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Der Anwalt darf im Erbrecht nicht mehrere Mandanten mit unterschiedlichen Interessen beraten – Interessenkonflikt vermeiden

Von: Dr. Georg Weißenfels

In den meisten Fällen verlaufen im Erbrecht die Fronten zwischen den Beteiligten klar und deutlich. Wenn der Pflichtteilsberechtigte vom Erbe seinen Pflichtteil haben will, dann versteht es sich von selber, dass sich jeder der Beteiligten einen eigenen Anwalt nehmen wird, wenn sich die die beiden Seiten nicht friedlich einigen können. Das gleiche gilt für den Vermächtnisnehmer, der seinen Anspruch gegenüber dem Erben geltend machen will oder das Kind, dem von den Eltern in ihrem Testament sogar der Pflichtteil entzogen wurde und das gegen diese komplette Enterbung angehen will.

Niemand würde in den vorbeschriebenen Fällen auf die Idee kommen, genau den Anwalt zu engagieren, der auch die jeweilige Gegenseite vertritt. Es liegt auf der Hand, dass der von beiden Seiten mandatierte Rechtsanwalt in einen argen Interessenkonflikt kommen würde und die Interessen seiner Mandanten kaum unvoreingenommen vertreten könnte.

Damit der an der Mehrung seines Umsatzes interessierte Rechtsanwalt erst gar nicht auf die Idee kommt, in einer Angelegenheit verschiedene Mandanten mit widerstreitenden Interessen gleichzeitig zu vertreten, gibt es sowohl in der Bundesrechtsanwaltsordnung als auch in der Berufsordnung sehr deutliche Vorschriften, die einem Anwalt eine Vertretung von auf zwei verschiedenen Seiten stehenden Mandanten verbieten.

Anwälte, die sich durch die berufsrechtlichen Vorschriften noch nicht von einer gleichzeitigen Vertretung von Mandanten mit widerstreitenden Interessen abschrecken lassen, haben darüber hinaus in der Vergangenheit auch schon mit einer Norm aus dem Strafgesetzbuch Bekanntschaft machen müssen. Nach § 365 StGB wird nämlich ein Anwalt, „welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, … mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ Der Anwalt macht sich in diesem Fall des Parteiverrats schuldig.

In zivilrechtlicher Hinsicht verwirkt der Anwalt, der auf zwei Seiten gleichzeitig steht, seinen Honoraranspruch, da der zugrunde liegende Anwaltsvertrag wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, § 134 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)

Nicht in jedem Fall ist jedoch böser Wille oder überzogenes Gewinnstreben des Rechtsanwalts der Grund dafür, warum sich der Anwalt im Erbrecht plötzlich auf zwei Seiten wieder findet. Es gibt, wie immer, zahllose „Grauzonen“, die im Ergebnis zu einer unerwünschten Interessenkollision für den Anwalt führen können.

So muss beispielsweise der Anwalt, der mehr als nur eine Person bei der Erstellung eines letzten Willens berät, aufpassen, dass er am Ende nicht zwei verschiedenen Herren mit ebenso verschiedenen Interessen dient. Dies leuchtet unmittelbar ein, wenn Eltern mit ihren Kindern einen anwaltlichen Berater aufsuchen, um in aller Offenheit die Vermögensnachfolge nach dem Tod der Eltern zu planen. Wenngleich es im Regelfall sehr zu empfehlen ist, wenn Erblasser und Erben das Thema Testament bzw. Erbvertrag in einer offenen und vertrauensvollen Atmosphäre angehen, so muss dem Berater doch klar sein, dass Erblasser und Erben sehr wohl unterschiedliche Interessen haben können. Ein Rechtsanwalt, der sich hier als „Familienanwalt“ versteht, und sowohl den Erben als auch der Erblassergeneration hilfreiche erbrechtliche Ratschläge gibt, steht mit einem Bein im Gefängnis.

Schwierig, die ihm auferlegten berufs- und strafrechtlichen Grenzen einzuhalten, wird es für den Anwalt auch, wenn er von einem Ehepaar gebeten wird, ein gemeinschaftliches Testament zu entwerfen. Spätestens wenn der Anwalt den Ratsuchenden die Sinnhaftigkeit einer so genannten Wiederverheiratungsklausel erklärt und mit dieser Klausel nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft, wird das Eis, auf dem sich der Anwalt bewegt, sehr dünn.

Und schließlich muss der Anwalt, der mehrere Mitglieder einer Erbengemeinschaft berät, von Beginn des Mandats an überprüfen, ob er nicht auf dem besten Weg in eine Interessenkollision ist. Mögen mehrere Mitglieder einer Erbengemeinschaft zu Beginn des Mandats auch noch so sehr einer Meinung sein, so kann sich dies im Laufe der Zeit ändern und für den Anwalt im Rahmen seiner Beratung zu unauflösbaren Problemen führen.

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