Entzug des Pflichtteils kann nicht auf Diebstahl von Wurst gestützt werden

Von: Dr. Georg Weißenfels

Landgericht Mosbach – Teilurteil vom 31.01.2014 – 2 O 182/13

  • Sohn beklaut seine Verwandtschaft und seine Eltern und streitet mit seinem Vater
  • Eltern entziehen dem Sohn in ihrem Testament den Pflichtteil
  • Gericht hält die komplette Enterbung des Sohnes für nicht begründet

Das Landgericht Mosbach hatte in einem Pflichtteilsstreit darüber zu befinden, ob einem Pflichtteilsberechtigten von seinen Eltern wirksam der Pflichtteil entzogen worden war.

In der Angelegenheit hatten die Eltern im Dezember 2009 ein gemeinschaftliches notarielles Testament errichtet. In diesem Testament hatten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und ihre Kinder als Schlusserben eingesetzt.

Einen Sohn schlossen die Eheleute in dem Testament jedoch von der Erbfolge aus und entzogen ihm auch den Pflichtteil. Den Entzug des Pflichtteils begründeten die Eheleute damit, dass der betroffene Abkömmling sowohl sie, die Eltern, in ihrem Geschäft als auch seine Schwester, bestohlen habe. Weiter sei der Sohn gegenüber seinem Vater ausfällig geworden und habe ihn bedroht.

Sohn fordert seinen Pflichtteil

Nach dem Tod des Vaters im Juli 2010 machte der enterbte Sohn vor Gericht Pflichtteilsansprüche gegen seine Mutter geltend. Die Mutter weigerte sich unter Hinweis auf den im Testament angeordneten Pflichtteilsentzug, den Forderungen ihres Sohnes nachzukommen.

Erst im Verfahren spezifizierte die Mutter die gegen den Sohn im Testament erhobenen Vorwürfe. So habe der Sohn wiederholt Wurst aus dem elterlichen Betrieb gestohlen. Ebenso habe er sowohl den Eltern als auch – dies räumte der Sohn auch ein – seinem Schwager diverse Geldbeträge entwendet. Auch habe der Sohn wiederholt mit seinem Vater gestritten.

Das Landgericht beurteilte den im Testament angeordneten Pflichtteilsentzug als unwirksam und gab der Klage des Sohnes statt.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass seiner Auffassung nach die in dem Testament geschilderten Fehlverhalten des Sohnes nicht schwerwiegend genug gewesen seien, um einen Pflichtteilsentzug nach § 2333 BGB zu rechtfertigen. Vermögensdelikte könnten nur dann einen Entzug des Pflichtteils rechtfertigen, wenn die Vergehen gleichzeitig eine schwere Kränkung des Erblassers darstellen würden.

Grobe Beleidigungen rechtfertigen nicht die Enterbung

Auch eine einzelne, wenn auch grobe, Beleidigung rechtfertige nicht die vollständige Enterbung.

Dies vorausgeschickt wertete das Gericht weder den von der Mutter vorgetragenen Diebstahl von Wurstwaren noch das behauptete Entwenden von Geldbeträgen als so schwerwiegend, dass damit der Entzug des Pflichtteils gerechtfertigt werden könnte.

In jedem Fall sei der von den Eltern angeordnete Entzug des Pflichtteils aber deswegen unwirksam, da er nicht formwirksam im Sinne von § 2336 Abs. 2 BGB im Testament angeordnet worden sei. Die in dem Testament geäußerten Vorwürfe seien zu allgemein und pauschal gehalten und würden keine Einzelheiten und Details zu den jeweiligen Vorwürfen enthalten.

Bereits aus diesem formalen Grund laufe der Entzug des Pflichtteils, so das Gericht, ins Leere. Die vom Sohn geltend gemachten Pflichtteilsansprüche waren mithin begründet.

Ob die Mutter bzw. die Geschwister nach diesem Urteil den das Testament – möglicherweise fehlerhaft – beurkundenden Notar in Anspruch genommen haben, ist nicht überliefert.

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