Pflichtteil für Kinder wird durch den Güterstand der Eltern beeinflusst

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ohne notariellen Ehevertrag verbleibt es bei der Zugewinngemeinschaft
  • Das Gesetz bestimmt die Erbquote für den überlebenden Ehepartner
  • Bei der Zugewinngemeinschaft kann es sich für den Ehepartner rechnen, die Erbschaft auszuschlagen

Ehepaare können den so genannten Güterstand, in dem sie während der Zeit der Ehe leben wollen, frei bestimmen.

Eheleute haben das freie Wahlrecht, ob sie im Güterstand der Gütertrennung, der Gütergemeinschaft oder im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben wollen.

Bei der Gütertrennung beeinflusst das Eingehen einer Ehe das jeweilige Vermögen des einzelnen Partners nicht. Bei der Gütergemeinschaft verschmelzen die beiden Vermögensmassen der Eheleute zu einer Einheit.

Bei dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verbleibt es bei der Trennung der beiden Vermögensmassen, jedoch wird der Vermögenserwerb der Ehegatten während der Zeit des Bestehens der Ehe (Zugewinn) am Ende untereinander ausgeglichen. Die weit überwiegende Anzahl der Eheleute lebt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

War der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet, so beeinflusst der Güterstand, in dem er gelebt hat, das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten und damit auch zwangsläufig das Pflichtteilsrecht von Kindern, die durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.

Der Regelfall ist die Zugewinngemeinschaft

Haben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, dann wird der Ausgleich des Zugewinns nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht, § 1371 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Es ist für diesen Automatismus unerheblich, ob überhaupt ein Zugewinn während der Zeit der Ehe erzielt wurde. Voraussetzung für die pauschale Erhöhung des Erbteils des Ehegatten ist lediglich, dass der überlebende Ehegatte entweder Erbe wurde oder ein Vermächtnis erhalten hat.

Neben dem gesetzlichen Erbteil aus § 1931 Abs. 1 BGB in Höhe von 1/4 erhält der überlebende Ehegatte bei Vorhandensein von Kindern also aus dem fiktiven Zugewinnausgleich des § 1371 BGB ein weiteres Viertel von dem Erbe. Damit beträgt das Erbrecht des Ehegatten 1/2. Die andere Hälfte der Erbschaft entfällt dann auf die Kinder.

Je mehr gesetzliche Erben vorhanden sind, desto kleiner wird der Pflichtteil

Existiert nur ein Kind erhält es die andere Hälfte. Bei zwei Kindern erhält jedes Kind 1/4. Bei drei Kindern beträgt das gesetzliche Erbrecht eines jeden Kindes 1/6.

Der Pflichtteil besteht bekanntlich nach § 2303 BGB in der Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. In vorstehendem Beispiel beträgt der Pflichtteil des Einzelkindes also 1/4, bei zwei Kindern 1/8 und bei drei Kindern 1/12 usw.

Wird bei der Zugewinngemeinschaft der überlebende Ehegatte jedoch nicht Erbe, weil er die Erbschaft z.B. ausschlägt, und erhält er kein Vermächtnis, dann erhöhen sich die vorstehend dargestellten Erb- und entsprechend auch die Pflichtteilsquoten für die Kinder. Es verbleibt in diesem Fall für die Berechnung des Pflichtteils der Kinder bei einem gesetzlichen Erbteil für den Ehegatten in Höhe von 1/4, § 1931 BGB.

Der überlebende Ehepartner hat bei der Zugewinngemeinschaft ein Wahlrecht

Auf die pflichtteilsberechtigten Kinder entfällt demnach ein gesetzliches Erbteil von 3/4. Der Pflichtteil für ein Kind beträgt in diesem Fall 3/8, bei zwei Kindern 3/16 und bei drei Kindern 3/32 je Kind.

Wählt der überlebende Ehegatte bei der Zugewinngemeinschaft durch Ausschlagung der Erbschaft die so genannte güterrechtliche Lösung, wird sein Erbteil nicht automatisch um ein Viertel erhöht. Hiervon profitieren die pflichtteilsberechtigten Kinder zunächst durch Erhöhung ihrer Erb- und nachfolgend auch der Pflichtteilsquote.

Diese Erhöhung der Pflichtteilsquote wird jedoch in den meisten Fällen dadurch beeinträchtigt, dass der überlebende Ehegatte nach Ausschlagung der Erbschaft nunmehr den konkreten Zugewinn, der während der Ehe erzielt wurde, fordern kann. Der Zugewinnanspruch des überlebenden Ehegatten ist vor den Pflichtteilsansprüchen der Kinder aus dem Nachlass zu befriedigen.

Was gilt bei der Gütertrennung?

Hatten die Eheleute den Güterstand der Gütertrennung vereinbart, so beträgt das gesetzliche Erbrecht der Kinder bei einem Kind 1/2, bei zwei Kindern 1/3 und bei drei Kindern 1/4 je Kind, § 1931 BGB. Der Pflichtteil beträgt wiederum die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Die Gütergemeinschaft ist selten anzutreffen

Hatten sich die Eheleute für den Güterstand der Gütertrennung entschieden, so beträgt die gesetzliche Erbquote des überlebenden Ehegatten neben vorhandenen Kindern immer 1/4, § 1931 BGB. Das gesetzliche Erbrecht der Kinder beläuft sich demnach auf eine Quote von 3/4.

Diese ist unter mehreren Kindern aufzuteilen. Das Pflichtteilsrecht besteht in der so ermittelten Hälfte des auf das oder die Kinder entfallenden gesetzlichen Erbrechts.

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