Die fünf Rechte des Pflichtteilsberechtigten im Rahmen seines Auskunftsanspruchs

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Der Erbe muss offenbaren, woraus der Nachlass besteht
  • Notfalls muss ein Notar ein Nachlassverzeichnis erstellen
  • Der Wert einzelner Nachlassgegenstände ist von einem Sachverständigen zu bestimmen

Der Pflichtteilsberechtigte hat nach Eintritt des Erbfalls regelmäßig keinen Zugang zum Nachlass.

Er ist damit aber auch von denjenigen Informationen abgeschnitten, die er zum Zweck der Bezifferung seines Anspruchs zwingend benötigt.

Um dem Pflichtteilsberechtigten hier eine Brücke zu bauen, gibt ihm § 2314 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) einen umfassenden Auskunftsanspruch gegen den Erben.

Der Erbe hat dem Pflichtteilsberechtigten auf dessen Verlangen hin all die Fakten zu liefern, die der Pflichtteilsberechtigte benötigt, um seinen Pflichtteilsanspruch zu berechnen … und nachfolgend bei dem Erben geltend zu machen.

§ 2314 BGB gewährt dem Pflichtteilsberechtigten dabei in Verbindung mit den Regelungen in den §§ 260, 261 BGB insgesamt fünf verschiedene Rechte..

Auskunft über den Bestand des Nachlasses

Zunächst einmal kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangen, dass ihm dieser Auskunft über den Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls erteilt.

Von diesem Auskunftsanspruch sind zunächst einmal alle zum Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände und Vermögenswerte umfasst. Gleichzeitig muss der Erbe auch alle Verbindlichkeiten des Nachlasses angeben, die im Rahmen der Berechnung des Pflichtteils mindernd zu berücksichtigen sind.

Der Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses bezieht sich aber nicht nur auf das real vorhandene Nachlassvermögen. Vom Erben sind auch sämtliche so genannten fiktiven Nachlasswerte anzugeben. Hierzu zählen ausgleichspflichtige Zuwendungen des Erblassers, §§ 2316, 2052, 2055 BGB und die vom Erblasser während der letzten zehn Jahre gemachten Schenkungen.

Recht auf Anwesenheit bei Erstellung des Nachlassverzeichnisses

Nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Pflichtteilsberechtigte das Recht, bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses zugegen zu sein. Von diesem Anwesenheitsrecht kann der Pflichtteilsberechtigte alleine Gebrauch machen oder er kann es auch gemeinsam mit einem Anwalt wahrnehmen.

Durch Notar oder Behörde erstelltes Nachlassverzeichnis

Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben weiter verlangen, dass ihm ein so genanntes amtliches Nachlassverzeichnis vorgelegt wird, das von einem Notar oder gegebenenfalls durch das Amtsgericht erstellt wurde.

Ein so unter amtlicher Mithilfe erstelltes Nachlassverzeichnis bietet eine höhere Gewähr für seine inhaltliche Richtigkeit, verursacht aber auf der anderen Seite Kosten, die aus dem Nachlass zu zahlen sind und damit auch indirekt den Pflichtteil schmälern.

Eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses

§ 2314 BGB verweist auf § 260 BGB. Nach dieser Verweisung kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangen, dass er die Richtigkeit und Vollständigkeit des von ihm übermittelten Nachlassverzeichnisses an Eides Statt versichert.

Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass für den Pflichtteilsberechtigten Grund zu der Annahme besteht, dass das Verzeichnis vom Erben nicht mit der gebotenen Sorgfalt erstellt wurde.

Wertermittlungsanspruch

Schließlich kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangen, dass dieser den Wert der Nachlassgegenstände ermitteln lässt. Soweit die Angaben des Erben zum Wert der einzelnen Gegenstände nicht ausreichend sind, kann der Pflichtteilsberechtigte fordern, dass die Wertfeststellung, auf Kosten des Nachlasses, § 2314 Abs. 2 BGB, von einem Sachverständigen vorgenommen wird.

Dieser Sachverständige muss nicht zwingend ein bei Gericht zugelassener Gutachter sein, er darf jedoch nicht im Lager einer der beiden Seiten stehen.

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