Kann ein Anwalt seine Haftung gegenüber seinem Mandanten beschränken?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Wenn man in einer erbrechtlichen Angelegenheit einen Anwalt aufsucht und sich von diesem beraten oder vertreten lässt, dann stellt man an die anwaltliche Dienstleistung in aller Regel gewisse Erwartungen.

Man setzt voraus, dass einem der Anwalt den sichersten Weg zum angestrebten Ziel aufzeigt. Dass der Anwalt dabei sämtliche einschlägigen Fristen berücksichtigt und im Rahmen der Mandatsbearbeitung auch die neueste Rechtsprechung beachtet, setzt man als selbstverständlich voraus.

Tatsächlich unterlaufen aber auch Anwälten in der Praxis Fehler. So kommt es gerade bei langwierigen erbrechtlichen Auseinandersetzungen immer wieder vor, dass es ein Anwalt versäumt, seinen Mandanten auf die drohende Verjährung seines Anspruchs hinzuweisen. Und ebenso sind kniffelige Fragen zum Erbschaftsteuerrecht durchaus geeignet, zuerst den Anwalt und nachfolgend auch seinen Mandanten aufs Kreuz zu legen.

Fakt ist, dass auch dem selbstbewusstesten Anwalt im Laufe seiner Karriere Berufsfehler unterlaufen. Tatsache ist aber auch, dass die weit überwiegende Zahl solcher anwaltlichen Pflichtverletzungen in der Praxis unentdeckt bleibt.

Jeder Anwalt hat eine Haftpflichtversicherung

Hin und wieder führt ein für den Mandanten unbefriedigendes Ergebnis einer anwaltlichen Beratung aber dazu, dass der betroffene Mandant bei dem Rechtsanwalt Regress einfordert.

Wenn der Anwalt seine dem Mandanten gegenüber aus dem zugrunde liegenden Anwaltsvertrag bestehenden Pflichten schuldhaft verletzt hat und dem Mandanten aus diesem Grund ein finanzieller Schaden entstanden ist, dann steht dem Mandanten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt zu.

Solche Schadensersatzansprüche treffen aber wirtschaftlich nur in seltenen Fällen den Anwalt persönlich. Jeder Rechtsanwalt ist nämlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden vorzuhalten, § 51 Abs. 1 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung). Ohne den Nachweis des Abschlusses einer solchen Haftpflichtversicherung erhält der Anwalt erst gar keine Zulassung für seinen Beruf.

Die Mindestversicherungssumme einer solchen Haftpflichtversicherung beträgt für jeden Versicherungsfall 250.000 Euro. Bis zu dieser Summe kann ein geschädigter Mandant regelmäßig davon ausgehen, dass ein ihm entstandener Schaden tatsächlich ausgeglichen wird. Bei höheren Schadenssummen, ist der Mandant darauf angewiesen, dass der Anwalt entweder eine Haftpflichtversicherung mit einer höheren Deckungssumme vorhält oder dass der Anwalt selber so solvent ist, um den Schaden regulieren zu können.

Anwalt kann seine Haftung begrenzen

Nachdem bei anwaltlichen Dienstleistungen bereits aus kleinen Fehlern große Schäden entstehen können, ist es nachvollziehbar, dass Anwälte nach Wegen suchen, ihr Haftungsrisiko über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung hinaus weiter zu beschränken.

Tatsächlich haben Anwälte die Möglichkeit, ihre Haftung für Fehler gegenüber ihrem Mandanten zu beschränken. Nach § 52 BRAO stehen den Anwälten dabei zwei verschiedene Wege offen, ihre Haftung zu begrenzen.

In § 52 BRAO ist vorgesehen, dass Anwälte ihre Haftung entweder durch eine individuelle Vereinbarung oder durch einen vorformulierten Text beschränken können.

Die individuelle Haftungsbeschränkung

Die Anforderungen an eine individuelle Haftungsbeschränkung sind hoch. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen individuellen Haftungsbeschränkung ist, dass sie zwischen Anwalt und Mandant ausgehandelt wurde.

Es reicht hier also ausdrücklich nicht aus, wenn der Anwalt seinem Mandanten ein Stück Papier mit der Bitte um Kenntnisnahme und Unterschrift zur Verfügung stellt. Vielmehr müssen die Konditionen der vom Anwalt gewünschten Haftungsbeschränkung im Einzelnen mit dem Mandanten besprochen werden und es muss dem Mandanten auch die Gelegenheit gegeben werden, auf den Inhalt der Vereinbarung Einfluss zu nehmen.

Wenn aber eine solche individuelle Haftungsbeschränkung zustande kommt, dann kann der Anwalt sein Haftungsrisiko deutlich zurückfahren. Er kann seine Haftung auf die Mindestversicherungssumme, also 250.000 Euro beschränken und seine Haftung für grob fahrlässig begangene Fehler sogar ganz ausschließen.

Die vorformulierte Haftungsbeschränkung

Wesentlich häufiger sind in der Praxis vorformulierte Haftungsbeschränkungserklärungen anzutreffen. Hier muss der Anwalt mit dem Mandanten nicht über den Inhalt der Haftungsbeschränkung verhandeln. Es reicht vielmehr aus, wenn er seinem Mandanten einen vorformulierten Text mit der Bitte um Unterschrift zuleitet.

Der Effekt, den der Anwalt mit einer solchen vorformulierten Haftungsbeschränkung erzielen kann, ist deutlich schwächer als bei einer individuellen Haftungsbeschränkung. Ein Ausschluss der Haftung für grob fahrlässig verursachte Fehler ist nicht möglich. Weiter kann die Haftung nur auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, also 1 Mio. Euro, beschränkt werden.

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