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Erbscheinverfahren – Reicht die bloße Behauptung, dass der Erblasser testierunfähig gewesen ist?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Testament im Erbscheinverfahren angreifen
  • Das Gericht hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln
  • Auf die Testierfähigkeit geht das Gericht nur ein, wenn hierfür Anlass besteht

In einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins wird zuweilen über die Zuweisung von Vermögenswerten in Millionenhöhe entschieden.

Ein Erbschein begründet zwar kein Erbrecht und kann im Zweifel jederzeit als unrichtig eingezogen werden. In der Praxis werden streitige Erbauseinandersetzungen jedoch oft im Rahmen eines streitigen Erbscheinverfahrens letztgültig entschieden.

Derjenige, der im Erbschein als Erbe und Rechtsnachfolger des Erblassers ausgewiesen ist, hat - zumindest vorübergehend - die volle Verfügungsgewalt über den Nachlass und bleibt in aller Regel auch für die Zukunft „der Erbe“.

Nachdem mit der Erteilung eines Erbscheins oft auch über namhafte Vermögenswerte entschieden wird, ist das Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins häufig heftig umstritten.

Um die Wirksamkeit des Testament wird oft gestritten

Gerade wenn sich die Erbfolge nach einem vom Erblasser hinterlassenen Testament richten soll, gerät der letzte Wille des Erblassers in dem Erbscheinverfahren manchmal heftig unter Beschuss.

Diejenigen Beteiligten, die in dem Testament nicht oder nicht ausreichend bedacht wurden, tragen dann in dem Verfahren zur Erteilung des Erbscheins heftige Bedenken gegen die Wirksamkeit des letzten Willens vor.

Da wird beispielsweise – oft grundlos – vorgetragen, dass das Testament gar nicht vom Erblasser selber verfasst worden ist, sondern dass es sich bei der vorliegenden Urkunde um eine schlichte Fälschung handeln würde.

Mindestens ebenso häufig müssen sich die Gerichte mit dem Einwand auseinander setzen, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung seines Testaments gar nicht mehr testierfähig gewesen und das Testament bereits aus diesem Grund unwirksam sei.

Ob und wie ein Nachlassgericht auf einen solchen Einwand reagiert, hängt vom Einzelfall ab.

Im Erbscheinverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz

Grundsätzlich gilt im Erbscheinverfahren die so genannte Amtsermittlungspflicht. Nach § 26 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) hat das Nachlassgericht folgende Pflichten:

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Im Interesse einer materiell rechtlich zutreffenden Klärung der Erbfolge einer Person ist das Gericht nach diesem Amtsermittlungsgrundsatz grundsätzlich gehalten, sämtliche zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen anzustellen.

Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts ist aber nicht schrankenlos.

So muss ein Gericht insbesondere der Frage der Testierfähigkeit eines Erblassers nur dann nachgehen, wenn es hierzu einen „Anlass“ hat.

Der Angriff auf das Testament muss fundiert sein

Es reicht demnach in aller Regel für weitergehende Ermittlungen durch das Gericht nicht aus, wenn der Vorwurf der Testierunfähigkeit von einem Beteiligten lediglich pauschal behauptet wird.

Erst wenn das Gericht substantiiert auf entsprechende Auffälligkeiten des Erblassers hingewiesen wird oder es dem Gericht beispielsweise durch den Inhalt einer dem Gericht vorliegenden Betreuungsakte bekannt ist, dass  der Erblasser einschlägige Probleme hatte, wird sich ein Gericht näher mit der Frage der Testierfähigkeit beschäftigen.

In diesem Sinne hat auch das BayObLG (Beschluss vom 06.03.1997, Az.: 1Z BR 259/96) folgendes festgehalten:

„Nähere Ermittlungen hierzu sind jedoch nur erforderlich, wenn ein berechtigter Anlass besteht, an der Testierfähigkeit des Erblassers zu zweifeln; die bloße Behauptung eines Beteiligten, der Erblasser sei nicht mehr testierfähig gewesen, reicht hierfür nicht aus.“


Bestehen allerdings begründete Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers, so wird das Gericht in aller Regel einen Gutachter mit weiteren Ermittlungen beauftragen.

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