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Die Steuerbefreiung bei der Vererbung von Wohnimmobilien

Von: Dr. Georg Weißenfels

Das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG) ist nunmehr am 01.01.2009 in Kraft getreten und hat insbesondere bei der Vererbung von Wohnimmobilien einige Neuerungen mit sich gebracht.

Im Erbfall soll unter bestimmten Umständen die steuerfreie Übergabe einer Wohnimmobilie von einer Generation auf die nächste bzw. unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern möglich sein.

In Anbetracht der Tatsache, dass alljährlich rund 400.000 Immobilien in Deutschland vererbt werden, ist absehbar, dass die neuen Regeln bei den Betroffenen auf großes Interesse stoßen werden.

Die Voraussetzungen, unter denen eine Steuerbefreiung bei der Vererbung (ob Kraft Gesetz oder Kraft gewillkürter Erbfolge ist unerheblich) einer Wohnimmobilie gemäß § 13 Abs.1 Nr. 4b und 4c ErbStG (Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetz) an Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder bzw. Kinder vorverstorbener Kinder in Frage kommt, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Es muss sich um eine Wohnimmobilie des Erblassers handeln, die sich in Deutschland, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums befindet.

  • Diese Immobilie (Wohnung oder Haus) hat der Erblasser bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt bzw. der Erblasser war an der eigenen Nutzung der Immobilie aus zwingenden Gründen (z.B. Krankenhausaufenthalt) gehindert.

  • Unverzügliche Selbstnutzung durch Erben (Ehepartner, eingetragenen Lebenspartner, Kind oder Kind eines vorverstorbenen Kindes) für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahre nach Erbfall.

  • Für Kinder bzw. Kinder vorverstorbener Kinder gilt die Steuerbefreiung nur, soweit die Wohnfläche der Immobilie eine Fläche von 200 Quadratmetern nicht übersteigt. Wohnflächen über 200 Quadratmeter hinaus müssen von Kindern bzw. Enkeln anteilig versteuert werden - hier kann aber selbstverständlich der persönliche Steuerfreibetrag genutzt werden.

Für die Dauer von zehn Jahren schwebt demnach über den Erben von Familienheimen, auf die vorgenannte Kriterien zutreffen, das Damoklesschwert einer nachträglichen Besteuerung. Zieht man nämlich vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist aus dem Familienheim aus und nutzt man die Immobilie vor Ablauf der zehn Jahre nicht mehr zu Wohnzwecken, dann entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit. Zieht man also beispielsweise im Jahr 2019 aus einem im Jahr 2010 - steuerfrei - ererbten Familienheim aus, dann kommt es zu einer Nachveranlagung der Erbschaftsteuer.

Um hier Härten zu vermeiden sieht das Gesetz vor, dass es dann nicht zu einem Wegfall der Steuerbefreiung kommen soll, wenn der Erbe vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist an einer Selbstnutzung der Immobilie zu eigenen Wohnzwecken "aus zwingenden Gründen gehindert" ist.

Um das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals "zwingende Gründe" wird es absehbar zu erbitterten Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung kommen. Das Gesetz selber schweigt sich nämlich zu der Frage aus, wann denn "zwingende Gründe" für den Auszug aus der ererbten Immobilie vorliegen. Man wird sich mit der Finanzverwaltung wahrscheinlich noch problemlos darauf verständigen können, dass ein medizinisch indizierter Wechsel in ein Pflegeheim (und die damit zwangsläufig verbundene Aufgabe der ererbten Immobilie als Wohnsitz) als zwingender Grund im Sinne des Gesetzes akzeptiert wird.

Knifflig dürfte es schon werden, wenn man beispielsweise den in München - steuerfrei - ererbten Familienwohnsitz nach monatelanger Arbeitslosigkeit aufgeben will (muss), weil man in Hamburg ein neues Beschäftigungsverhältnis gefunden hat. Ob auch solche Gründe von der Finanzverwaltung als "zwingend" anerkannt werden, ist heute noch absolut ungeklärt.

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