem Jahr 2002 helfen, wonach man bei der Annahme der Enterbung sämtlicher Verwandter in einem Testament zurückhaltend sein muss.

Das Gericht wies darauf hin, dass der vorliegende Sachverhalt und insbesondere die eindeutige Formulierung der Erblasserin nicht mit dem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall vergleichbar sei.

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