Kann ein Arzt seinen Patienten beerben?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Angestellte Ärzte in einem Pflege- oder Altenheim dürfen Erbschaft unter Umständen nicht annehmen
  • Auch verbeamtete Ärzte unterliegen Beschränkungen
  • Die Berufsordnung der Ärzte ist im Rahmen der Abwägung zu beachten

Ärzte stehen ihren Patienten regelmäßig auch in deren letzten Tagen bei.

Nicht selten entwickeln Patienten auch ein sehr enges Verhältnis zu dem sie behandelnden Arzt. Und manchmal führt solch ein Verhältnis dazu, dass von dem Patient gegen Ende seines Lebens ein Testament zugunsten des ihn behandelnden Arztes errichtet wird.

Eine Erbeinsetzung eines behandelnden Arztes oder auch nur die Zuwendung eines Vermächtnisses zugunsten des Arztes kann Ausdruck tiefer Dankbarkeit des Patienten sein. Wenn sich der betroffene Arzt manchmal jahrelang um das Wohlergehen seines Patienten gekümmert hat, dann ist eine Erbeinsetzung oder die Zuwendung eines Vermächtnisses zumindest nachvollziehbar und ethisch nicht angreifbar.

Wie lange kennen sich Arzt und Patient?

Es gibt aber auch die anderen Fälle. Wenn ein Arzt erst kurz vor dem Ableben seines Patienten Kontakt zu diesem bekommen hat und dann nach dem Eintritt des Erbfalls als Erbe eines Millionenvermögens in einem unlängst errichteten Testament erscheint, dann ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich die gesetzlichen Erben fragen, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

In solchen Fällen drängt sich für die Familienmitglieder des Erblassers die Frage auf, ob es überhaupt zulässig ist, wenn ein Arzt seinen Patienten beerbt.

Wie so häufig, kommt es für die Beantwortung dieser Frage auf den Einzelfall an.

Ärzte in Pflege- oder Altenheimen unterliegen Beschränkungen

Relativ klar ist die Rechtslage noch bei Ärzten, die in Pflege- oder Altenheimen beschäftigt sind. Für solche Ärzte gelten nämlich die Beschränkungen des § 14 Heimgesetzes bzw. die in den jeweiligen Landesheimgesetzen nahezu deckungsgleich vorhandenen Vorschriften.

Danach dürfen sich in Heimen Beschäftigte von Bewohnern des Heimes grundsätzlich keine geldwerten Leistungen gewähren oder versprechen lassen.

Nach herrschender Ansicht gilt dieses Zuwendungsverbot auch für erbrechtliche Zuwendungen.

Setzt also ein Heimbewohner den ihn behandelnden Arzt, der in einer Heimeinrichtung angestellt ist, in seinem Testament als Erben ein, dann ist das Testament grundsätzlich nach § 134 BGB wegen des Verstoßes gegen heimrechtliche Vorschriften nichtig und unwirksam.

Angestellte und verbeamtete Krankenhausärzte unterliegen Beschränkungen

Ist ein Arzt in einem Krankenhaus und nicht in einem Alten- oder Pflegeheim beschäftigt, dann gelten für ihn die heimrechtlichen Vorschriften nicht.

Angestellte und verbeamtete Krankenhausärzte müssen aber regelmäßig entsprechende Vorschriften des Beamtenrechts, des Bundes-Angestelltentarifrechts und des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes berücksichtigen.

Auch in diesen Normen existieren Vorschriften, die es angestellten oder verbeamteten Ärzten unter bestimmten Umständen verbieten, sich in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile gewähren zu lassen. Sonstige Vorteile im Sinne dieser Vorschriften sind auch Erbeinsetzungen und Vermächtniszuwendungen.

Zur Annahme solcher in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit gewährten Vergünstigungen benötigen Angestellte und verbeamtete Krankenhausärzte grundsätzlich der Zustimmung ihres Dienstherrn, so z.B. § 71 BBG (Berufsbeamtengesetz).

Bei Verstoß gegen diese Grundsätze, ist das Erlangte von dem betroffenen Arzt an seinen Dienstherrn herauszugeben. Gegebenenfalls hat der betroffene Arzt allerdings auch die Pflicht, die ihm angetragene Erbschaft auszuschlagen.

Was sagt die Berufsordnung der Ärzte?

Ein weiterer Ansatzpunkt, der gegen die Zulässigkeit einer Erbeinsetzung eines behandelnden Arztes spricht, findet sich in § 32 (Muster-)Berufsordnung

für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO). Danach gilt folgendes:

Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.

Nachdem es sich bei der Berufsordnung der Ärzte allerdings lediglich um eine Satzung und nicht um ein Gesetz handelt, sind die Konsequenzen aus einem Verstoß gegen § 32 MBO streitig.

Jedenfalls wenn der betroffene Arzt aber von der Erbeinsetzung wusste oder sie sogar forciert hat, wird der Rechtsgedanke aus § 32 MBO im Rahmen einer Gesamtabwägung berücksichtigt werden müssen.

Zu einer solchen Abwägung kommt es beispielsweise immer dann, wenn ein Testament eines Patienten mit dem Argument angefochten wird, es sei wegen der besonderen Umstände nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig.

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