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Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht nur bei Verschwendung oder Überschuldung

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 02.03.2011 – I-3 Wx 214/08

  • Eltern werfen ihrem Sohn Verschwendungsucht vor
  • Pflichtteil des Sohnes soll beschränkt werden
  • Gericht hält die Pflichtteilsbeschränkung für unwirksam

Die Voraussetzungen einer Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht nach § 2338 BGB hatte das OLG Düsseldorf zu überprüfen.

In der Angelegenheit hatten Eltern ihre zwei Kinder in einem gemeinschaftlichen Testament, das sie Jahre später durch einen Erbvertrag bestätigten, sehr unterschiedlich behandelt. Während die Tochter als Alleinerbin eingesetzt wurde, enterbten die Eltern den Sohn und setzten ihn damit auf den Pflichtteil.

Damit jedoch nicht genug: Nachdem die Eltern mit dem Lebenswandel ihres Sohnes offenbar gar nicht einverstanden waren, ordneten sie in der letztwilligen Verfügung auch noch die Beschränkung des Pflichtteils des Sohnes an. Über den Pflichtteil sollte nämlich zu Lebzeiten des Sohnes die Tochter als Testamentsvollstreckerin wachen. Dem Sohn sollte von seinem Pflichtteil nur der jährliche Reinertrag zufließen.

Tochter beantragt beim Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis

Die Tochter wollte ihre Aufgabe als Testamentsvollstreckerin auch annehmen und beantragte daher beim zuständigen Nachlassgericht die Ausstellung eines Testamentvollstreckerzeugnisses.

Nachdem das Amtsgericht und auch das Landgericht als Beschwerdegericht die Ausstellung dieses Legitimationspapiers in Aussicht gestellt hatten, legte der Sohn weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Er argumentierte im Wesentlichen, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht weder vorliegen würden noch in dem Testament hinreichend dargestellt seien.

Das OLG folgte dem Sohn in seiner Argumentation und stellte fest, dass der Tochter kein Testamentvollstreckerzeugnis erteilt werden darf. Das OLG hielt die Voraussetzungen der Beschränkung des Pflichtteils nicht für gegeben.

OLG teilt die Auffassung des Nachlassgerichts nicht

Das OLG führte dabei aus, dass ein Erblasser den Pflichtteil eines Abkömmlings – auch durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung – dann beschränken darf, wenn der Abkömmling „der Verschwendung ergeben“ oder „überschuldet“ ist.

Die Gründe, die zur Beschränkung des Pflichtteils führen, müssen in Testament bzw. Erbvertrag angegeben sein und müssen grundsätzlich zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung ebenso gegeben sein, wie zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Eine Überschuldung des Sohnes, also ein Übersteigen seines Vermögens durch seine Verbindlichkeiten, war weder vorgetragen noch ersichtlich und fiel als Grund für die Pflichtteilsbeschränkung aus.

Sohn lebte auf großem Fuß

Zu klären war, ob bei dem Sohn der Tatbestand der Verschwendungssucht gegeben war. Das Gericht hatte zu prüfen ob sich der Sohn einer „Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung“ hingibt.

Und tatsächlich hatten sich die Eltern in ihrem Testament durchaus Mühe gegeben, diesen Tatbestand der Verschwendungssucht in der Lebensweise ihres Sohnes plakativ darzustellen.

So war in dem Testament unter anderem angeführt, dass der Sohn schon in frühen Jahren seine wertvolle ihm vom Vater geschenkte Schweizer Uhr versetzte, bei Mitschülern Kredite in fünfstelliger Höhe aufnahm, mit einem von der Großmutter angelegten Sparguthaben in Höhe von über 50.000 DM eine Reise nach Mauritius finanzierte und zahllose weitere Kredite aufgenommen hatte.

Weiter war in dem Testament von strafrechtlichen Verurteilungen des Sohnes die Rede und schließlich auch von einem nicht näher beschriebenen „Nigerianer-Geschäft“, das mit Krediten aus „Zuhälterkreisen“ in Höhe von 210.000 DM finanziert worden sei.

OLG bewertet den Lebenswandel des Sohnes anders als die Eltern und das Nachlassgericht

Das OLG kommentierte diese Ansammlung an sicherlich unrühmlichen Verhaltensweisen trocken als Lebenswandel, der sicher nicht den Vorstellungen der Eltern entsprach aber nicht ausreiche, um den Tatbestand der Verschwendungssucht nachzuweisen. Insbesondere bemängelte das Gericht, dass bei den einzelnen von den Eltern aufgeführten Ausgaben des Sohnes kaum Angaben zum jeweiligen Verwendungszweck gemacht worden seien.

Von daher sah sich das Gericht außer Stande, den Tatbestand der „zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung“ im konkreten Fall feststellen zu können.

Die Beschränkung des Pflichtteils war mithin unwirksam. Die Tochter erhielt kein Testamentvollstreckerzeugnis.

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