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Gemeinschaftliches Testament von Ehegatten – Aufhebung und Anfechtung eines Berliner Testaments

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Durch ein Berliner Testament binden sich die Eheleute
  • Ein einseitiger Widerruf eines Berliner Testaments ist nicht ohne weiteres möglich
  • Es besteht unter Umständen die Möglichkeit, ein Berliner Testament anzufechten

Einer im Auftrag der Postbank im Jahr 2011 durchgeführten Studie zufolge ist jede zweite in Deutschland existierende letztwillige Verfügung ein so genanntes „Berliner Testament“.

Bei dieser Form des letzten Willens setzen sich Eheleute wechselseitig für den Fall des Ablebens des Partners als Alleinerben ein.

Als Schluss- oder Nacherben nach dem Tod des länger lebenden Partners sind dann meist die Kinder der Eheleute bedacht.

Ein Berliner Testament hat Vor- und Nachteile

Abgesehen von möglichen steuerlichen Nachteilen oder Problemen mit Pflichtteilsansprüchen, die nach dem Tod des Erstversterbenden von den Kindern aufgemacht werden, wird durch das Berliner Testament in erster Linie die Versorgung des länger lebenden Partners sichergestellt.

Die wechselseitige Erbeinsetzung der Eheleute in einem Berliner Testament bietet für die Beteiligten ein hohes Maß an Sicherheit, dass sich der jeweils andere Partner auch tatsächlich an die zwischen den Eheleuten vereinbarte Erbfolge hält.

So ist ein einseitiger Widerruf der wechselseitigen Erbeinsetzung zu Lebzeiten nach § 2271 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nur durch notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Ehepartner möglich, § 2296 BGB.

Widerruf des Testaments durch einen Ehepartner muss dem anderen Ehepartner mitgeteilt werden

Der vom Widerruf betroffene Ehepartner erhält von dem Widerruf also zwangsläufig Kenntnis – und kann seine eigenen Überlegungen zur Erbfolge entsprechend anpassen.

Nach dem Tod des erstversterbenden Ehepartners kann sich der Überlebende dann von maßgeblichen (so genannten wechselbezüglichen) Verfügungen in dem gemeinsamen Testament lösen, wenn er die ihm nach dem Tod des Erstversterbenden zugefallene Erbschaft ausschlägt, § 2271 Absatz 2 BGB oder er sich die Widerrufsmöglichkeit in dem gemeinsamen Testament vorbehalten hat.

Weiter ist ein abweichendes Testieren für den überlebenden Ehegatten ausnahmsweise dann möglich, wenn hinsichtlich des noch gemeinsam eingesetzten Erben die Voraussetzungen für einen Entzug des Pflichtteils vorliegen, §§ 2271 Abs. 2, 2294, 2336 BGB.

Berliner Testament schränkt die Testierfreiheit ein

Die Testierfreiheit des überlebenden Ehegatten ist im Falle des gemeinsamen (Berliner) Testaments demnach regelmäßig stark eingeschränkt.

Eine Möglichkeit, bei einem gemeinsamen Testament die Testierfreiheit nach dem Tod des Ehepartners wieder zu erlangen, kann in der Anfechtung des Testaments bestehen.

Um ein Testament wirksam anfechten zu können, muss ein Anfechtungsgrund gegeben sein. Ein gemeinschaftliches Testament kann zum Beispiel dann angefochten werden, wenn sich der Testator bei Abfassung in einem (relevanten) Irrtum befand oder gar bedroht wurde, § 2078 BGB.

Mögliche Anfechtung eines Berliner Testaments

Wesentlich häufiger und praxisrelevanter ist allerdings der Fall, dass ein gemeinschaftliches Testament nach dem Tod des Erstversterbenden wegen Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2079 BGB erfolgreich angefochten wird.

Hat sich der überlebende Partner nämlich neu verheiratet oder hat er nach dem Tod seines Ehepartners, mit dem er das Berliner Testament errichtet hat, noch ein Kind bekommen oder adoptiert, so liegen unter Umständen die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 2079 BGB vor.

§ 2079 BGB ist immer dann einschlägig, wenn ein an sich Pflichtteilsberechtigter (z.B. Ehepartner oder Kind) in einem Testament weder als Erbe benannt noch enterbt oder mit einem Vermächtnis bedacht wurde. Im Falle der Wiederverheiratung oder Geburt eines Kindes nach Tod des ersten Ehepartners wird der Tatbestand des § 2079 BGB demnach häufig erfüllt sein.

Fristen bei der Anfechtung beachten!

Binnen Jahresfrist, § 2082 BGB, ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes kann hier gegebenenfalls die Anfechtung des gemeinsamen Testaments gegenüber dem Nachlassgericht, § 2081 BGB, erklärt werden.

Eine wirksame Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testaments führt regelmäßig zur Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung. Es greift die gesetzliche Erbfolge nach dem Tod des bereits verstorbenen Ehepartners.

Der überlebende Ehepartner ist im Falle einer wirksamen Anfechtung aber wieder frei, seine eigene Erbfolge nach Belieben zu gestalten.

Wollen die Ehepartner das vorbeschriebene Szenario einer Anfechtung wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigte vermeiden, haben sie die Möglichkeit, im gemeinsamen Testament wechselseitig einen Anfechtungsverzicht zu erklären.

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