Die Stundung der Erbschaftsteuer ist nur in seltenen Fällen möglich

Von: Dr. Georg Weißenfels

Eine Erbschaft ist in aller Regel mit einer spürbaren Verbesserung der finanziellen Lage des Erben verbunden. In vielen Fällen findet sich im Nachlass Geldvermögen des Erblassers. Soweit nur andere materielle Werte vom Erblasser auf die Erbengeneration übergeben werden, kann der Erbe zumindest dieses Vermögen veräußern und sich auf diesem Weg Geldmittel verschaffen.

Vor diesem Hintergrund sollte es in der weit überwiegenden Anzahl der Erbfälle für den Erben auch kein Problem darstellen, eine gegebenenfalls auf die Erbschaft anfallende Erbschaftsteuer zu begleichen. Der Nachlass gibt dem Erben in aller Regel genügend Spielraum, um seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen.

Gleichwohl die Regulierung der Erbschaftsteuer im Normalfall für den Erben finanziell machbar ist, kennt das Gesetz diverse Vorschriften, die eine Stundung der Erbschaftsteuer erlauben. Bei einer Stundung wird die Fälligkeit einer eigentlich unverzüglich zu zahlenden Schuld nach hinten verschoben. Eine gestundete Erbschaftsteuer muss nicht sofort, sondern erst in der Zukunft bezahlt werden.

Im Erbschaftsteuerrecht sind diverse Tatbestände geregelt, die zu einem Anspruch des Erben auf Stundung der Erbschaftsteuer führen können. In der Praxis sind diese Vorschriften allerdings aus unterschiedlichen Gründen oft nicht sonderlich relevant.

Stundung der Erbschaftsteuer bei Betriebsvermögen

Nach § 28 ErbStG (Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz) hat der Erbe von Betriebs- bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen einen Anspruch auf Stundung der auf dieses Vermögen entfallenden Erbschaftsteuer, soweit die Stundung für den Erhalt des Betriebes notwendig ist. Die Erbschaftsteuer kann nach dieser Vorschrift bis zu einem Zeitraum von zehn Jahren vom Finanzamt zinslos gestundet werden.

Sinn und Zweck dieser Stundungsvorschrift ist es, den Erhalt eines Betriebes und damit auch der bei dem Betrieb angesiedelten Arbeitsplätze sicherzustellen. Soweit eine umgehende Begleichung der Erbschaftsteuer zu einer Gefährdung des Betriebes und der Arbeitsplätze verbunden wäre, soll der Steueranspruch des Staates zurückstehen.

In der Praxis wird von der Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG derzeit allerdings kaum Gebrauch gemacht. Dies liegt (noch) daran, dass den Erben von Betriebs- bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nach derzeit geltendem Recht nach den Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG eine Steuerbefreiung gewährt wird. Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt für die Erben von Betriebs- bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen die Erbschaftsteuer zur Gänze. Wo aber keine Erbschaftsteuer bezahlt werden muss, besteht auch keine Veranlassung, eine Stundung zu beantragen.

Vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 mag sich die Bedeutung der Stundungsvorschrift in § 28 ErbStG zukünftig ändern. Das Verfassungsgericht hat nämlich zentrale Vorschriften des Erbschaftsteuerrechts zur Besteuerung des Erwerbs Betriebs- bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen als verfassungswidrig beurteilt und den Gesetzgeber aufgefordert, diesen Umstand bis zum 30.06.2016 zu ändern. Gegebenenfalls rückt die im Gesetz bereits vorgesehene Stundungsmöglichkeit im Rahmen der Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts wieder mehr in den Fokus.

Stundung der Erbschaftsteuer bei Wohngrundstücken

Praxisrelevanter als die Stundungsvorschriften bei Erwerb von Betriebsvermögen ist die seit dem Jahr 2009 bestehende Stundungsmöglichkeit bei Erwerb von Wohngrundstücken.

Nach § 28 Abs. 3 ErbStG kann bei Erbschaft eines Ein- oder Zweifamilienhauses oder einer Eigentumswohnung dann eine zinslose Stundung der Erbschaftsteuer für die Immobilie für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren beantragt werden, wenn der Erbe die Erbschaftsteuer nur durch eine Veräußerung der Immobilie aufbringen könnte. Weitere Voraussetzung für eine Stundung ist, dass der Erbe die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

Fällt in die Erbschaft eine zu Wohnzwecken vermietete Immobilie im Sinne von § 13c ErbStG dann kann für diese Immobilie auch ohne eine Eigennutzung eine Steuerstundung beantragt werden, wenn die Steuer nur bei Veräußerung der vermieteten Immobilie aufgebracht werden könnte.

Stundung nach den allgemeinen Regeln des Steuerrechts

Neben diesen im Erbschaftsteuerrecht verankerten Stundungsmöglichkeiten sieht § 222 AO (Abgabenordnung) eine weitere allgemeine und für sämtliche Steuerarten geltende Stundungsvorschrift vor.

Danach kann auch die Erbschaftsteuer auf Antrag des steuerpflichtigen Erben vom Fiskus gestundet werden, wenn „die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint.“

 Im Bereich der Erbschaftsteuer wird eine Stundung nach § 222 AO allerdings nur in den aller seltensten Fällen in Frage kommen, da der Erbe die Steuer in aller Regel mit Mitteln aus dem Nachlass begleichen kann.

So wird man zum Beispiel auch in den Fällen sowohl bei den Finanzbehörden, als auch nachfolgend bei den Finanzgerichten auf Granit beißen, bei denen sich das Vermögen des Erblassers (z.B. Aktien oder Wertpapiere) in der Zeitspanne vom Eintritt des Erbfalls bis zur tatsächlichen Verfügbarkeit durch den Erben drastisch reduziert.

Zu diesem Problemkreis hat der Bundesfinanzhof (Beschluss vom 06.12.1989, Az.: II B 70/89) relativ humorlos folgendes angemerkt:

„Maßgebend ist die Bereicherung am Stichtag. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, später eintretende Ereignisse, die in der Hand des Erben die eingetretene Bereicherung ändern, zu berücksichtigen. Das gilt zum Nachteil wie zum Vorteil des Erben. Muss dieser einerseits nach dem Erbfall eintretende Kursverluste geerbter Wertpapiere ohne Aussicht auf Minderung der Erbschaftsteuer tragen, so kommen ihm andererseits Kursgewinne ohne erbschaftsteuerrechtliche Folgen zugute.“

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