Kann ein Betreuer vom Betreuten als Erbe eingesetzt werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eine betreute Person kann den eigenen Betreuer als Erben im Testament einsetzen
  • Die betreute Person muss testierfähig sein
  • Der Betreuer darf auf die Errichtung des Testaments nicht unzulässig Einfluss nehmen

Wenn ein volljähriger Mensch auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten eigenverantwortlich zu besorgen, dann wird dem Betroffenen von Amts wegen oder auf Antrag ein Betreuer zur Seiten gestellt, § 1896 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Jeder Mensch hat die Möglichkeit, auf die Auswahl seines Betreuers durch das Gericht Einfluss zu nehmen.

Man kann seinen eigenen Betreuer vorschlagen

Schlägt nämlich der Betroffene eine Person vor, die zu seinem Betreuer bestellt werden soll, so ist diesem Vorschlag vom Gericht zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft, § 1897 Abs.4 BGB.

Unabhängig von der Frage, ob der Betroffene von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht hat oder vom Gericht von Amts wegen ein Betreuer benannt wird, so wird regelmäßig ein Betreuer eingesetzt werden, zu dem der Betroffene verwandtschaftliche oder auch sonstige persönliche Bindungen hat.

Bei einer solchen Konstellation bleibt es nicht aus, dass sich für den Betreuten die Frage ergibt, ob er durch die Anordnung der Betreuung Beschränkungen unterworfen ist und ob er insbesondere die Person, die als Betreuer eingesetzt wurde, in einem Testament noch als Erben benennen darf.

Testierfreiheit gilt auch für Personen, für die eine Betreuung angeordnet wurde

Grundsätzlich gilt das freie Recht eines jeden Menschen in testierfähigem Alter, in seinem Testament seinen Erben zu bestimmen, auch für Personen, für die eine Betreuung angeordnet wurde.

Die Testierfreiheit gewährleistet auch einem Betreuten, im Testament als Erben jede beliebige erbfähige Person, und damit auch seinen Betreuer, einzusetzen. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, an der eine solche Erbeinsetzung eines Betreuers durch den Betreuten scheitern würde.

Obwohl naturgemäß zwischen Betreuer und Betreutem ein enges Verhältnis besteht, darf der Betreute also seinen Betreuer in seinem Testament als Erben einsetzen.

Anders als beispielsweise bei Angestellten eines Pflege- oder Altenheimes oder bei einem das Testament beurkundenden Notar, greift das Gesetz im Verhältnis zwischen Betreutem und Betreuer nicht ein und lässt ein Testament des Betreuten zugunsten des Betreuers grundsätzlich zu.

Der Betreute muss bei Testamentserrichtung testierfähig sein

Kann ein Betreuer also grundsätzlich von dem Betreuten in dessen Testament bedacht werden, so gilt auch für das Testament einer unter Betreuung stehenden Person der allgemeine Grundsatz, dass es nur dann gültig ist, wenn der Verfasser des Testaments im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war, § 2229 Abs. 4 BGB.

Dabei sagt der Umstand, dass eine Person unter Betreuung gestellt wurde, grundsätzlich noch nichts über die Frage der Testierfähigkeit des Betreuten aus.

Frage der Testierfähigkeit muss geklärt werden

Hat der Betreute sein Testament aber nach Anordnung der Betreuung errichtet, wird man der Frage, ob der Betreute zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch testierfähig war, sehr genau nachgehen müssen.

Zur Testierfähigkeit gehört, dass der Betroffene eine konkrete Vorstellung davon hat, was er mit seinem letzten Willen bewirkt und welche Tragweite die einzelnen Anordnungen in dem Testament haben.

Fehlt ein solches Verständnis beim Betreuten, so ist das Testament einer unter Betreuung stehenden Person unwirksam.

Im Extremfall ist das Testament des Betreuten sittenwidrig und nichtig

Aber selbst wenn die Frage der Testierfähigkeit des unter Betreuung stehenden Erblassers umstritten ist, kann im Einzelfall die Wirksamkeit eines Testaments an der besonderen Beziehung zwischen Betreuer und Betreutem scheitern.

Missbraucht der Betreuer nämlich seine Vertrauensstellung, die er gegenüber dem Betreuten hat, um diesen zu einer ihn begünstigenden Errichtung eines Testaments zu bewegen, dann kann ein solcher letzter Wille sittenwidrig und damit nichtig sein.

Unzulässige Einflussnahme des Betreuers kann das Testament unwirksam machen

Wenn es dem Betreuer hier erkennbar nur darum geht, sich nach dem Erbfall in Besitz des Vermögens des Betreuten zu bringen und ist gleichzeitig der eigene Wille des Betreuten, seine Erbfolge zu regeln, von untergeordneter Bedeutung, dann kann ein solches Testament keinen Bestand haben.

Ist ein Testament in solchen Fällen vorzugsweise auf Betreiben des Betreuers zustande gekommen, so ist ein solcher letzter Wille des Betreuten sittenwidrig und nichtig (so z.B. OLG Braunschweig, Beschluss vom 04.11.1999, Az.: 2 U 29/99).

Gesetzesänderung zum 01.01.2023

Zum 01.01.2023 treten mit dem Betreuungsorganistionsgesetz einige grundlegende Neuregelungen zum Betreuungsrecht in Deutschland in Kraft.

Nach § 30 BtOG ist es berufsmäßigen Betreuern dann untersagt, Zuwendungen von der von ihnen betreuten Person entgegen zu nehmen. Dieses Verbot gilt auch für eine Erbeinsetzung oder eine sonstige Zuwendung in einem Testament.

Wird gegen die Vorschrift verstoßen, so ist der Betreuer berufsrechtlich verpflichtet, das Zugewendete auszuschlagen.

Das Betreuungsgericht kann die Zuwendung ausnahmsweise gestatten, § 30 Abs. 3 BtOG.

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