Was unterliegt der Erbschaftsteuer?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Wann man vom Finanzamt zur Zahlung von Erbschaftsteuer herangezogen werden kann, ist in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz) geregelt. Danach unterliegt der Erbschaftsteuer „der Erwerb von Todes wegen“.

Was sich hinter dieser im allgemeinen Sprachgebrauch eher unüblichen Formulierung verbirgt, klärt § 3 ErbStG näher auf.

Danach darf man als Steuerpflichtiger getrost davon ausgehen, dass jegliche Vermögensmehrung, die einem in Zusammenhang mit dem Ableben einer Person widerfährt, dem Grunde nach der Erbschaftsteuer unterliegt.

Erbschaft, Vermächtnis und Pflichtteil lösen Erbschaftsteuer aus

Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund der Steuerpflichtige an einer Erbschaft teilnimmt. Die Erbschaftsteuer muss also beileibe nicht nur von dem klassischen Erben entrichtet werden.

Vielmehr muss beispielsweise auch derjenige Steuer bezahlen, der gerade kein Erbe geworden ist, weil er vom Erblasser in dessen Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Fordert und erhält der Enterbte aber seinen Pflichtteil, dann unterliegt auch die mit dem Pflichtteil verbundene Vermögensmehrung der Erbschaftsteuer.

Bei einer Erbschaft kommt es in Bezug auf die Steuerpflicht auch nicht darauf an, ob der Erbe kraft gesetzlicher Erbfolge zur Erbschaft gekommen ist oder ob der Erblasser ein Testament hinterlassen hat und auf diesem Weg seinen Rechtsnachfolger und Erben bestimmt hat. Die Erbschaftsteuer unterscheidet nicht zwischen dem testamentarischen und dem gesetzlichen Erben.

Und schließlich schlägt die Erbschaftsteuer auch zu, wenn man lediglich durch ein vom Erblasser ausgesetztes Vermächtnis im Erbfall am Vermögen des Erblassers partizipiert. Fordert man nach Eintritt des Erbfalls beim Erben das Vermächtnis ein und erhält man in der Folge den vom Erblasser versprochenen Vermögensgegenstand, dann ist dieser Vorgang dem Grunde nach auch für das Finanzamt von Interesse.

Im Ergebnis unterliegt also jeder klassische Vermögenserwerb in Zusammenhang mit einem Erbfall der Erbschaftsteuer, gleich ob die Bereicherung durch eine Erbschaft, die Realisierung eines Pflichtteilsanspruchs oder durch ein Vermächtnis ausgelöst wird.

Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall

Nach dem Ableben eines Menschen kann man aber nicht nur als Erbe, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter am Vermögen des Erblassers beteiligt werden.

Vielmehr kennt das Gesetz noch weitere Formen der Nachlassbeteiligung.

Eine wichtige Form der Übergabe von Erblasservermögen an einen Dritten ist die so genannte Schenkung auf den Todesfall, § 2301 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Bei einer solchen Schenkung auf den Todesfall verspricht der Erblasser, ohne eine Gegenleistung zu fordern, einer dritten Person eine bestimmte Leistung unter der Bedingung, dass diese dritte Person den Erblasser überlebt. Tritt dann der Erbfall ein, erhält der Beschenkte den versprochenen Vermögensvorteil.

Es verwundert nicht weiter, dass auch ein solcher Vorgang der Erbschaftsteuer unterliegt und in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausdrücklich als – steuerpflichtiger – „Erwerb von Todes wegen“ eingestuft wird.

Derjenige, der also durch eine Schenkung des Erblassers nach Eintritt des Erbfalls etwas erhält, muss diesen Vorgang dem Grunde nach dem Finanzamt melden und gegebenenfalls Erbschaftsteuer entrichten.

Erwerb durch Leistung aus Lebensversicherung

Weithin unbekannt ist, dass auch Leistungen, die ein Dritter aufgrund einer vom Erblasser abgeschlossenen Lebensversicherung erhält, der Erbschaftsteuer unterliegen.

Immer dann, wenn der Erblasser in einem Lebensversicherungsvertrag eine bestimmte Person als bezugsberechtigt benennt, erhält diese Person – am Nachlass vorbei – die vereinbarte Versicherungssumme. Die Versicherungsleistung fällt nicht in die Erbschaft und die Erben können – soweit sie nicht selber bezugsberechtigt sind – auf die von der Lebensversicherung geschuldete Versicherungssumme nicht zugreifen.

Rechtlich stellt die Leistung aus einer Lebensversicherung aber einen Vermögensvorteil dar, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Die Versicherungsleistung zählt damit zu dem erbschaftsteuerpflichtigen „Erwerb von Todes wegen“ und muss im Erbfall dem Finanzamt gemeldet werden.

Abfindung für Verzicht auf Erbschaft, Pflichtteil oder Vermächtnis

Das Erbschaftsteuerrecht verknüpft die Steuerpflicht mit dem positiven Erwerb aus einer Erbschaft. Jeder Erbe, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte soll ab einem gewissen Betrag seine Vermögensmehrung mit der Allgemeinheit teilen und Erbschaftsteuer bezahlen.

Findige Steuerbürger könnten jetzt auf die Idee kommen, die Erbschaft oder das Vermächtnis auszuschlagen oder den Pflichtteil erst gar nicht geltend zu machen, aber gleichzeitig mit dem Erben zu vereinbaren, dass im Ausgleich für den Verzicht auf das Erbe, das Vermächtnis oder den Pflichtteil eine Abfindung bezahlt wird.

Solch eine Konstruktion ist zwar möglich, entbindet den Verzichtenden aber nicht von seiner Pflicht, für die ersatzweise als Abfindung erhaltene Zahlung ebenfalls Erbschaftsteuer zu bezahlen.

Der Erbschaftsteuerpflicht unterliegt nämlich auch das, was als Abfindung für einen Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder eines Vermächtnisses bezahlt wird, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

Das könnte Sie auch interessieren:
Erbschaftsteuer - Höhe der Steuer - Freibeträge für Erben
Wann entsteht die Erbschaftsteuer?
Wann muss man Erbschaftsteuer bezahlen?
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht

Erbrecht