Kosten für den Erbschein – Wie wird eine Nachlassimmobilie bewertet?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Für Grundbuchänderung wird oft - nicht immer - ein Erbschein benötigt
  • Ein Erbschein kann teuer werden
  • Wie wird eine Nachlassimmobilie bei den Kosten für den Erbschein bewertet?

Eine Erbschaft kann eine teure Angelegenheit sein. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Erblasser nur ein privatschriftliches Testament hinterlassen hat oder die gesetzliche Erbfolge eingreift und sich im Nachlass eine Immobilie oder ein Bankkonto des Erblassers befindet.

In diesem Fall benötigen die Erben nämlich regelmäßig einen so genannten Erbschein, um die Nachlassimmobilie grundbuchrechtlich auf sich umschreiben zu lassen bzw. über das Bankkonto des Erblassers verfügen zu können.

Ein Erbschein ist ein vom zuständigen Nachlassgericht ausgestelltes Zeugnis über das Erbrecht nach dem Tod des Erblassers. Ein Erbschein wird nur auf Antrag eines oder mehrerer Erben ausgestellt und kann von dem oder den Erben als Legitimationsnachweis zum Beispiel gegenüber Banken, Behörden oder Versicherungen eingesetzt werden.

Derjenige, der in einem Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Rechtsnachfolger des Erblassers und kann mit Hilfe des Erbscheins über den gesamten Nachlass, insbesondere die Immobilien und das Bankvermögen des Erblassers verfügen.

Ein Erbschein kostet Geld

So nützlich ein Erbschein für den Erben ist, so sehr bringt er für den Erben jedoch auch einen entscheidenden Nachteil mit sich: Ein Erbschein kostet nämlich Geld.

Diese Kosten für den Erbschein werden vom Nachlassgericht auch nicht etwa pauschal oder nach Aufwand berechnet. Vielmehr sieht das zugrunde liegende Gerichts- und Notarkostengesetz vor, dass sich die Kosten für den Erbschein nach dem Wert des Nachlasses berechnen.

Es ist also vollkommen unerheblich, ob der logistische Aufwand für das Nachlassgericht bei einen Erbschein über einen Nachlasswert im Millionenwert genau derselbe ist, wie bei einem überschaubaren Nachlass mit einem Wert von nur wenigen Tausend Euro.

Wer viel erbt, kann sich nach Beantragung des Erbscheins auf eine durchaus namhafte Rechnung des Nachlassgerichts gefasst machen.

So muss der Erbe ab einem Nachlasswert von rund 260.000 Euro bereits einen vierstelligen Eurobetrag reservieren, den er für den Erbschein beim Nachlassgericht abzuliefern hat.

Immobilien treiben die Kosten für den Erbschein

Nach § 3 Abs. 1 GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz) richten sich die Gebühren für einen Erbschein nach dem Wert, den der Gegenstand des Verfahrens oder des Geschäfts hat, den so genannten Geschäftswert.

§ 40 Abs. 1 GNotKG präzisiert diesen Geschäftswert als den „Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls.“

Während vorhandenes Barvermögen des Erblassers unschwer zum entscheidenden Stichtag wertmäßig taxiert werden kann, müssen andere im Nachlass befindliche Vermögensgegenstände bewertet werden, um so den Nachlasswert und nachfolgend die Kosten für den Erbschein bestimmen zu können.

Gerade wenn sich im Nachlass also Immobilien befinden, muss der Wert dieser Immobilien bestimmt werden.

Dabei verlässt sich das Nachlassgericht weitgehend auf die Angaben des Erben, die die Pflicht haben, gegenüber dem Nachlassgericht wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen.

Nach § 95 GNotKG gilt nämlich folgendes:

Die Beteiligten sind verpflichtet, bei der Wertermittlung mitzuwirken. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben. Kommen die Beteiligten ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Um einer Bestimmung des Wertes durch das Nachlassgericht zu entgehen, haben Erben also ein ureigenes Interesse daran, gegenüber dem Nachlassgericht vernünftige und nachvollziehbare Angaben in Bezug auf den Nachlasswert zu machen.

Wie wird der Wert eines Grundstücks im Erbscheinverfahren festgelegt?

Nähere Angaben zur Ermittlung des Wertes eines Grundstücks im Erbscheinverfahren enthält § 46 GNotKG.

Danach bemisst sich der Wert eines Grundstücks grundsätzlich nach dem Preis, „der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre“, dem so genannten Verkehrswert.

Hat man als Erbe – wie fast immer – den aktuellen Verkehrswert für die Nachlassimmobilie nicht griffbereit, so lässt das Gesetz in § 46 Abs. 2 GNotKG eine Bestimmung des Verkehrswertes anhand folgender Parameter zu:

  • Nach dem Inhalt des Geschäfts,
  • nach den Angaben der Beteiligten,
  • anhand von sonstigen amtlich bekannten Tatsachen oder Vergleichswerten aufgrund einer amtlichen Auskunft oder
  • anhand offenkundiger Tatsachen.

In der Praxis relevant ist in der überwiegenden Anzahl der Fälle der zweite Spiegelstrich: Die Angaben der Beteiligten zum Wert der Immobilie.

Solange man hier als Erbe den Bogen nicht überspannt, wird das Nachlassgericht die vom Erben selber gemachten Angaben zum Wert der Immobilie der Wertfeststellung zugrunde legen.

Wenn der Erbe dem Nachlassgericht ergänzend mitteilt, auf welcher Grundlage er zu dem konkret angegebenen Grundstückswert kommt, wird das Nachlassgericht diesen Angaben regelmäßig folgen.

In Frage kommen hier zum Beispiel die Bodenrichtwerte der örtlich zuständigen Gutachterausschüsse, von der Feuerversicherung zugrunde gelegte Brandversicherungswerte, der Ertragswert bei vermieteten Immobilien oder auch der nach dem aktuellen Baupreisindex ermittelte Wert.

Man hat hier also als Erbe einen gewissen Handlungsspielraum auf dem Weg zur Bestimmung des Verkehrswertes einer Nachlassimmobilie.

Im Einzelfall können gemäß § 46 Abs. 3 GNotKG folgende weitere Kriterien bei der Wertermittlung für ein Grundstück herangezogen werden:

  • Im Grundbuch eingetragene Belastungen,
  • aus den Grundakten ersichtliche Tatsachen oder Vergleichswerte oder
  • für Zwecke der Steuererhebung festgesetzte Werte.

Aus diesem Strauß von Anhaltspunkten und Wertkriterien lassen sich für den Erben regelmäßig diejenigen Parameter ableiten, die auf der einen Seite seiner Wahrheitspflicht genügen, auf der anderen Seite aber auch die Kosten für den benötigten Erbschein nicht unnötig in die Höhe schrauben.

Dabei muss man in der Praxis nicht zwingend davon ausgehen, dass sich das Nachlassgericht zum Zweck der Gebührenberechnung generell an dem höchst möglichen Wert orientiert. So ist es bei den Nachlassgerichten in Bayern zum Beispiel Praxis, eine bebaute Immobilie durch eine Kombination des auf das Jahr 1914 orientierten Brandversicherungswert mit dem von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwert wertmäßig zu taxieren. Der Brandversicherungswert wird dabei mit einem Multiplikator hochgerechnet.

Das so erzielte Ergebnis weicht in der Regel von tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie nach unten ab.

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